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Medina del Pomar habe ihnen nun die HauptbezugSquelle
verstopft. Gewärtigen wir das Weitere.
Ein Pariser Blatt meldet, man denke in Madrid wieder
daran, den Fürsten von Hohenzollern oder irgend einen andern
auswärtigen Prinzen auf den Thron zu berufen, und dem
Projekte sollen namentlich Sagasta und Zabala, die einfluß-
reichsten Mitglieder des Kabinets, ja die einzigen Minister von
Einfluß, hold sein. Die Meldung hat just nichts Unwahr-
scheinliches an sich, in hohem Grade aber muß bezweifelt wer-
den, ob es noch irgend einen anständigen europäischen Prin-
zen nach diesem Danaergeschenk gelüsten könnte, nachdem der
Herzog v. Aosta so bittere Erfahrungen gemacht hat, und zwar
namentlich mit jenem gleichen Hrn. Sagasta. Moglicherweise
ist diese Kandidatur nur eine ftütte, um die Leute wieder an
den monarchischen Gedanken zu gewöhnen, nnd es lauert im
Hintergründe wohl nur Don AlphonS, der n Jsabella's.
Man würde damit gewissermaßen auf den Sack schlagen, aber
den Esel meinen.
Centralamerika Ueber die an dem britischen Vize«
konsul Magee in Guatemala verübte Rohheit wird der „New-
Yorker St.-Ztg." aus San Jose, dem Hafenorte Guatemalas,
unterm 25. April geschrieben: „Kurz nach Ankunft des Dam-
pferS „Arizona" zu San Jos<5 de Guatevala am 24. April
verbreitete sich an Bord des Schiffes die Nachricht, daß
Herr Moncrieffe, Agent der Pazifiic Mail Steamship Comp.,
und der brittische Vize-Konjul John Magee auf Befehl des
Militärkommandanten des Platzes, Oberst Gonzales, ver-
haftet und Magee zu 40V Peitschenhieben verurtheilt wor-
den sei,, die der Unglückliche um 4 Uhr am Nachmittage des
selben TageS erhalten sollte. In Anbetracht der offiziellen
Eigenschaft des Verurteilten schenkte man dem Gerüchte keinen
Glauben, aber etwa zwei Stunden später kam Moncrieffe, der
entlassen worden war, an Bord, bestätigte den Bericht und
erzählte die Einzelheiten ihrer Verhaftung. Die einzige be-
kannte Ursache, von einer starken persönlichen Abneigung ab-
gesehen, welche zur Verhaftung Magees Veranlassung bot, war,
daß derselbe einer Aufforderung vor dem Kommandanten zu
erscheinen nicht Folge leistete und zwar weil ihn ein wunder
Fuß am Gehen hinderte. Eine Wache wurde abgesandt, welche
den Auftrag hatte, Magee todt oder lebendig nach der „Muella"
zu bringen, und diese vollzog die Verhaftung und führte den
Gefangenen in einem Wagen an den genannten Ort. AlS der
Kommandant seiner ansichtig wurde, versuchte er ihn zu er-
schießen, wurde jedoch durch Zureden seiner Freunde daran ver-
hindert. Indessen schlug er ihn mit dem Kolben seiner Pistole
und mehrmals mit den Fäusten ins Gesicht, sich dabei der ge-
meinsten Schimpfworte .bedienend. Magee wurde eingesperrt
und Vorbereitungen zur Vollziehung der angegebenen über ihn
verhängten Strafe getroffen. Magee berief sich auf den
Schutz seiner Flagge als britischer Vizekonsul, doch ohne Er-
folg. Herr JameS, der Konsular-Agent der Vereinigten Staaten,
bereitete im Namen seiner Regierung einen Protest gegen das
Verfahren Gonzales vor, und überreichte denselben um die Zeit,
welche zur Auspeitschung Magee's angesetzt war. Der Kom-
Mandant verweigerte die Annahme des Protestes, und kün-
digte an, daß er Magee nicht allein auspeitschen, sondern auch
am nächsten Morgen um 8 Uhr erschießen lassen werde, und
daß er dann dem Repräsentanten der Vereinigten Staaten und
allen Fremden eine gleiche Behandlung angedeihen lassen wolle.
Der Arzt wandte sich hieraus an den Kommandanten, und bat
ihn zu erwägen, daß 400 Peitschenhiebe mehr seien, als ein
Mensch ertragen könne und die Vollziehung der Strafe den
Tod Magee's unbedingt zur Folge haben müßte. Die Vor-
stellung erwies sich als vergebliche— „mag er dann sterben,"
entgegnete Gonzales und befahl den Soldaten die Strafe zu
vollziehen.
