Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

wögen mehr Werth ist, als ein Dutzend reich gekleidete und 
vornehme Tagdiebe. 
Lehrt ihnen Gartenarbeit u. die Freuden der freien Natur. 
Lehrt ihnen, daß das Glück in der Ehe weder von dem 
äußern Anstand, noch von dem Gelde des Mannes abhängt, 
sondern allein von seinem Charakter. 
Habt Ihr ihnen daS beigebracht und sie haben eS ver- 
standen, dann laßt sie, wenn die Zeit gekommen, getrost hei- 
rathen, sie werden ih/en Weg dann schon allein finden. 
* Unheilvolle Verwechslung. Zu einem Bal^ 
im westlichen Kentucky waren, wie daS dort Sitte ist, vieles 
Damen mit ihren Säuglingen erschienen, welche letztere im! 
„Babieszimmer" abgelegt wurden^ zu welchem Zwecke sich dort! 
meh»ere der breiten zweischläfigen Betten vorfanden. Als nunl 
die Mütter den Freuden ^ des Tanzes oblagen, schlichen sichi 
mehrere junge Leute in das „Babieszimmer" und machten sich! 
den strafbaren Scherz, die Kleider der Kleinen mit einander! 
zu vertauschen. Die Folge davon war, daß mehrere Mütter 
falsche Kinder mit nach Hause nahmen. Einige merkten an- 
dern TageS die Verwechslung und reklamirten die ihrigen, 
stießen aber dabei vielfach auf harten Widerstand, da eS sehr 
schwer ist, ganz kleine Kinder von einander zu unterscheiden. 
Zum Glück hatten die naseweisen Burschen nicht alle Klei« 
dungSstücke vertauscht, so daß man einigen Anhalt hatte; doch 
wurde die ganze Gegend acht Tage lang durch die Sache in 
Aufregung erhalten, und manche Mutter ist heute noch nicht 
ficher, ob sie auch ihr richtiges Kind hat. 
* In einem Berliner Krankenhause starb ein sonderbarer 
Kauz, NamenS Krause. Er hatte lange Jahre mit Stiefel- 
putzen seinen Unterhalt verdient. Sein Gebühren ließ ihn 
für einen sehr bedürftigen Mann gelten und er bezog auch 
Armenunterstützung. Als er vor einiger Zeit krank wurde, 
siedelte er auf Kosten der Stadt in ein Krankenhaus über. 
Die behördliche Revision ferne? Wohnung, welche bei seines 
Lebzeiten niemals ein Mensch betreten haben soll, brachte ganz 
wunderliche Dinge zu Tage. Da fanden sich zunächst 45 
Paar Beinkleider, 52 Paar Stiefel, 66 Röcke und eine große 
Zahl von feinen GlaSwaaren, silbernen Löffeln, Herrengarde- 
robe-Artikeln von Werth u. s. w. Von etwas höherer Be- 
deutung erwies sich eine Zigarrenkiste voll Sechser, und einen 
sehr erheblichen Werth repräsentirt die Menge vorgefundener. 
Silberthaler und Münzen, darunter viele aus längst vergan- 
genen Jahrhunderten, aber alle, auch die Sechser, so blank 
und neu, daß man sich der Annahme nicht entschlagen kann, 
der Verstorbene habe in seinen Mußestunden statt der Stiefel 
sein Geld geputzt! 
* In Florenz hat eine etwas excentrische Dame einen Ball 
veranstaltet, auf welchem alle Eingeladenen in Anzügen aus 
Papier erscheinen mußten. Die Anzüge waren reizend, aber 
beim Tanzen erwiesen sich denn doch nicht alle als dauerhaft 
genug. Mehr als einer Toilette mußte mit etwas — Klei 
ster nachgeholfen werden. 
* Bürger geschlachtet!! Der Gesundheitszustand der 
Bürgerschaft von Rottenburg war, wie eS scheint', im abqe- 
laufenen Jahre in höchst betrübsamer Weise erschüttert. Der 
dortige Oberamtsthierarzt veröffentlicht im „Neckar-Boten" eine 
Uebersicht seiner fleischschauerischen Thätigkeit im Jahre 1874 
und theilt zum Schluß die schreckliche Kunde mit: „Von hie- 
sigen Bürgern mußten, als an unheilbaren Krankheiten 
leidend, 1 Ochse, 25 Kühe und ein Rind geschlachtet werden, 
wovon daS Fleisch einer Kuh als ungenießbar verlocht wurde!" 
