vinz erlassen ist, legen die Mandarinen unter ihm nicht nur
Trauer an, sondern übertünchen auch die Verzierungen an
ihren HauSwänden und verhüllen ihre Sänften mit schwarzem
Tuch. Die gewöhnlichen Leute müssen ihre Köpfe rasiren und
quch gewisse direkt für sie vorgeschriebene Zeremonien verrich
ten. Die Mandarine und der OrtSadel jedoch versammeln sich
nach einer zweiten Proklamation des Provinzial-GouverneurS
an bestimmten Tagen in einem besonderen Tempel um ihre
Klagen zu erheben für den verstorbenen Monarchen, den die
meisten von diesen Trauernden auch nicht einmal gesehen ha-
ben. Folgendes ist ihre VerfahrungSweife: Nachdem die Man-
darinen, der niedere Avel und andere die berechtigt sind an
dieser Zeremonie teilzunehmen, innerhalb deS Tempels sich
versammelt haben, nimmt jeder je nach seinem Rang, auf ei-
ner vorher direkt angefertigten Tribüne die ihm angewiesene
Stellung leise und langsam ein. Nachdem dies geschehen, erscheint
der Ceremonienmeister. Wenn alles in Ordnung ist, ruft die-
fer, inmitten tiefsten Schweigens, in befehlendem Tone aus:
„Kniet nieder!" Sofort stürzen alle, die Höchsten an Rang
und Macht in der Provinz, zu gleicher Zeit nieder. Dann
erfolgt der Befehl: „Schlagt eure Köpfe einmal an den
Boden!" und die ganze Gesellschaft thut auch dieß. Wieder
und wieder schlagen sie mit ihren Stirnen an den Boden, und
wenn sie zum dritten Male niedergekniet sind und ihre Stirnen
an den Boden geschlagen haben, besiehlt der Zeremonienmeister,
während alle auf Händen und Knieen liegen: „Beginnt Eure
Wehklagen", worauf diese erwachsenen, mit Vernunft begabten
Geschöpfe in halb erstickter Stimme zu heulen und zu weinen
anfangen. Nach etwa einer Minute wird ihnen befohlen „mit
weinen aufzuhören," „aufzustehen" und „ihre Platze zu ver-
lassen", was sie nachgerade nicht ungern zu thun scheinen So
endet die Ceremonie der >rei Verbeugungen und neun Schläge.
DaS schönste in der ganzen Geschichte ist daß, bis des Kaisers
Tod offiziel von Peking gemeldet ist, niemand traurig zu sein
braucht. Em Dampfer bringt gewöhnlich die Nachricht lange
vor deS Gouverneurs offizieller Depesche, aber, obwohl jeder-
mann den Tod deS Kaisers weiß, versteht jeder doch ungemein
feine Gefühle zu beherrschen und geht fidel umher, als wäre
nichts vorgefallen. Erst wenn die offizielle Anzeige ankommt,
wird daS ganze Volk von plötzlicher Trauer befallen.
Verschiedenes.
^London, 2 Febr. (Statistik der Staatsschulden.)
Nach einer von der „Pall Mall" aufgestellten Liste war die
Welt vor zwei Jahren 4,200 000,000 Pf. St. schuldig, aber
diese Schuldenlast ist in den letzten zwei Jahren um mehr
als 500.000000 Pf St. gewachsen. Folgende Tabelle gibt,
einen Ueberblick über die Schulden der bedeutendsten Debitoren
in den Jahren 1873 — 1875:
1873 1874 Veränderungen.
Pf. St. Pf. St. Pf. St
Frankreich 748,000,000 900,000,000 + 152,000,000
Großbritanien 790,000,000 780,000,000 - 10,000,000
Ver Staaten 433,000,000 440,000,000 + 7,000,000
Italien 360,000,000 350,000,090 + 30,000,000
Spanien 261,000,000 375,000,000 + 114,000,000
Oesterreich 306,000,000 350,000,000 + 44,000,000
Rußland 355,000,000 340,000,000 — 15,000,000
Deutschland
(Kleinstaaten
mit) 208,000,000 200,000,000 - 8,000,000
Türkei l 24,000,000 135.000,000 + 11,000,000
Indien 108,000,000 130,000,000 *f- 22,000,000
3,693,000,000 4,040,000,000 + 347,000,000
Die zehn nächst größten Schuldner rangiren wie folgt:
Brasilien 82,000.000 Pf. St., Holland 80,000,000 Aegyp
ten 75,000,000, Portugal 68,000,000 Mexiko 63,000,000,
Austrat. Colonien 46,000,000, Peru 37,000,000, Belgien
36,000,000, Ungarn 32,000,000 Canada 30,000,000: zu
sammen aber 550,000,000 Pf. S. Diese zwanzig Länder
zahlen zusammen 188,550,000 Pf. St. Zinsen, und im gap»
zen dürfte jährlich wohl 200 000,000 Pf. St. an Zinsen von
den schuldenbelasteten Staaten bezahlt werden. Der Zinsfuß
der verschiedenen Länder variirt nominal von 2% Proe.
