Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

Liechtensteinische 
Aweiter Jahrgang 
, Freitag 
22. 
den 29. Mai 1874. 
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26.' Mai. Unier den bis letzt von der Regierung 
dem > Landtage mitgetheilten Börlageü sind als die wichtigeren 
zu bezeichnen : Der Bericht üb^r d^n Stand der Rheinfchutz- 
dÄtiteK und.< -die-- Mräbfolgung der bezüglichen GeldchiM/ und, 
was von landwirtschaftlichem Interesse iß, ein Gesetz über 
Verbesserung der Mpenwirthfchaft. Den Bericht über die Rhein- 
schutzbauten wetden wir seinerzeit ausführlich - bringen. Das 
«em Alpengesetz ist als AnhMa W^dem Gesetze vom 27. AugUst 
1867> welches die Verbesserung "Der liechtensteinischen Alpen- 
wirthschast erstrebt, zu betrachten Es soll durch diesen Gesetzes- 
anhang einzelnen Mißständen abgeholfen werden. Vorerst be- 
stimmt daS neue Gesetz, daß künftighin die angeordnete Sauber- 
ung der Alpen nicht-mehr, wie bisher im Gemeinde- oder 
GenoHsnschaftswerke, sondern im Tagkohn oder» Akkord aus- 
geführt werde Der bisherige UsuS, wo die Leute erst nach 
zurückgelegtem 3- bis 5stündigem Marsche zur Arbeit kamen 
und meistens am nämlichen Tage wieder nach Hause zurück- 
kehrten, verursachte viele und kostspielige Arbeitstage und eine 
begreiflicherweise ungenügende Leistung. Der zweite Artikel deS 
neuen Gesetzes bezweckt, daß zur Verhütung von Unglücksfallen 
das Einfrieden der Weideplätze auf allen Alpencomplexen stren- 
ger und zwar schon vor dem'Viehauftrieb ausgeführt werde, 
so daß ein Verfallen des VieheS unter gewöhnlichen Umstan- 
den nicht eintreten kann. Die Überwachung obliegt der Lan- 
deSalpencommisston. 
Vaduz, 26 Mai. Der „Wonnemonat" Mai geht seinem 
Ende zu, ohne uns eine besonders „wonnige" Rückerinnerung 
zu hinterlassen. Die fatalen Spätfröste und die darauf folgen- 
den naßkalten und schneeigen Wochen haben letztes Jahr und 
Heuer dem sonst so schönen Blüthenjüngling viel an Credit ge 
nommen. Hwar hat sich die Witterung in der zweiten MonatS- 
Hälfte günstiger gestaltet und schon manches wieder gut ge- 
macht, trotzdem ist jedoch der Frostschaden als ein bedeutender 
zu bezeichnen. Die Naturforscher haben verschiedene Hypo- 
thesen aufgestellt, um Das Vorkommen der „Spätfröste" nach 
ihrer Ursache zu begründen. Zwar machen wir Menschen mit 
derartigen Muthmaßungen das Wetter nicht besser, aber es ist 
doch immerhin interessant, durch Ergründung der Ursachen sol- 
cher Naturerscheinungen einen, wenn auch unvollkommenen 
Blick in das gewaltige Buch der Natur zu werfen. Ein be- 
deutender Naturforscher Frankreichs sucht die Ursache unserer 
„Maikälte" im Norden Rußlands. Die daselbst liegenden 
großen EiSmassen deS DwinagebieteS, welche fast ein Achtel 
deS Flächenraumes^ von ganz Europa einnehmen, und mit dem 
Frühlingsbeginne den Strahlen der Sonne weichen, binden im 
Aufthauen so viel Wärme, daß die Atmosphäre bis zum Eis- 
Punkt erkältet wird. Ein scharfer Nordostwind bringt unS bin 
nen wenigen Tagen die erkältete Luftmasse auS dem hohK 
Norden und das Resultat dieses großen Naturereignisses, : wel 
ches alle Jahre spater öder früher je nach dem Frühlings 
beginne wiederkehrt, aber"'yicht immer in gleichem Maße nach- 
thetiig für südltchere Gegeiiden wird, ist, daß öfters die. Vege 
tation unter SpWösten' leidet. Nach dieser Erklärung Jß 
folgerichtig der Äalteruckfchlag um so größer, je größer hf 
vochuSgegüngene Wärme war, und naturgemäß um fo empfind, 
liMr, je später der Kalterückschlag eintritt. Haben wir, 
dies oft der Fall ist, schon im Monate Marz warme Früh- 
littgstage, so erfolgt der Rückschlag im April, waS jedoch De- 
niger zu bedeuten hat, weil in dieser Zeit erstens die LegetSf 
tion noch zurück ist^ und weil ferner der Kälterückschlag n/cht 
so groß ist, indem die vorausgegangene Wärme auch njcht so 
hoch war. In unserem Male erleiden natürlicher Weise deA 
artige Natürvorgänge sehr oft durch.. das "wH'lDtige^.WßrM 
fen des Föhnwindes große Veränderungen, die uns jedvH ge 
wöhnlich nur von Nutzen sind. Zu einem guten Frühjahre 
gehört daher bei uns durchgängig eine stets vorherrschende 
Föhnströmung, die die kalten nordischen Lüfte zurückjagt. 
Zum Schlüsse unserer versuchten „Frostbegründung" wolley 
wir unsern Lesern einige interessante Notizen über die Wuche 
rung der Weinberge mittheilen. Es sind dies folgende Stel/- 
len auS dem Vortrage von Herrn Schante, den derselbe nach 
dem Berichte des „Elsäßer JournaleS" in der „niederrhein^ 
schen Gesellschaft sür Wissenschaften, Künste und Lanvwirth- 
schaft" gehalten hat: 
Zuerst ein Wort über daS Prinzip. Denn wenn auch der 
von Natur mißtrauische Bauer sich mit praktischen Mitteln 
begnügt, so verlangt doch der gebildetere Landwirth auch theo- 
retische Proben. Am Tage empfängt die Erde vurch die Son 
nenstrahlen mehr Wärme als sie ausströmt, also nimmt sie aü 
Wärme zu. NachtS geschieht daS Gegen theil: Die von der 
Erde ausgeströmte Wärme wird alsdann nicht mehr kompenfirit 
und ihre Temperatur sinkt um so tiefer, je klarer der Nacht- 
Himmel ist Denn die Wolken bilden bei bedecktem Himmel 
eben so viele Refraktoren (Strahlenbrecher), welche die von der 
Erde ausstrahlende Wärme wieder zurücksenden, weßhalb die 
Temperatur, nicht so sehr sinkt. Dieser nächtlichen Strahlung 
ist der Thau zuzuschreiben. Die Lust enthält immer mehr oder 
weniger Wassertheilchen und wird kälter bei der Berührung 
eines Körpers, der kälter ist als sie. AlSdayn setzt sich ein 
Theil deS in ihr enthaltenen WasserdunsteS in Form von 
Tröpfchen an dem kälteren Körper an, gerade wie eine mit 
kaltem Wasser gefüllte Flasche im warmen Zimmer „anlaust", 
daS heißt feine Wassertröpfchen auS der Luft ansetzt. Der 
Reif ist nun nichts anderes als gefrorener Thau und tritt ein, 
wenn in der Nacht die Temperatur kalter ist als gewöhnlich.
	        

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