Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

nahmen die Carlisten noch einmal Stellung vor Bilbao, in- 
dessen fte das Bombardement der Stadt heftig fortsetzten, allein 
das Vordringen Concha'S in ihre neue linke Flanke ließ ihnen 
auch hier keine Ruhe, so daß sich Elio mit seinen Schaaren 
östlich hinter Bilbao zurückzog. Am 2. Mai Abends rückten 
Truppen von Concha'S Corps in Bilbao ein, vielleicht Concha 
mit ihnen, und am 3. Mai zeigte sich Serrano der jubelnden 
Bevölkerung des befreiten Platzes. 
Der Einzug der Truppen in Bilbao, schreibt der Berichtet- 
statter der „TimeS", war ein schönes Schauspiel. Die Ein- 
wohner waren in Festkleidern auf der Straße, um ihren Be- 
freiem einen enthusiastischen Willkomm zu bereiten. Freuden- 
schüsse, Glockengeläute, Flaggen von allen Farben; die Balkone 
drapirt mit Teppichen und reichen Stoffen; selbst daS ärmere 
Volk hatte seine Wohnungen auf allerlei Art geschmückt, um 
dem frohen Tage Ehre zu machen. General Concha, der Bür- 
germeister und der Gemeinderath nahmen Stellung vor dem 
Theater, um die Truppen defiliren zu sehen, was unter lauten 
VivatS und Hütefchwenken geschah; die Damen auf den Bal- 
fönen schwenkten ihre Tücher und warfen Blumen und Kränze; 
auch Cigarren und Cigarretten wurden den Soldaten zuge- 
worfen. Die Truppen marschirten in guter Haltung, zwar 
sehr staubig und abgetragen, aber von trefflichem Aussehen, 
wenn man bedenkt, was sie in den letzten Tagen fechtend und 
marschirend bei sehr dürftiger Verpflegung ausgestanden haben. 
Die Carab'mierS und Gendarmen, schöne Soldaten, welche 
trefflichen Dienst geleistet haben, wurden besonders lebhaft ap- 
plaudirt. Die Truppen antworteten auf den Ruf Viva Eon- 
cha! mit Viva Bilbao! Politische Rufe wurden wenig gehört. 
AbendS war die Stadt illuminirt und auf den bis zu spater 
Stunde mit lustigen Leuten gefüllten Platzen wurde gesungen, 
getanzt und gejubelt. Manche Einwohner sehen blaß und 
ausgehungert aus, aber die Mehrzahl hat weniger gelitten, als 
man erwarten sollte, da die Roth wirklich groß gewesen ist. 
Manche haben durch Mangel an Luft und Licht gelitten, die 
Nahrung war auch dürftig und schlecht; in den letzten fünf 
Tagen fehlte daS Brod und mußte durch Bohnen und Mais- 
kuchen ersetzt werden. ES heißt, man habe auch Katzen und 
Ratten gegessen. Pferdefleisch kostete Fr. 4 80 und Kalbfleisch 
Fr. 9. 60 daS Pfund, ein Ei 12 CtS, ein Kohlkopf 36 Cts. 
ES war nur wenig Wein vorhanden und von schlechter Quali. 
tät. Die Einwohner verdienen daS höchste Lob für ihre AuS- 
dauer; sie sagen, sie wären bereit gewesen, noch einen ganzen 
Monat auszuhallen. ES find nicht viele Leben verloren, we- 
Niger als dreißig; man hatte gute Vorkehrungen getroffen, Thu 
rm und Fenster mit Sandsäcken und Brettern verschlossen und 
Wächter aus die Thürme gestellt, welche mit Hornsignalen 
warnten, wann die Batterien zu feuern begannen. Die Zer- 
störung an Eigenthum ist jedoch schrecklich, beinahe kein HauS 
ist unbeschädigt geblieben und viele sind im Innern ganz de- 
molirt In ein HauS sind 42 Bomben gefallen, in ein an- 
dereS 25; eS ist beinahe keine Fensterscheibe ganz geblieben. 
Die Carlisten bombardirten 39 Tage lang und haben an 6000 
Bomben in die Stadt geworfen, runde Bomben von altmodi- 
scher Art. Zu der Zerstörung durch das Bombardement kommt 
noch der Brand mehrerer Häuser, welche von einer Anzahl der 
Freiwilligen von Bilbao angezündet wurden, weil ihre Be- 
