Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

Abt Theodor Schlegel von St, Luzi wurde ^von den re- 
förmirten Graubündnem gefangen gesetzt und vor ein Straf- 
aericht gestellt. ^6r habe, so laulgte die Klage, bei Nacht und Ne 
bel die Kostbarkeiten seines Klosters fortgeschafft, stehe mit den 
Feinden der Republik im Briefwechsel, habe das BiSthum ver- 
kaufen- und das Vaterland verrathen wollen." Schlegel, der 
sich durch Rednergabe , Gelehrsamkeit und Festigkeit des Cha- 
rakters auszeichne^, war weit von den Verbrechen entfernt die 
man ihm vorwarf. Standhast behauptete er trotz der Qua- 
len der Wlter sDt Unschuld > aber dennoch, fiel Wk Haupt 
den 23. Hchi! ßWD Me'Wnche von Sh W Wchteten 
sich mit ihren Schriften und Dokumenten nach Bendern. Da- 
seW erhielt sich das Konvent unterstützt von dem Mutterklo- 
ster Roggenburg über hundert Iahte lang bis eö wieder nach 
St. Lüzi zurückkehren konnte. Mehrere Aebte starben in 
Bendern. 
Bstdnz, den 27. Juni. Für die auf SamStag, den 3. 
Juli anberaumte LandtqgSsitzung ist nachstehende Tagesordnung 
festgesetzt worden : 
1. Verlesung veS Protokolls der letzten Sitzung. 
2. Einläuft. 
3. Berathung und Beschlußfassung bezüglich der Prüfung 
eventuell Genehmigung der Landesrechnungen 
q. StqatSrechnung pro 1374. 
b. FondSrechnungen „ „ 
o Sparkassaffchnung pro 1874. 
4. Berathung^ und. Beschlußfassung bezüglich Abänderung 
des politischen ÖhekonsenseS. 
5. Berathung und Beschlußfassung über den Gesetzentwurf 
betreffs Einführung des metrischen Maß- und Gewichts- 
systemS. 
6. Berathung und Beschlußfassung über den Gesetzentwurf 
der revivirten Statuten der landschaftlichen Spar- und 
Leihkaffa. 
7. Berathung und Beschlußfassung bezüglich der jährttchen 
Remuneration des SpartassaverwalterS Josef NebeSky. 
8. Antrag der Fmanzkommission. 
Baduz, den 29. Juni. (Babette Rösch) gefeierten 
Angedenkens,^ die circa por einem halben Jahre die bekannte 
Gaunertomödie in BalzerS Aufgeführt hat und eineS schönen 
AbendS spurlos entrückt wurde, ist im Schwabenlande wieder 
aufgetaucht. Nachfolgende Geschichte, die wir dem „Schwarz- 
Wälder Boten" entnehmen, mag denjenigen, welche dieser geni 
alen Gaunerin schon zum Opfer gefallen sind, wenigstens den 
Trost bieten, daß ste nicht allein unter den Geprellten stehen. 
Ulm den 19. Juni. Eine Schweizerin, Namens Babette 
Rösch, war Ma ein halbes Jahr lang in der. Spinnerei und 
Weberer' Ay bei Ulm als Ätbeiftriy 'beschäftigt.' Vor einem 
Vierteljahre wandte sie sich an den katholischen Geistlichen in 
dem eine starke Viertelstunde von Äy entfernten Pfarrdorfe 
Oberkirchberg mit dem Anliegen, daß sie katholisch zu werden 
wünsche. Sie erhielt von ihm Religionsunterricht und verlegte 
zu diesem Zwecke jihren Wohnsitz von Ay Nach Oberkirchberg, 
wo sie sich in einem WirchShause einmietete. Sie wußte glau 
be? zu machen, daß sie in der Schweiz ein Vermögen von 
30,000 Franken besitze. ES liefen auch aus der Schwch Briefe 
an; dieselbe ein, M sie ihrer Umgebung Znicht vorenthielt und 
deren Inhalt ihre diesbezüglichen Angaben zu bestätigen schien. 
