Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

und Knospen der Reben furchtbar gelitten, ebenso die Nuß- 
bäume. Ueber den Stand läßt sich noch nichts genaueres an- 
geben. Eine allgemeine Bestürzung hat sich nach dem Ein- 
treffen dieser Hiobspost der Leute bemächtigt, und selbst in den 
TheiUn deS Landes die von diesem Schaden verschont blieben 
wird dieser Witterungsbericht wie eine Trauerkunde aufgenom» 
men werden. Daß eine Mißernte selbst einen empfindlichen 
Verlust für die österreichische Industrie, die in Ungarn ein be. 
deutendes Absatzgebiet hat, bezeichnen würde, ist klar. Uebri- 
genS kommen nachträglich auch noch telegrafische Meldungen 
über Schneefall und Hagel aus Linz, dem südlichen Böhmen 
und der Bukowina, wo der Ausfall der Ernte freilich nicht 
wie in Ungarn fast als eine Lebensfrage bezeichnet werden 
kann. 
In Deutschland hatten schon einige Tage vor den Frost- 
nächten an mehreren Orten, besonders in der Umgebung von 
Fulda, schwere Gewitter bedeutenden Schaden angerichtet. Hef- 
tige Hagelschauer prasselten nieder und ein Wolkenbruch, welcher 
eine Stunde vor Fulda niederging, wälzte seine verheerende 
Fluth, Alles vernichtend und starke Mauern zusammenreißend, 
biö vor das Weichbild der Stadt selbst. 
AuS Frankreich fehlen bis jetzt noch genauere Berichte. Je- 
doch diene zur Notiz, daß mehrere dortige Astronomen schon 
Anfangs April die Nacht vom 2. auf den 3. Mai als eine 
sehr gefährliche vorhersagten. 
Eschen, den 4. Mai. (Eingesendet.) Der gestrige Reifen 
schadete bei weitem stärker als der vorherige. Jedoch soll er 
in Gamprin und Ruggell noch schärfer gewesen sein. Am 
empfindlichsten verheerte derselbe die tiefer gelegenen wärmeren 
Lagen in den Reben, weil da mehr Windstille herrschte, folg- 
lich der Reifen stärker ansetzte, während im Gegentheile die 
auch rauhen Lüften ausgesetzten Lagen mehr trocken erhalten 
wurden und nicht so sehr litten. Zn erster» mag %, in 
letztern noch % gesunde Triebe vorhanden sein. Jndeß bleibt 
noch die Hoffnung auf einen schönen Nachtrieb, indem die qn 
den Rebstöcken ganz untersten Triebe noch sehr unvollkommen 
entwickelt resp. in der Wolle versteckt waren und sich muth- 
maßlich mit etwas mehr Kraft entfalten werden. Frühapfel- 
bäume sind arg beschädigt, jedoch nicht ohne alle Hoffnung auf 
einigen Ertrag, weil die Blüthenfüll'e völlig plump über ein- 
ander hing und sich daher hie und da einigen Schutz gab. 
Birnbäume sind noch in sehr gutem Zustande zu nennen. 
Vaduz, 4. Mai, Seine Durchlaucht haben höchst sich 
bewogen gefunden, dem wegen Verbrechens des TodschlagS zu 
schwerem Kerker in der Dauer von zwei Jahren verurtheilten 
Alex Thöni von Eschen, den Rest seiner Strafzeit allergnädigst 
nachzulassen. 
Baduz, 4. Mai. Seine Durchlaucht haben den Zusam 
mentritt des diesjährigen Landtages auf den 19. d. MtS. an 
beraumt. 
Baduz, 4. Mai. Wie wir vernehmen, hat das Schaaner 
HülfSkomite die jüngst durch Brandschaden betroffenen Brien- 
zer (Kt. Graubünden) und die ebenfalls durch Brandunglück 
geschädigten Lustenauer (in Vorarlberg) durch Geld und Na* 
tural-Leistungen unterstützt. — DaS Schaaner HülfSkomite hat 
durch diesen Akt in einer sehr löblichen und uneigennützigen 
Weise von den für die Schaaner Brandbeschädigten so reichlich 
geflossenen Gaben auch für fremdes Unglück Gebrauch macht. 
