Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

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Möglichkeit einer noch größeren Silberentwertbung in Folge 
einer allenfallsigen Einführung der einfachen Goldwährung in 
den lateinischen Münzkonferenzstaaten, spricht anstatt für nur 
gegen daß Verhalten der 4 Herreu Abgeordneten t* dieser Frage. 
Der Kredit deS Landes und die öffentliche Ordnung verlangen 
eine Münzreform und zwar jetzt schon und zwar ganz abge 
sehen davon ob der Lichtensteinisch-österreichische Zollvertrag 
erneuert wird oder nicht. Die Münzverluste deS LandeS dauern de- 
reitS seit 1873 und eS ist wahrlich nicht mehr zu früh wenn 
denselben ein Ende gemacht wird. Oder sollen wir abwarten, 
bis die lateinischen Münzkonferenzstaaten die einfache Gold- 
Währung eingeführt haben unv bis dadurch der österreichische 
Ntbergulden eine noch viel größere Entwerthung erhalte^ hat 
und folgerichtig die Schwierigkeit einer Münzreform und der 
Schaden viel größer geworden ist? 
In diesem Rathe finden wir weder den mornlischen noch 
den praktischen Seherblick, den die Herren für sich so sehr in 
Anspruch nehmen wollen. Die Herren wollen zwar den mora- 
tischen und den materiellen Standpunkt unterschieden haben. 
Allein wir glauben, daß bei dieser Auffassung die Moral ent- 
schieden zu kurz kommt und schließlich nur mehr zu einem rei 
nen Phantasiegemälde wird. Denn, wenn man aus der einen 
Seite vom Standpunkte drr Moral aus zugibt, daß das Lan- 
deSinteresse ein besseres und reelleres Gelöststem verlange, hin- 
gegen vom materiellen Standpunkte resp. vom Stundpunkte 
des Privatinteresses diese moralische Zdee wieser verwirft, wo 
bleibt dann schließlich noch die Moral? 
Ein weiterer Beweggrund, der die Herren zu ihrem nega- 
tiven Verhalten bestimmte, soll in dem Umstände liegen, daß 
wir in den letzten Jahren eine große Landesschuld gemacht 
haben. Wenn man in Anbetracht zieht, daß der größere Theil 
dieser Summe im Lande verwendet wurde, als der österreichi- 
sche Silbergulden noch vollwerthig war; wenn man ferner 
bedenkt, daß diese LandeSschuid ein unverzinsliches, von un- 
ftrm Landesfürsten in großmüthigster Weise gegebenes Dar' 
lehen ist utttf daß allenfallsige Verhandlungen, wenn eine 
Münzresorm zu Stande kommt, noch offen stehen, so glauben 
wir damit genug gesagt zu haben und können jedes weitere 
Wort füglich ersparen. 
WaS schließlich die Frage betrifft, was für eine Landes- 
münze nun eingeführt werden soll, so kann eS wohl doch nur 
eine solche sein, welche in den Nachbarstaaten und auch im 
weitern Verkehre ohne Verlust verwendbar ist. Das ist un- 
zweifelhaft der Franken. Liechtenstein prägt keine eigenen 
Münzen auS und kann leicht diese oder jene fremde Münze 
als gesetzliches Zahlungsmittel im Lande erklären. DaS Geld 
ist ein Verkehrsmittel, und der, wer immer mit den Nachbar- 
fiaaten am meisten Verkehr hat. kann am zweckmäßigsten nur 
eineS der Münzsysteme der Nachbarstaaten annehmen. Solange 
Oesterreich keine kurSfähigen Sllbermünzen hat, wäre eS thy- 
richt, in dem Münzverbande mit Oesterreich zu bleiben. Die 
einfache Goldwährung des deutschen Reiches ist allerdings vom 
Standpunkte der Münztechnik besser als die Doppelwährung 
der lateinischen Münzkonferenzstaaten. Allein Liechtenstein 
gränzt nicht unmittelbar an das deutsche Reich und es 
erübrigt ihm somit nichts anderes, als unter Beibehaltung 
deS österr. GuldenfußeS als Rechnungsfußes die Mün- 
zen der lateinischen Münzkonferenzstaaten als gesetzliches 
Zahlungsmittel im Lande einzuführen. Unser Exportverkehr 
ist zudem zum großen Theile nach der Schweiz Der Export 
nach Oesterreich beschränkt siv fast ausschließlich auf die untere 
Landschaft, während daS Oberland das Vieh und die export- 
fähigen Erzeugnisse deS Bodens nach der Schweiz absetzt. 
