Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

Gerichtsverfahrens kaum anders stattfinden, als wenn wir 
UNS in dieser Beziehung einem Schwurgerichtskreise Vorarl 
bergs anschließen, zu, dem eS auch voraussichtlich kommen muß. 
Die pMMe /Selbständigkeit ' unseres Landes le^t dM 
in keLneMWU-'..' ^ 
Wir etwas näher über diesen Gegenstands- 
gesprochenIMl damit darzuthun, daß mit ungerechten 
dächtigungen wenig geholfen wird, und daß ungerecht kritisier 
ren, leichter ist, als etwas NeueS und Besseres schaffen. 
Ueberhaupt wird, um ein Gleichniß vorzuführen, ein bra- 
veö Familienmitglied, wenn in der Familie etwas Unliebsa- 
meS vorfällt, nicht allsogleich Tbür und Fenster öffnen, und 
der ganzen Welt daS Ereigniß erzählen. Um so weniger wird 
eS, wenn ein einzelnes Familienmitglied sich verfehlt hat, die 
ganze Familie vor aller Welt ungerechterweife beschimpfen. 
Wir glauben Mit diesem Maßstäbe am deutlichsten den Patri- 
otiSmuS darzulegen, der die betreffenden Einsender in die auS- 
ländische Presse dazu bewog, ihr eigenes Baterland im AuS- 
lande schwarz zu färben und zwar unseren ofsiciellen Bürgern 
gegenüber, die sich um den traurigen Vorfall zum mindesten 
gar nichts vermögen. 
Was endlich den wichtigsten Abschnitt unserer heutigen 
Klarstellung hle Beschlüsse deS Landtages in dieser Ange- 
legenheit ^anbetrifft, so beruhen diese, wie schon auS dem 
seiner Zeit veHffentlichen LandtagSberichte ersichtlich ist, in er- 
fter Linie auf ven gleichlautenden Petitionen der Gemeinde 
Vorsteher von Mauren, Eschen, Ruggell, Gamprin, Schellen- 
berg und der Gemeindevertretungen von Schaan, Triefen und 
Triesenberg, welche zum Theil vom Landtage die Aushebung 
sämmtlicher Jagdpachtverträge und die Aufhebung der Jagd 
verlangten und zweitens auf dem an diese Petitionen sich eng 
anschließenden Antrage deS Abg. Wanger, welcher wörtlich 
wie folgt, lautete : 
„Der Landtag wolle beschließen, eS sei die fürstliche setzte- 
„rung zu ersuchen, dem nächsten Landtage einen Entwurf zür 
„Revidirung deS Jagdgesetzes vom Jahre 1872 vorzulegen, 
»welcher auf folgenden Grundlagen beruhen dürfte. 
„a. Daß der Waffengebrauch gegen Menschen ausschließlich 
„nur zur Nothwehr gestattet wird, 
„b. daß dem gesammten Jagdpersonal eine dem Jagdgesetz 
„entsprechende Dienftinstruktion ertheilt wird, und 
„v daß eS Sache deS Landes resp. deS Landtages ist, das 
„Jagdrecht von Zeit zu Zeit zu verpachten oder auf andere 
„Weise zu vergeben. 
„Ferner wolle der Landtag beschließen, Seiner Durchlaucht 
,dem Fürsten daS dermalen eingepachtete Jagdrecht für die 
^nächsten 10 Jahre unentgeldlich zu überlassen." 
Der Antragsteller begründete diesen Antrag zunächst durch 
den Umstand, daß die Tödtung deS Laver Beck durch den 
Forftadjunkten Hartmann sowohl im In- als auch im AuS- 
lande eine große Erregung verursacht habe, daß ferner der 
Landtag dem in den Gemeindepetitionen ausgesprochenen Volks- 
willen Beachtung schuldig fei. 
Indem der Antragsteller am Schlüsse seiner Begründung 
Seine Durchlaucht den Fürsten in der Eigenschaft als Jagd- 
Pächter von der Mitschuld an dem stattgehabten Unglücke frei 
spricht uyd die vielen Wohlthaten, welche derselbe dem Lande 
schon erwiesen Hat, anerkennt, erklärt er seinen Antrag lediglich 
als eine Vorsichtsmaßregel, um ähnliche Unglücksfälle zu ver- 
meiden. 
Das Schicksal dieses Antrages und der damit zusammen- 
hängenden Petitionen ist durch den bezüglichen LandtagSbericht 
schon bekannt geworden, indem der Landtag mit 10 gegen 5 
Stimmen beide Forderungen abgelehnt hat. Der Abg. Ferd. 
