Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

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Gerung ein Nachlaß der bis zum Finanzjahr i 829 rückständi 
gen Steuern ein. Ausgenommen von dieser Maßregel sind 
die Zehent-Pächter gegen Garantie, die wohlhabenden Klassen 
und die StaatSschuldner. Die verschiedenen Gemeinden sollen 
im Schöße der ProvinzialverwaltungSräthe durch Personen, 
welche daS Vertrauen der Gemeinde genießen vertreten sein. 
Die von diesen in den Grenzen der Gesetzlichkeit und der Ver- 
nunst kundgegebenen Wünsche sollen mit Aufmerksamkeit ausge- 
nommen werden. Deputationen der jährlich abzuhaltenden 
Generalversammlungen sind ermächtigt nach Konstantinopel zu 
kommen, um daselbst der Regierung ihre Wünsche zu unterbreiten. 
Ueberdieß werden einige in ihren Gemeinden Ansehen genießen- 
de Personen von Zeil zu Zeit nach Konstantinopel berufen 
werden. Die dergestalt gesammelten Informationen werden als 
Basis der mit Hinblick auf das allgemeine Wohlsein und die 
Prosperität durchzuführenden Reformen und Aenderungen die- 
nen. Eigene Agenten und Eontroleure sollen die Bertheilung 
und Einhebung der Steuern nach den Gesetzen sichern. 
Verschiedenes. 
* Zur Heuschreckenplage. Prof. Dr. Gerstäcker^ 
eine Autorität auf dem Gebiete der Insektenkunde, bestätigt, 
daß eS gerade ein Wunder wäre, wenn sich im nächsten Jahre 
nicht die zehn- bis zwanzigfache Zahl dieser Verwüster auf den 
Feldern zeigte, da die günstige Zeit zu ihrer Vertilgung unbe- 
nützt vorübergegangen ist. Die augenblicklichen Maßregeln ha- 
den sich einerseits gegen die geflügelten Heuschrecken selbst, an 
derseits gegen die . vom Weibchen abgelegten Eier zu richten. 
Einige Dutzend auf die Stoppelfelder geschickte Kinder können 
an trüben und regnerischen Tagen die jetzt am Erdboden sitzen- 
den und häufig in Begattung begriffenen Thiere mit Leichtigkeit 
fangen und durch Zerguetschung tödten, auf diese Art aber, sa 
jedes Weibchen etwa 150 Eier ablegt, eine sehr ansehnliche 
Zahl von Nachkommen aus der Welt schaffen. Zur Vertilgung 
der Eier, welche daS Weibchen in schwammigen, graubraunen 
Klümpchen zu je 45—-50 Eier unter sich in der Erve ablegt, 
hat man auf'6 Gerathewohl die befallenen Aecker entweder 
oberflächlich aufzupflügen oder noch besser mit Sparen aufzu 
lockern, um auf diese Art die 1—2 Zoll tief gelegten Eier an 
die Oberfläche zu bringen. Alle hier vorgefundenen Eierklümv- 
chen müssen in Töpfe gesammelt und der Aufsichtsbehörde zur 
Vernichtung eingeliefert werden. Auch würde eS sich als sehr 
nützlich erweisen, gleichzeitig einige Wochen lang vor Bestellung 
der Wintersaat Geflügel (besonders Enten) und namentlich auch 
Schweine auf die befallenen Aecker zu treiben, da diese zur 
Vernichtung der Eier wesentlich beitragen. 
* Weinpro be. Man nimmt ein Fläschchen, daö etwa 
ein Weinglas hält, füllt dasselbe mit der zu untersuchenden 
Weinsorte, verschließt die Oeffnung mit dem Zeigefinger, dreht 
die Flasche um, so daß der Boden nach oben zu liegen kommt, 
taucht sie in dieser Stellung in ein Gefäß voll Wasser so weit 
unter, bis sie vollständig vom Wasser bedeckt ist, wartet, bis 
sich das durch das Untertauchen in Bewegung gesetzte Wasser 
beruhigt hat, und nimmt dann den die Oeffnung verschließen- 
den Finger behutsam von derselben weg. DaS Wasser drückt 
nun zwar von unten gegen den Wein, vermag aber nicht, ihn 
auS der Flasche zu entfernen; indessen findet doch ein solcher 
Druck statt, daß eS vermöge der Attraktion sich alle fremden 
Substanzen, die im Wein enthalten sind, durch Aussaugen an- 
eignet. Nimmt man nach 10 Minuten die Flasche heraus, wo- 
bei man selbstverständlich vor dem Umdrehen wiederum den Zei- 
gestnger vorhalten muß, so wird man finden, daß bei unechtem 
Wein verherrliche „Chateau Lafitte" ,der„Chambertin" sich in ab- 
scheulichen Essig verwandelt hat, weil alle Zusätze, Zucker k., 
bei vielen Sorten selbst die Farbe, vom Wasser ausgezogen 
worden find, während ein wirklich reiner Wein genau so bleibt, 
wie er war. Die Probe hat den Vorzug, daß sie nichts kostet 
und untrüglich ist. 