Im dem einen schrieb ihr ein angeblicher Schuldner, daß er 
leider nicht in der Lage sei, ihre Capitalforderung jetzt schon 
zurückzuzahlen, aber" er werde eS in der näWen Zeit. möglich 
zu machen wkM. Ii» etneR "andtrnMrief' Äeldtte ' ihr ein Ver- 
wandter, eS sei ein Capital in bedeutendem Betrage für ihre 
Rechnung heimbezahlt worden. An diese Rachncht war die Bitte 
geknüM, g.e möch1^ dMuuuenj,. A)ie die., heimbezahlte Summe 
wieder angelegt werden solle. (Wie sie mit diesem VermögenS 
besitz ihre Beschäftigung als Fabrikarbeiterin zusammenzureimen 
verstand, ist uns unbekannt.) Da sie vorgab, die WirthShauS 
kost nicht ertragen zu können, wurde sie schließlich im Pfarr- 
Hofe verköstigt. Nach beendigtem Religionsunterricht fand ihr 
> feierlicher Uebertritt in die katholische Kirche statt. Um den 
Glauben an ihren VermögenSbesitz Izu befestigen, vergab sie 
- dem Geistlichen, dem sie eine Schenkung für die Ausschmückung 
! der Kirche in Oberkirchberg in Aussicht gestellt hatte, ein per- 
j stegelteS Packet mit der WerthbezeichnUng von 6000 fl., junv 
! einer Putzmacherin, der sie nach und nach 150 st. schuldig ge 
worden war, ein solches mit einer auf 1000 lautenden 
Werthangabe. Kurz nach ihrem Uebertritt entfernte sie sich von 
Oberkirchberg unter dem Vorwattde, dkß sie brieflich nach dem 
unfern gelegenen Jllerttssen berufen worden fei. Allein sie kehrte 
nicht wieder zurück. Nachträglich stellte sich heraus, daß sie den 
Reisekoffer deS Pfarrers mitgenommen u. außerdem der Haus 
hälterin desselben ein Paar goldene BoutonS und einige Klei- 
dungSstücke entwendet hatte. Bei der amtlichen Oeffnung der 
Packte ergab eS sich, daß das eine, welches dem Pfarrer über- 
geben worden war, unbezahlte Rechnungen und Briefe enthielt, 
aus welchen hervorging, daß die Rosch von Geburt an per 
katholischen Kirche angehörte. In dem von der Putzmacherin 
verwahrten Packete befand sich ein Modejomnat. Die Betrü- 
gerin wurde am Tage nach ihrem Verschwinden in Neu-Ulm 
mit einer Mannsperson gesehen. Man vermiithet, daß dieser 
mit ihr im Complott gestanden habe. Die Schwindlerin ist 
circa 40 Jahre alt und sehr häßlich. 
Baduz, 28. Juni. Die HiobSposten über wölken bruch 
artige Regengüsse und Ueberschwemmvngen nehmen kein Ende ; 
mehr. So liegen über die kolossalen Überschwemmungen der 
Garonne im Süden Frankreichs folgende Nachrichten vor: 
Toulouses, 24. Juni. Die Ueberschwemmung hat viel 
größere Verwüstungen angerichtet alö man glaubte. Man 
schätzt "die Zahl der eingestürzten Häuser auf zym- bis drei- 
hundert. Das von den Arbeitern der Tabakmanufaktur be- 
wohnte Viertel liegt fast ganz in Trümmern. Mehrere Ar- 
beiter werden vermißt. — Toulouse, 25/Juni. Bis Wter- 
nacht hat man schon Leichen in den nicht eingestürzten Mu- 
fern gefunden, in den eingestürzten liegt ihrer eine erschveckülde 
Zahl. Sechzig Personen männlichen und siebzig weiblichen 
Geschlechts sind verwundet, die Soldaten der Artillerie haben 
sich höchst rühmlich aufgeführt. Der Gemeinderaih hat 
100,000 Fr. für die Ueberschwemmten votirt. In der Be- 
völkerung herrscht große Niedergeschlagenheit. — Montauban, 
24. Junj. Der Wasserstand der Garonne ist einen Meter höhte 
als der höchste Wasserstand dieses Jahrhunderts 
qlle Meiereien sind zerstört und die Landleute um ihre ganze 
Habe gebracht. BözierS, 24. Juni. In Folge der Ueber- 
schwemmung ist der Eisenbahnverkehr zwischen Toulouse und 
Foix und Bayonne unterbrochen. Agen> 24. Juni. Der 
Eisenbahnverkehr ist eingestellt. Die Ueberschwemmung nimckt 
zu. — Päü, 24. Juni. Der Wasserstand geht erheblich zurück, 
nur eine Person ist ertrunken. Der Eisenbahndienst ist an 
10 Punkten unterbrochen. Vom 25. Juni wird aus Toulouse 
berichtet: Drei Dörfer auS der Nähe sind fast ganz dem Bö-' 
den gleich gemacht, in einem vierten sind von 400 Häusern 
zehn stehen geblieben. In Toulouse selbst find fünf große'- 
Brücken fortgerissen und bis gestern Abends 300 Häuser ein- 
gestürzt. 101 Leichen wurden bis jetzt beerdigt. In Verdun 
zählt man 12 Todte und 80 Vermißte.- Gegenwärtig ist das 
Waffer in der Abnahme und seit 24 Stunden fällt viel we- 
Niger Regen. 
Politische Rundschau. 
Deutschland. Anläßlich dtS BanketlS, welches Karl 
Schurz »u Ehren in Berlin vekanstalttt worden ist, kmmt 
englisches Blatt auf den Einfluß zu reden, welchen das deutsche
	        

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