wohner mit den Carlisten sympathisirt hatten. Drei Brücken 
in der Stadt sind zerstört. Die Carlisten haben das Vom- 
bardement bis zum 1. Mai AbendS 10 Uhr fortgesetzt, ver- 
muthlich um..ihren Rückzug zu decken; sie haben drei Verna- 
gelte Kanonen zurückgelassen. Wie eS heißt, ist ihr Rückzug so 
eilig gewesen, weil vier ihrer Bataillone nicht mehr fechten 
wollten. 
Verschiedenes. 
* Kaffe. Die „Tribüne" von Bordeaux erhält eine Nach 
richt, die den Kaffehandel lebhaft interessiren wird. In Folge 
des vermehrten Konsums deS letzten JahreS hatte die Spe/u. 
lation geglaubt, auch dieses Jahr auf den gleichen Verkauf 
zählen zu können und die Stocks in Antwerpen, London und 
Havre waren konsequenterweise beträchtlich vermehrt worden. 
Unglücklicherweise haben sich für die Spekulanten diese Hoff- 
nungen nicht realisirt. Man erwartet somit große PreiSab- 
schlüge auf den Kaffe und diese den Konsumenten allerdings 
glückliche Thatsache droht den bedeutendsten Häusern Frank- 
reichS und Belgiens große Nachtheile zu bringen. Der Stock 
Kaffee, der zum Verkauf disponibel steht, ist so bedeutend, daß 
die Preise im Verhältnisse von 30 Prozent fallen werden. 
* Heirath auf einem Eisenbahn zu ge. Der Pitts- 
bürg Commercial vom Mittwoch erwähnt eines allerdings un- 
gewöhnlichen Vorfalles, welcher sich auf einem nach Osten 
gehenden Passagierzuge der Cleveland- und PittSburgeisenbahn 
ereignete. Unter den Passagieren desselben befand sich Rev. 
T. I. Kennedy, Priester der Presbyterianerkirche von Stenden- 
ville, welchen der Kondukteur ansprach und ihm mittheilte, daß 
Passagiere, welche sich in dem letzten Waggon befänden, ihn 
zu sprechen wünschten. Als der Priester dem Kondukteur nach 
dem letzten Waggon folgte, fand er in demselben einen unter- 
nehmend aussehenden jungen Mann und eine zarte, verschämt 
zu Boden blickende Dame. Der unternehmende Jüngling er- 
öffnete dem Priester, daß er den Wunsch hege, mit der an 
seiner Seite sitzenden Dame an Ort und Stelle getraut zu 
werden, und Seine Ehrwürden erklärte sich bereit, die heilige 
Handlung vorzunehmen, falls keine gesetzlichen Ehehindernisse 
obwalten. Nachdem die entsprechende Versicherung ertheilt war, 
fand denn die feierliche Handlung im Beisein deS Kondukteurs 
und anderer Passagiere als TrauungSzeugen in der Mitte der 
Strecke zwischen Beaver und Rochester statt und lief somit daS 
glückliche Paar mit einer Schnelligkeit von 30 Meilen per 
Stunde in den Ehestand ein. 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: Dr. Rudolf Schädler. 
Kornpreise vom Fruchtmarkt in Bregenz vom 8. Mai. 
Der halbe Metzen 
beste 
mittlere 
geringe 
fl 
kr. 
fl. 
kr. 
fl 
kr. 
Korn 
4 
50 
4 
25 
4 
. 
Roggen .... 
3 
50 
3 
25 
3 

Gerste 
3 
20 
3 
10 
2 
80 
Türken .... 
2 
80 
1 
50 
2 
20 
Hafer ..... 
1 
85 
2 
75 
1 
70 
Thermometerstand nach Reaumur in Vaduz. 
Monat 
Morgens 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witterung. 
Mai 
6 
4 
+ 10 
+ 9 
halbhell; Nwd. 
v 
7. 
+ 53/l 
+13 
+ 9 Vi 
bedeckt 
tr 
8. 
+ 8 
+ 9 
+ 53/ 4 
trüb; etw. Rg. 
ff 
9. 
+ 5 
+10 
+ 8 
halb hell 
tr 
10. 
+ 3% 
+ 6 
+ 4 
trüb; Rg.i.B.Sch 
ir 
11. 
+ 4 
+ 5 
+ 3% 
trüb; Reg. 
u 
12. 
+ 3 1 /2 
+ 8 
+ 5% 
n n 
Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
13. Mai Silber 106.— 
20-Frankenstücke 8.96 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

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