Die Berichte der beiden, politisch weitauseinandergehenden
Blätter stimmen merkwürdig zusammen, und haben die schwar
zen Tauben recht, dann thun unsere Leser gut, sich bald eine
Karte deS türkischen Reiches anzuschaffen. Wozu, weiß zeder
selbst.
Gehaltet sich aber die Situation auch freundlicher und
verschwinden die Wolken-, so wird doch in den revolutionären
Provinzen eine Veränderung vor sich gehen, sie sollen nach
einem Artikel der „Times" in tributäre Vasallenstaaten um-
gewandelt werden. Die beste. Lösung, meint das Blatt, sei,
daß eine Provinz nach der andern von der todten Hand in
Konstantinopel sich loSlöse. AlS Beispiel und Beleg wird
Egypten angeführt.
Nach einer neueren Mittheilung scheint die Vermittlung
der Großmächte wenig Aufsichten zu haben , indem die In-
surgenten Niederlegnng der Waffen ablehnen und erst nach
errungener Selbständigkeit deS Landes in Unterhandlungen ein-
treten werden
Frankreich. Die Eröffnung ver ersten katholischen Uni-
versttät in Paris wird im November er^slgen
Aus Spanien kommt die Nachricht, daß die karlistische
Festung La Sso de Urgel kapitulirt habe.
England. Oer Opiumhandel von Indien nach China
hat das- englische Unterhaus abermals beschäftigt. ES besaß
ein Interpellant Naivität genua, zu beantragen, daß die Opi-
umkultur, welche der indischen Regierung jährlich sechs bis
sieben Millionen Pfund Sterling einträgt, allmälig abgestellt
werden solle. Nur wenige Redner betonten die Sünde und
die Unwürdigkeit, die in diesem Handel liege. Manche Red-
ner erklärten das Gift sogar für nicht schädlicher alS Tabak.
DaS Unterhaus machte sich denn auch kein Gewissen daraus,
den Antrag mit großer Majou'tät zu verwerfen. Man hat
den Chinesen vaS Opium durch einen Krieg aufgezwungen
und will sich die daraus entspringenden Bortheile nicht ent>
gehen lassen. Missionäre, (Götzenbilder und Opium werden
nach wie vor auf Bedarf geliefert!
Amerika» In Nordamerika ist ein sehr strenges Gesetz
gegen den Unfug mit Obscönitäten zu Stande gekommen.
Dasselbe bestimmt: Jede Person, welche obscöne Schriften oder
Bilder oder Medizinen zc. verfertigt oder verfertigen laßt, im
Besitz hat, oder verschenkt, oder andere veranlaßt, solche anzu-
fertigen oder zu verkaufen oder wer Anzeigen publizirt, welche
apf solche Artikel Bezug haben, soll, wenn über 21 Jahre alt,
nzit Haft bei harter Arbeit von drei Monaten bis 2 Jahren
Wd einer Geldbuße von. Dollars 100 bis Dollars 5000, und
tyeny unter 2t Jahren alt, mit 3 Monaten Gefängnißu einer
Geldstrafe von nicht über Dollars 500 bestrast werden. Die
Strafgelder sollen in der Stadt New Jork der Frauenschutz
Gesellschaft und der Gefängniß-Association zu gleichen Theilen
zufallen CSiti besonders vielsagender Punkt veS Gesetzes ver
fügt, daß alle Maschinerien, Rohprodukte tt, welche zur Fa
brikation obscöner Artikel verwendet werden, der Konfiskation
verfallen sollen. Wäre in Europa auch sehr nachahmungSwerth !
Egypten. Der Khedive ist in die Lage gekommen, zur
Gicherung der Grenzen seines Landes das Schwert zu ziehen.
Hon Abyssimen aus, wo ein Prätendent sich mit Erfolg der
Herrschaft zu bemächtigen verstand, und zum ersten Wale wie-
dtr seit dem Abzüge der Engländer eine Art von einheitlicher
Gewalt zu sunktioniren scheint, soll wohl ein Versuch gemacht
tyerden, sich der Länderstriche wieder zu bemächtigen, die Egyp
ten in der Zeit der Anarchie i« Habesch an stch gezogen hat,
und zur Abwehr dessen sind, wie aus Kairo gemeldet wird,
größere Truppenabtheilungen nach dem Sudan entsendet wor
den. Für Huroya ist der Hergang ^yspfern von einiger Wich-
tifiWlj, als der Khedive am Ende dadurch verhindert sein
könnte, der Pforte zur Bewältigung ihrer Verlegenheiten seine
materielle Hilfe zu sichern.