* Eine heitere Schuhmacherrech nung. Nachfol 
gende Rechnung, welche vor etlichen Jahrzehnten in einem 
hessischen Dorfe das Licht der Welt erblickt hat, glauben wir 
nicht länger der Oeffentlichkeit vorenthalten zu sollen. Sie ist 
nicht etwa bloS gut „erfunden", sondern genau in dieser Fas- 
sung vom betreffenden Meister dem „Herrn Pfarrer" über-, 
geben. 
Rechnung für Herrn Pfarrer an Schuhmacherarbeit. 
Am 1. Aug. Ihn zugenaht kr. <48 
^ 8. „ DaS Kind gesohlt und eingefaßt v 15 
„ 10 „ Die Marie gradgeklopft und geriestert „ 6 
„ 10 „ Die Frau Pfarrer in nnd Jungfer 
Male zusammengepflückt „ 2 
„ 15. „ Die Jungfer Lovife ein Riester auf- 
gesetzt „ 4 
„ 6. Nov. Die Jungfer Lotte überzogen und ein- 
gefaßt, sie hat den Zeug dazu gegeben „ 8 
„ 45. „ Die Thekla die Ohren geklopt und 
genet und geriestert ~ „ 4 
„ 24 n Die Therese unterlegt und besetzt „ 6 
* Amerika. Die Sekte der Adventisten in Massachusetts, 
welche an eine baldige Wiederholung der Sünofluth glaubt, 
wurde durch die jüngsten anhaltenden Regengüsse in diesem 
Glauben so sehr bestärkt, daß die Aeltesten der Sekte den. Plan 
faßten, eine Aktiengesellschaft zur Erbauung einer großen Arche 
zu gründen, um den Ereignissen mit Ruhe entgegensehen zu 
können. Eine 20 DollarS-Aktie berechtigt den Inhaber zu ei- 
ner Zwischendeckspassage auf der Arche, während ihm für 50 
Dollars die Privilegien der ersten Kajüte zugesichert werden. 
Für mitzunehmende Thiere muß besonders bezahlt werden Man 
hofft mit dem Bau der Arche noch vor Eintritt der Fluth fer- 
tig zu werden. 
* Ca lifornien thut sein Bestes, den Vorstellungen der- 
jenigen Auswanderer gerecht zu werden, die gern von einem 
Schlaraffenland träumen, wenn sie der Heimath den Rücken 
kehren. Wie reich es ist an Gold und andern Schätzen der 
Erde, wie üppig dort die Waizenfelder stehen und wie die Bäume 
unter der Last der Früchte sich biegen, davon haben wir schon 
längst gehört Für den edelsten Trank haben spekulative Far- 
mer nach dem Beispiel alter spanisch?r Mönche gesorgt; auf 
den Rebhüqeln des gesegneten Landes schwillt die Traube an 
30,000,000 Stöcken, aber daS Wunderland enthüllt immer 
neue und ungeahnte Schätze; am Cajon-Paß stießen Arbeiter 
auf ein Honiglager in den Felsen, sie suchten mit einer Stange 
dessen Tiefe zu ergründen, aber sie fanden keinen Boden und 
als man ein Stück vom Felsen wegsprengte, da zeigte sich, daß 
Tonne auf Tonne des leckeren Saftes aufgespeichert war. 
Schließlich stellte sich heraus, daß die Höhlung im Felsen eine 
Viertelmeile (engl.) lang und wahrscheinlich ganz mit Honig 
gefüllt ist. Am stillen Ocean arbeiten aber nicht nur die Vögel, 
sondern auch die Bienen emsiger als anderswo. 
* Hemdkragen ans Stahl. In New-Aork besteht 
seit einiger Zeit eine Fabrik, die Hemdkragen von Stahl liefert, 
welche schneeweiß gemalt sind und eine geradezu unverwüstli 
che Ausdauer haben. Das Stück kostet einen Dollar und die 
Wäscherin hat damit nichts zu thun, sondern solche Weißwäsche 
muß man, wenn etwas daran fehlt, entweder zum Schlosser 
oder zum Maler schicken. 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schadler.
	        

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