* Die Eichhörnchen — Feinde deS WaldeS. In 
den Wäldern der Gemeinden PfäferS, Ragatz, Wallenstadt, 
Quarten und Wartau, im benachbarten Kanton St. Gallen 
wurden schon jseit mehreren Jahren die Lärchenstämme durch 
die Eichhörnchen ^beträchtlich beschädigt. Im Frühjahre 1874 
zeigten stch die Beschädigungen, namentlich in der Umgebung 
von PfäferS und Valens, in sehr erhöhtem Maße, in Folge 
dessen der RegierungSrath den Beschluß faßte, eS seien in den 
genannten Gemeinden für die Erlegung von Eichhörnchen durch 
die Gemeinderathe Schußgelder zu bezahlen. Die Schußgelder- 
listen der betreffenden Gemeinderäthe ^weisen nun. wie der Ober- 
länder Anzeiger nach amtlichen Quellen berichtet, nach, daß 
in diesen 5 Gemeinden bis 31. Dezember 1874 im Ganzen 
1495 Eichhörnchen geschossen wurden, nämlich in der Gemeinde 
Pfäfers 851, in Ragatz 100, in Wallenstadt 269, in Quar- 
ten 155 und in Wartau 120 Stück. 
. Volkswirthschastliches. 
Die Futternoth. 
(Nach einer Abhandlung »ott Fr. Römer ) 
(SM) 
Indessen sei ausdrücklich bemerkt, daß hier nicht der Um- 
Wandlung von Wiesen in Ackerland überhaupt daS Wort ge 
redet werden will, sondern daß man im Gegentheil die Beide- 
Haltung derjenigen Wiesen für selbstverständlich ansteht, welche 
an steilen Abhängen liegen, welche nur eine flache Bodenkrume 
haben, welche tief u. feucht liegen oder bewässert werden kön- 
nen, überhaupt welche einen sicheren und befriedigenden Ertrag 
geben, ohne auf viel Dünger Anspruch zu machen. Denn sol- 
che Wiesen eignen sich entweder nicht zu Ackerland oder sie ge- 
ben durchschnittlich ebenso hohe, wenn nicht höhere, Reinerträge, 
alS daö Ackerland. 
Roch tadelnswerther ist die Beibehaltung trockener, zur Um« 
Wandlung in Ackerland vollkommen geeigneter Düngwiesen da, 
wo Klima und Boden den erfolgreichen Anbau der Lüzerne 
gestatten. Denn diese hat alle von der Esparsette gerühmten 
Vorzüge in ungleich höherem Grade, nur macht sie an Boden- 
beschaffenheit und Klima größere Ansprüche. Wenn alle andern 
PDmzen unter Trockenheit und Hitze schmqchten , ^die Lüzerne 
wächst freudig fort und zeigt sich "dann erst recht in ihrer un- 
schätzbaren Eigenschaft, in der sie in trockenen Sommern von 
keiner andern Futterpflanze erreicht Wird. ES ist daher ein un- 
verzeihlicher Fehler, wenn Lüzerne Ha, .wo die Bedingungen ih- 
reS guten Gedeihens vorhanden sind, nicht in der größtmög- 
lichsten Ausdehnung angebaut wird, da sie in solcher Lage sel- 
ten von irgend einer anderen (nicht bloS Futter-) Pflanze im 
Reinertrag übertroffen wird, ganz abgesehen davon, daß sie in 
Futternothjahren der unbedingt beste Rettungsanker des Land- 
wirtheS ist. Ehret und pfleget die Lüzerne! 
^ Der ungenügenden Ausdehnung deS Esparsette- u. Lüzerne- 
baueS überhaupt u. dem überwiegenden GraSbau auf solchem 
Lande, das sich besser zum Ackerfutterbau eignet, verdankt man- 
chec Landwirth seine Futternoth! 
2) Wessen Feldeintheilung und Fruchtfolge eS ertaubt, dem 
ist anzurathen, statt reiner Kleefelder, Mischsaat von Klee 
und G r a S einzuführen. Denn reine Kleesaat liefert im zwei- 
ten Jahre gewöhnlich keine volle Erndte mehr, wohl aber die 
KleegraSsaat, weiche überhaupt einen größern Ertrag gewährt. 
Eine passende Samen»Mischung für mittelgebundenen Boden 
besteht per Juch. auS 10 Pf. Kleesamen, 5 Pf. engl. Ray- 
gras, 5 Pf. ital. Raygras, 5 Pf. WiefentiefchgraS, 5 Pf. 
Knaulgras. 
3) ES empfiehlt sich jedes Jahr eine angemessene Fläche 
Acker mit FuttermaiS oder Zuckermoorhirse zu be- 
stellen, da diese Gewächse einen sehr erheblichen Ertrag an 
Futter liefern und, nächst Esper und Lüzerne, am wenigsten 
unter Hitze u. Trockenheit leiden. Ihre Aussaat sollte nicht frü- 
her als in der ersten Hälfte deS MonatS Mai stattfinden, weil 
die Pflanzen gegen allfallige Spätfröste sehr empfindlich sind. 
4) Die Errichtung und Betreibung landnnrthschaft- 
licher Gewerbe, besonders der Brennerei u. Bierbrauerei, 
ist fast ein souveraineö Mittel, um Futternoth von sich fem
	        

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