Japan. Die „Gazzetta di Venezia" enthält eine längere
Correspondenz aus Tokai (Iedo) über die Eröffnung deS japa-
nischen Parlaments-, welche am 20. Juni dort vor sich gegan-
gen ist. Dieser Correspondenz entnehmen wir, Daß;. vaS zapa-
Nische Parlament im Ganzen aus 60 Mitgliedern besteht , die
sich zu dessen Eröffnung inSgesammt w schwarzen Frack und mit
dem Hut unter dem Arm eingefunden hatten. Die Eröffnung
fand Punkt 11 Uhr Vormittags, und zwar durch den Mikado
selbst statt, welcher dabei folgende Miniaturrede hielt: „Herren
Mitglieder der Provineialversammlung! Ich begebe mich heut
in eure Mitte, um euch daS Interesse zu zeigen, daS ich dem
Werke, welches zu vollenden ihr berufen seid, entgegen trage.
Ich hoffe, daß jeder von euch seine Pflicht bei den Verhand
lungen der Pyqvincial-Angelegenh^iten begreifen wird. Ehe
große Schwierigkeit bietet sich euch darin dar, daß jeder von
euch nur die Interessen seiner Provinz, welche er vertritt, zu
vertheidigen hat. Vergesset jedoch nicht in der Hitze der DiS-
kussion deS GesammtvateriandeS. Seid einig und verständigt
euch gehörig, damit die Provinzen und das Vaterland von euq
ren Perhandlungen Nutzen ziehen uns man sagen könne, daß
die Eröffnung dieser Versammlung für Japan eine neue Aera
deS Wohlstandes eröffnet hat. Respektiret meine Worte!" —
Schon am andern Tage begannen dann die öffentlichen Ver-
Handlungen detz Parlaments und zwar zuerst über Polizei und
Straßenbau, und ihnen wohnte auch der Mikado bei.
Verschiedenes.
Italien. Einen neuen schrecklichen Fall von Lebendig-
begrabenwerden theilt daS „Diritto" aus Campobasso in Unter-
italien mit. Im genannten Städtchen wurde am 5. d. die
Frau eines Arbeiters, welche der Entbindung entgegen sah, von
einer Ohnmacht befallen, die sehr lange andauerte, so daß der
herbeigerufene Arzt sie für todt erklärte. Die Zivilbehörde
stellte bald darauf den üblichen Todtenschein auö und Man
begann sogleich mit den Vorbereitungen zum Leichenbegäng-
nisse, wobei nach Landessitte der vermeintlich Todten H&id'e
und Füße gebunden wurden. 24 Stunden nachher trug man
sie auch schon zur ewigen Ruhestätte und ihre irdische Hülle
ward in einem gemeinsamen Grabe beigesetzt. Zwei Tag«
nachher fand daselbst abermals ein Begräbniß statt und dem
Todtengräber, ver das gemeinsame Grab zu öffnen hatte, bot
sich nun ein gräßlicher Anblick dar. Die Todtgeglaubte hielt
ein srischgeborneS, jedoch schon todteS Knäblein in den Hän-
den, die samt den Füßen durch Gewalt von ihren Banden
befreit worden waren. Dieselbe hatte also im Grabe geboren.
Leute, welche in der Nacht vor dem Friedhofe vorbeigingen,
sagten dann auS, sie hatten wohl Hilferufe vernommen, die-
selben aber für Gespenstergeschrei gehalten. Es ist eine strenge
Untersuchung dieses Falles angeordnet.
Butter. In den letzten 25 Jahren ist nach statistischen
Erhebungen die Butterproduktion Dänemarks auf daS 7- bis
ß-fache gestiegen, in den letzten 6 Iahren hat sie sich verdrei-
facht und man hat jetzt eine Ausfuhr von mehr als 100,009
Tonnen, (2 Millionen Zentner) jährlich erreicht. Aber bedeu-
tender alS das Steigen der Quantität ist das der Qualität.
Es gab eine Zeit, da dänische Butter im Auslände unter dem
Namen „Theerbutter" bekannt war und mm sie nur als zu
Schmiere brauchbar ajnsM HmzelW Partiten besserer Waare,
namentlich Sommerbutter, konnte nur in England unter dem
falschen Namen „Kieler Butter" abgesetzt werden. Nach und
nach aber hat sich daS dänische Produtt vom schlechtesten zum
testen emporgearbeitet, und jetzt wird dänische Butter in Wg-
ja«d 6—8 Sh. per Ztr. höher notixt als deutsche Butter.
Allerdings gibt es im Ausland viele Molkereien, die feinere
Waare erzeugen, auch gibt eS einzelne Buttersorten, die höher
bezahit werden, alS die besten dänischen, aber als Ganzes be
trachte^, gibt es kein Land, dessen Produkt so gut bezahlt wkd,