Magee wurde theilweife entkleidet, auf die Erde geworfen
und während ein Dutzend Soldaten ihn festhielt, die AuS-
peitschung begonnen. Vier Soldaten ertheilten ihm je 50 Hiebe,
der würdige Kommandant hatte es übernommen, die Streiche
zu zählen. Nachdem Magee 200 Hiebe erhalten hatte, war
er besinnungslos geworden. Gonzales befahl hierauf, den Un-
glücklichen in ein angrenzendes Zimmer auf's Bett zu legen
und ihm am andern Morgen, wenn das Bewußtsein wieder-
gekehrt sei, vor der zur Hinrichtung festgesetzten Stunde die
andern 200 Hiebe zu ertheilen. Während der Nacht besuchte
der Kommandant häufig Magee, hielt ihm jedesmal den Re-
volver an die Schläfe und begleitete seine Drohungen mit Be-
merkungen wie: „Glauben Sie nicht, lange genug gelebt zu
haben? Würden Sie eS mir nicht danken, Sie von Ihrem
Elend zu erlösen?' Ich habe mich zu Grunde gerichtet, aber-
ich werde Sie unter die Erde bringen, ehe ich dahin komme."
All der Zwischenzeit erbrach Gonzales unter Mithilfe seiner
Soldaten das Geschäftslokal Magee's und raubte aus dem
Geldschranke alles Geld und andere Werthgegenstände. AlSdann
stattete die Bande der Agentur der Pacific Mail Steamship
Komp. einen Besuch ab, und zwar in der Absicht, Moncrieffe
zu verhaften. Dieser war jedoch mit seinen Kostbarkeiten in
die Walver entflohen und eilte nach der Hauptstadt zu, in der
Hoffnung, baldige Hilfe zu erlangen. Ein Privatkourier, welcher
abgesandt worden war, begegnete gegen Tagesanbruch dem
General Solano mit etwa 100 Mann, ungefähr 6 Meilen
von San Jose entfernt. Alle mögliche Eile wurde angewandt,
um frühzeitig genug in dem Hafenort einzutreffen und dm
Kommandanten an der weiteren Ausführung seines Racheaktes
zu hindern.
Um 8 Wljr waren die nöthigen Vorbereitungen getroffen»
um Magee die weiteren 200 Hiebe zu ertheilen, aber im selben
Moment als der Befehl ertheilt war mit dem darbarischen Akte
zu beginnen, entdeckte ein Soldat vom Balkon aus die Herannaben-
de Eolonne des Generals Salano und gab dem Commandanten
hievon Notiz. Magee, einen Hoffnungsstrahl erblickend, bat
den Kommandanten von seinem Vorhaben abzustehen und an
Bord des Dampfers „Arizona" zu fliehen, er wolle ihm Em-
psehlungsbriefe mitgeben die ihm einen sicheren Aufenthalt in
Salvador garantirten Hr. James, der Consulckt-Agent der
Vereinigten Staaten, unterstützte Magee's Vorschlag und ver-
sprach dem Kommandanten ihn an Bord des Schiffes zu brin
gen. Gonzales willigte ein, Magee schrieb den Brief und
überreichte ihn demselben; indeß hatte der Hallunke den Brief
kaum in der Hand, als er den Soldaten befahl Magee zu-
sammen zu schießen. Die Soldaten wohl wissend was dem
Kommandanten bevorstehe, verweigerten den Gehorsam. Er
beeilte sich nun an Bord des Dampfers „Arizona" zu kom-
wen. und zur selben Zeit als er, von dem Vereinigten Staa
ten Confular-Agenten begleitet, in einem kleinen Boote vom
Ufer abstieß, betrat General Solano die Stadt. DaS Boot
legte'an dem Dampfer an, James stieg zuerst hinauf, ihm
folgte des Kommandant, welcher jedoch nur die Mitte der Lei-
ter erreichte, als von unbekannter 'Hand auf ihn geschossen
wurde und er eine tödtliche Wunde in den Unterleib erhielt.
ES gelang ihm indeß wieder vaS Boot zu erreichen und nach
dem Lande zu rudern Noch zwei Schüsse wurden auf ihn
abgefeuert, von welchen einer ihn in die Schulter traf. Gon-
zales feuerte ebenfalls einen oder zwei Schüsse ab, doch ohne
Erfolg. Er erreichte daö Ufer und wurde dort gefangen ge-
nommen. General Solano benachrichtigte den Capitän deö
Dampfers „Arizona" daß er hoffe Gonzales werde von seinen
Wunden genesen um für seine Verbrechen die wohlverdiente
Strafe zu erhalten. Man zweifelt nicht daß Magee seine Ge-
sundheit wieder erlangen werde."