Zum Schlüsse möge den 4 Herren Abgeordneten zur Be 
ruhigung dienen, daß der Schreiber dieses weder Beamter noch 
Abgeordneter ist; daß er, wollte er die Münzfrage nur vom 
Standpunkte seines Privatinteresses aus beurtheilen, ein ent- ' 
schiedener Gegner der Münzreform sein müßte. Daß er den- 
noch daS Landesinteresse höher stellte, betrachtet er für sich nicht 
als besonderes Verdienst sondern nur als einfache Psticht des 
LandeSbürgers, an die er hiemit die 4 Herren Abgeordneten 
in ihrer doppelten Eigenschaft als Landesbürger und Land- 
tagSabgeordnete erinnert haben will. 
Vaterländisches. 
Vaduz, den 30. Nov. lDie Nolafrage.) Im Gro- 
ßen Rathe von St. Gallen kam letzthin anläßlich der Berath- 
ungen über daS RheinkorreklionSwefen auch die wichtige Nola- 
frage, d. h. die Verbauung dieses gefürchteten, Geschieb brin- 
genden BergwasserS zur Sprache Da diese Frage für alle 
Anwohner des Rheines eine eminente Wichtigkeit hat, so thei- 
len wir die diesbezüglichen Verhandlungen wörtlich mit: 
W i r t h - S a n d. Der Haupt-Uebelstand liegt nach der 
Ansicht der Expertise SaliS in den Wildbächen deS KantonS 
Graubünden. Bis da geholfen ist, hat unser ganzes Korrek 
tionswerk einen zweifelhaften Erfolg. Von daher kommt daS 
ungeheure Geschiebe, daS unser Rheinbett erhöht. 
Am 8. September 1870 ist der Rhein in ThusiS durch 
das Geschiebe 36' gestaut worden, mit einem Wasserquantum 
von 13 Millionen Kubikfuß Wasser, während der Ablauf bei 
der Tarvisbrücke 100,000 Kubikfuß beträgt. Sollte einmal 
der Rhein gestaut werben und die Damme durchbrechen und 
sich diese Millionen Kubikfuß Wasser hinunter ins Thal wäl- 
zen, waS helfen alle unsere Vorkehrungen? 
Wir werden noch viel traurigere Erfahrungen machen, als 
wir sie bis jetzt gehabt haben. 3 Millionen Kubikfuß Geschiebe 
müssen in Graubünten zum Stehen gebracht werden. 
Die Verdauung der Nola erfordert eine halbe Million, die 
pes Glenner 600,000 Fr. Wer soll diese zahlen? Grau- 
bünven ist zu schwach und seine daherigen Vorthelle sind lange 
nicht so groß, wie diejenigen deS KantonS St Gallen. ES 
ist Aufgabe des Großem Rathes, in dieser Richtung das an- 
zuordnen und zu beschließen, was zur glücklichen Lösung dieser 
Frage führen kann 
Durch vereinte Kraft deS Bundes und der beiden Kantone 
wird diese für ein glückliches Resultat der Rheinkorrektion drin- 
gendste Angelegenheit glücklich zu Ende geführt werden. Aber 
die Sache ist dringend. Niemand garantirt, ob nicht in naher 
Zeit die Schleußen deS Himmels sich wieder öffnen — und 
trotz der Korrektion die Kalamität über dies gesegnete, srucht- 
bare Land hereinbricht. 
Der Bund wird mithelfen; er hat seine Hülfe zugesagt 
zur Verbauung der Wildbäche unv wird sich bei größeren, be- 
deutende Landestheile umfassenden Werken nicht bloS mit 
der Kosten bethätigen, sondern noch weiter gehen. Der jetzige 
Moment wäre für einen solchen Beschluß der günstigste In 
Bern wird man sich, wenn eS sich um die Beitragslcistung an 
die Korrektion handelt, fragen, ob der Zweck auch erreicht werde. 
Der Bund wird nur mit größerer Bereitwilligkeit mithelfen, 
wenn er sieht, das: der Kanton mir gebrachten größern Opfern 
gleichzeitig auch in die Zukunft schaut und dadurch, daß er 
daS Uebel an der Wurzel erfassen will, die feste Absicht be- 
kündet, das Rheinthal für immer zu schützen. 
Redner stellt daher die Motion: „Der RegierungSrath ist 
eingeladen , sich mit der Regierung deS Kantons Graubünden 
zu dem Zwecke ins Einvernehmen zu setzen, um gemeinschast- 
lich mit ihr diejenigen Maßnahmen vorzubereiten, welche geeig- 
net und nothwendig erscheinen, um die baldige Verbauung der 
geschiebSreichen Nebenflüsse deS Rheins, namentlich der Nolla 
und deS Glenner zu bewirken." 
Landam. Hungerbühler: WaS Wirth-Sand über die 
verheerenden Wirkungen der Wildbäche gesagt, ist nur zu wahr. 
Aber eS ist zu bemerken, daß in Folge Ansuchen des KantonS 
Graubünden bei der Eidgenossenschaft um Subvention zur Ver-
	        

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