Walser hat mit wenigen Worten die Unzulässigkeit dieses An- 
trageS in treffender Weise beleuchtet/ indem er anführte, daß 
die bestehenden Gesetze schon dasjenige im vol 
len Umfange enthalten, was der Antrag Wan- 
gerS wolle und daher in seinen Augen überflhs- 
fig erscheine. Wenn der Landtag aus den vor- 
liegenden Antrag eintreten und denselben gut- 
heißen würde, müßte unsere Bevölkerung und 
daS Ausland zu unserer Schande daraus ent- 
nehmen, daß bisher diese Mängel in unserer 
Gesetzgebung besta nden hätten, was en tschieden 
in Abrede gestellt werden müsse. 
>. Die Beweise für die Richtigkeit dieser Worte ergeben sich 
an^besten und von selbst aus den Akten jener LandtagSsitzung, 
in wacher daS neue Jagdgesetz zu Stande gekommen ist. Wir 
lassen^seiben zur weitern Beherzigung hier folgen. 
Im Pommer 1872 legte die fürstl. Regierung im Auf- 
trage Seiner Durchlaucht dem Landtage einen Jagdgesetzent- 
wurf zur verfassungsmäßigen Behandlung vor, welcher mit 
einigen Abänderungen angenommen und unter dem 23. 
Oktober desselben JahreS von Sr. Durchlaucht fanktionirt 
wurde. Die ersten zwei Artikel dieses Gesetzes, welche Wort- 
lich heißen: 
§ t. 
Die Jagd im Fürstenthum Liechtenstein ist ein Landes- 
regale. 
5 2. 
Das Jagdrecht wird bezirksweise von der Regierung ver- 
pachtet. 
sichern dem Lande resp. dem Landtage daS freie BerfügungS- 
recht über die Jagd verfassungsmäßig zu, während Artikel 
13 — 18 wie ver Wortlaut derselben bezeugt, a!S höchste 
Strafe von Jagdvergehen Arrest von 2 — 4 Monaten fest 
stellen. 
Die Komission, welche damals mit der Vorberathung des 
JagdgesetzentwurfeS betraut wurde, ließ sich durch ihren Be- 
nchkerMNer Abg. Keßler über den Entwurf im Allgemeinen 
Wie folgt vernehmen: Die unberechtigte Ausübung der Jagd 
auf fremdem Jagdgebiete, ist nach dem österr. Strafgesetzbuch 
vom Jahre 1852 noch als eine Diebstahlshandlung angesehen, 4 
und wird nach § 460 beS St. G. B. selbst in solchen Fällen , 
die nicht nach der Borschrist deS $ 172 bis 176 als Ver 
brechen bestraft zu werden geeignet find, als DiebstahlSüber- 
tretung mit einfachem oder strengen Arrest von einer Woche 
bis zu sechs Monaten bestraft. Allein den Thäter trifft nicht 
nur die erwähnte Arreststrafe, er verliert auch, da der Dieb- 
stahl eine Übertretung aus gewinnsüchtiger Absicht ist, den 
guten Leumund und büßt nach $ 60 der Landesverfassung daS 
aktive und passive Wahlrecht ein. 
Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch vom 15. Mai 187t 
% 292 ff von der richtigen juristischen Ansicht ausgehend, daß 
an frei herumlaufendem Wilde ein Diebstahl nicht möglich sei, 
hat die unberechtigte Jagdausübung auf fremdem Jagdgebiet 
bloS als strafbaren Eingriff in fremdes Jagdrecht, also nicht 
mehr als Diebstahl behandelt. 
Der vorliegende Gesetzentwurf ist auf diese unzweifelhaft 
richtige RechtSanschauung gebaut und kann von dem Landtage 
nur alS willkommen bezeichnet werden, umso mehr als ver 
Gesetzentwurf die Jagdfrevel mit viel geringem Strafen und 
hauptsächlich nur mit Geldstrafen bedroht. 
Der Gesetzentwurf enthält aber nicht nur.Strafbestimmun- 
gen für den Jagdfrevel, sondern auch administrative Bestim- 
mungen für die Ausübung des JagdregalS. 
Indem der Bericht die einzelnen Artikel deS Entwurfes 
bespricht und einige Veränderungen bezüglich deS Strafmaßes 
in Vorschlag bringt, bemerkt er zu § 16, nachdem er densel- 
ben zur Annahme empfohlen hat, daß das Jagdpersonal nach 
den Erwartungen deS Gesetzentwurfes nur im Falle der Roth- 
wehr von den Waffen Gebrauch machen dürfe. 
Ein weiterer sehr wichtiger Beleg, der in dieser Affaire
	        

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