Liechtensteinische
Dritter Jahrgang
Vaduz, Freitag
Nr. 42.
den 15. Oktober 1875.
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Vaterländisches.
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte.
56. Die Grafen von HohenemS—Vaduz.
Die Hexenprozesse.
Verderblicher und unheilbringender noch als die Kriege
und pestartigen Krankheiten dieser Zeit wirkte daS Hexenwesen.
Seit dem 15. Jahrh. verbreitete sich unter dem Volke immer
mehr die Neigung gewissen Personen direkten Verkehr mit dem
Teufel zuzuschreiben, mit dessen Hilfe sie ihren Mitmenschen
manigsachen Schaden zufügen sollten. Diese Hexenmanie war
eine allgemeine Krankheit und verbreitete sich in allen Gegen-
den Deutschlands und der Schweiz, ohne Unterschied der Re-
ligion. So ist in der Schweiz wohl weder ein protestantischer
noch katholischer Kanton, der nicht seine Hexenprozesse gehabt
hätte. Leider trat dieses Uebel deö Aberglaubens in unserm
Lande mit besonderer Heftigkeit auf und eS blieben demselben
die barbarischen Greuel nicht erspart, welche mit den Hexen»
Prozessen verbunden waren. Schon unter der Herrschaft der
Grafen von Sulz—Vaduz werden Hexenprozesse erwähnt und
seitdem wieverholten sie sich in gewissen Zwischenräumen. Vor-
jüglich waren eö die Nachkommen der wegen Hexerei Hinge-
richteten, welche der öffentliche Ruf unerbittlich verfolgte. Die
sonst angesehene» Geschlechter der Mariß und Duntel wurden
besonders hartnäckig verfolgt. Beide Familien sind seitdem er-
loschen. HanS Keyser von ZizerS erzählt in seiner Chronik
räthischer Sachen: „Zu dieser Zeit anno 1648 im Brachmo-
nat find zu Vaduz in die 14 Personen, darunter 2 Mann,
das andere Weiber, mit dem Schwert gerichtet und dann auf
einen Haufen Holz und Stroh gelegt und zu Asche verbrannt
worden von wegen daß sie Gottes verleugnet und Hexenwerk
getrieben. Anno 1649 und 1650 sind noch so viel der elen-
den Menschen zu Vavuz und am Eschnerberg gerichtet worden>
daß mehr denn 100 Personen gewesen sind." Die Mehrzahl
der Verurtheilten gestanden das Verbrechen dessen sie beschuldigt
wurden. Dieß ist jedoch leicht zu begreifen, denn waS ihnen
daS Gestäudniß erpreßte war die Folter. Früher durfte diese
nur einmal gegen die Angeschuldigten angewendet werden, wenn
keine neuen VerdachtSgründe hinzukamen. Später fielen diese
Rücksichten weg, denn die Hexerei galt als AuSnahmSverbre-
chen. Die Folter oder die peinliche Frage begann in der Re-
gel mit dem Daumenstock. Die Daumen wurden in Schrau-
ben gebracht, diese langsam zugeschraubt und so die Daumen
zerquetscht. Folgte das Geständniß nicht, so nahm man die
Beinschrauben oder die spanischen Stiefel, durch die Schinbein
und Waden glatt gepreßt wurden, oft so daß die Knochen zer-
splitterten. Dazwischen wurde ttiit dem Hammer auf die
Schraube geschlagen. Der folgende Grad war der Zug. Dem
Gefolterten wurden die Hände auf den Rücken gebunden und
ein Seil an sie befestigt, an dem er langsam in die Höhe ge-
zogen wurde, bis die Arme verkehrt und umgedreht über dem
Kopfe stunden. Dann ließ man zur Erhöhung der Schmerzen
ihn einigemal schnell herabschnellen und zog ihn wieder empor.
Läugnete er fort, so hing man ihm Gewichte an die Füße und
ließ ihn in diesem schrecklichen Zustande eine halbe, oft eine
ganze Stunde over noch länger hangen. Half auch dieses
nicht, so träufelte man auf das unglückliche Schlachtopfer
brennenden Schwefel oder brennendes Pech, oder hielt ihm
brennende Lichter unter die Arme oder unter die Fußsohlen.
Wer hätte unter solchen Qualen nicht jedes beliebige Verbre
chen gestehen sollen? „Ja," ruft der Jesuit Friedrich Spee
daher aus, „ich schwöre feierlich, von den Bielen, welche ich
wegen angeblicher Hexerei zum Scheiterhaufen geleitete, war
keine Einzige, von der man, AlleS genau erwogen, hqtte sagen
können, daß sie schuldig gewesen. Aber behandelt die Richter,
behandelt mich ebenso, wie jene Unglücklichen, werft uns auf
dieselben Foltern und ihr werdet uns alle als Zauberer erfin-
den." Hatten die Richter auf diesem Wege ein Gestänvniß
erpreßt, so wollten sie durch die gleichen Qualen dieselben zur
Angabe der Mitschukdigen zwingen. Um ihren Leiden loS zu
werden nannten dann die Gefolterten den nächsten besten, der
ihnen einfiel, oder den der Richter ihnen vorsagte. Sie gaben
wohl auch die. an, denen sie abgeneigt waren. Die so Ange-
schuldigten wurden gefoltert und zum Scheiterhaufen verurtheilt.
(Fortsetzung folgt.)
Baduz, den 14. Okt. Die Weinlese bat hier zu Lande
schon gestern in Eschen begonnen. Schaan und Balzerö wer-
den heute, Baduz und Triefen nächsten Montag nachfolgen.
Ueber die zu erwartende Quantität spricht man sich im Allge-
meinen zufrieden aus. Die Qualität dürfte die letztjährige
keineswegs erreichen, aber dennoch eine gute werden.
Baduz, den 14. Oktober. Der „Werdenberger" berichtet
aus dem Oberrheinthal: DaS Todtschlagen scheint in diesem
Bezirke epidemisch werden zu wollen. Kaum ist der Todtschlag
in Oberriet etwas verschollen, so erhält man Kunde, daß am
Montag Abend vor dem „Kreuz" in Rüthi Morgens vor
Tagesanbruch ein 24jahriger junger Mann dortiger Gemeinde
todt aufgehoben wurde. Die schwere Wunde am Hinterhaupte
läßt auf gewaltsamen Tod schließen. Frau und Tochter der
Wirtschaft zum „Kreuz" sind verhaftet.
Politische Rundschau.
Vom Kriegsschauplatze in der Türkei vernimmt man, daß
die Kämpfe in der Gegend hinter Kostajnitza in den letzten
Tagen an Heftigkeit zugenommen haben. ES scheint, daß in