(Holland) bis 10 Proe. (Aegypten), nach dem gegenwärtigen
CourS aber von 3% Proc. (England) bis 18 Proc. (Mezi-
co). Nominal zahlen nach Aegypten die höchsten Zinsen die
Türkei und Peru (7 Proc ), dann Mexiko, Australien (6 Proc.)
und Belgien, Ungarn und Canada (5 Proc.) Sonst zahlen
Frankreich 3% Ptoc., England 3% Proc, die Vereinigten
Staaten 4% Proc., Italien 4 Proc., Oesterreich 4*/ 3 Proc.
Spanien und Portugal jedes 3 Proc., Rußland und Brasi-
lien 4 Proc. Deutschland 4% und Indien &% Proc Nach
den letzten CurSnotimngen aber zahlen England 3% Proe.
Holland 4i/ 4 Proc. und Ungarn 7% Proc, Äegipten 8 Proc.
die Türkei und Peru 10 Proc., Spanien 15 Proc. und Me
xiko 18 Proc.
* Hinrichtung des Raubmörders Freuth. Wie man
auS Olmütz meldet, wurde Freuth, welcher den Industriellen
Katscher im Eisenbahn-Coupe ermordete und beraubte, nicht
begnadigt. Diese kaiserliche Entschließung wurde demselben
am 28. Jänner kundgemacht. Die Todesstrafe wurde am 29.
um 8 Uhr Früh im Olmützer Gefangenhause vollstreckt.
* London, 1. Febr. Die Londoner Spitzbuben,
oder wenigstens der ehrgeizigere Theil derselben, scheinen sich
in letzter Zeil verschworen zu haben nichts als Diamanten u.
sonstiges Evelgestein zu stehlen und den „oberen Zehntausend"
zu diesem Zweck besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Mch-
dem tn den letzten Wochen der Graf v Dudley, der russische
Botschafter Graf Schuwaloff, die Gräfin v. Morella, erst am
vorigen Freitag die Wlttwe des belgischen Gesandten van de
Weyer bestohlen worden sind, ist in letzter Nacht auch auf dem
Landsitze deS Grafen v. Ellenborough ein Einbruch verübt u.
eine große Quantität Juwelen gestohlen worden. Die „oberen
Zehntausend" sind in Folge dessen in etwas unbehaglicher
Stimmung, zumal noch in keinem der erwähnten Fälle auch
nur die leiseste Spur von Thäter oder Diamanten entdeckt wor-
den ist. In den meisten Fällen werden Werthgegenstände in
sicheres Gewahrsam jetzt gebracht, und in noch andern Fällen
trifft man Maßregeln den Diamanten-Verehrern daS Einbre
chen envaS schwerer zu machen, resp. ihnen einen warmen
Empfang zu bereiten.
Alpwirthschaftliche Betrachtungen, v.
Wie und wo soll die abzurahmende Milch
aufbewahrt werden?
Im Allgemeinen diene zur Beantwortung dieser Diyge
folgender Grundsatz:
Ausgesuchte Reinlichkeit und Sorgfalt von dem Zeitpunkt
an, wo die Milch im Stalle gemolken wird bis zu dem Au-
genblicke, wo der Rahm derselben ins Butterfaß gelangt.
Im Einzelnen sind reichliches Einstreuen im Stalle, flei-
ßigeS Reinigen deS EuterS und der Hände deS Melkers, fchmu-
keS reinlich gefegtes Milchgefchirr, eine gute Einrichtung zum
Milchseichen angelegentlich zu empfehlen. Ein häufiger Fehler,
der an dieser Stelle nicht unberücksichtigt bleiben darf, wird
dadurch begangen, daß die frisch gemolkene Milch zu lange im
Stalle oder sonst an einem warmen Orte stehen gelassen wirb,
wobei dieselbe den sie umgebenden Stall- und Viehgeruch auf-
nehmen kann. Eine Geruchseigenschaft, die weder bei der
Milch noch bei der Butter gesucht ist. WaS den Ort anbe-