Baduz, 5. Mai. Die Feldk. Zeitg. schreibt vom 30. April 
über eine Polarerscheinung in der obern Rheingegend Folgendes: 
Heute hatten wir das in mffern Breitegraden seltene Schau- 
spiel von Nebensonnen. Einige Minuten vor 8 Uhr zeigte sich 
um die Sonne ein leuchtender, innen roth, außen bläulich ge- 
färbter Ring, der von einem wagrechten lichten Streifen, wel 
cher sich weit über den Ring hinaus nach Nordost und Süd- 
West erstreckte, durchschnitten war. An den DurchschnittSstellen 
deS RingeS und des Streifens gewahrte man Heller leuchtende 
S llen, in denen deutlich die Regenbogenfarben zu unterschei- 
den waren und zwar von der Sonnenseite aus zuerst roth, 
dann orange, gelb, grün, blau bis violett. Diese hellen Stel- 
len sind die im hohen Norden häufig gesehenen „Nebensonnen." 
Der obere Rand deS Ringes wurde von zwei Kreisbögen 
von größerm Halbmesser so geschnitten, daß der kleinere Theil 
der Bögen in den Ring hereinragte, während die größern 
Stücke nach links und rechts wie abwärts gebogene Hörner 
weit über den Ring hinaus sich dehnten 
Der Ring selbst hatte einen Durchmesser von etwa 45 
Graben. Das ganze prächtige Phänomen dauerte etwas über 
eine halbe Stunde. Der farbige Sonnenring war noch um 
11 Uhr zu sehen. 
Die Physiker erkären diese Erscheinung durch Brechung deS 
Lichtes in den in der Luft schwebenden EiS-Krystallen. 
Baduz, 5. Mai. Wieder stehen wir bezüglich eines ge 
segneten Wein- und Obstjahres am Grabe unserer Hoffnun- 
gen. Die Nächte vom 28.-29. und 29.-30. April und 
vom 2.—3. Mai haben in progressiver Weise am Weinstock, 
Obstbaum und an andern Pflanzen sehr empfindliche Beschä- 
digungen angerichtet. Selten wohl standen Weinstock und 
Obstbaum in vielversprechenderer Weise als dieseSmal; aber 
der tückische Frost streute sein starreS Gift auf die zarten Triebe 
und Blüthen und die schon angesetzten Früchte und vernichtete 
sie zum weitaus größten Theile. In den höhern Weinberg- 
lagen ist zwar noch Manches gerettet und nicht alle Blüthen 
und jungen Obstfrüchte sind dem Froste zum Opfer gefallen; 
aber vielfach angestellte Untersuchungen führen leider! zu dem 
Resultate, daß wir auch bezüglich deS heurigen ObsterträgnisseS 
unsere Hoffnungen sehr werden herabstimmen müssen. DaS 
traurige Aussehen der Rebstöcke und Obstbäume liefert unS den 
unerfreulichen Beweis, daß die mitten in der stürmischen Saft- 
Periode so plötzlich eingetretene Saftstockung in den LebenSpro- 
zeß dieser Pflanzen schneidend und sehr schädlich eingegriffen, 
und daß nachtheilige Kolgen hievon für die Zukunft nicht auS- 
bleiben werden, wenn auch durch eine günstigere Witterung alS 
die gegenwärtige noch manches Ueble abgewendet würde. 
DaS Abkneipen der erfrorenen Triebe am Weinstocke wird 
von verschiedenen Seiten her als wirksames Mittel empfohlen, 
um die Reserveaugen (unteren, schlafenden Augen) zum raschen 
Austreiben zu bringen und so einen Theil deS angerichteten 
Schadens wieder gut zu machen. H. 
Politische Rundschau. 
Deutschland. Kaum war der deutsche Reichstag zu den 
Thoren Berlins hinausgezogen, so hielt der preußische Landtag 
seinen Einzug in die preußische Hauptstadt. Die EröffnungS- 
sitzung deS Abgeordnetenhauses fand am 27. April statt. — 
Der abberufene deutsche Botschafter in Frankreich, Graf Arnim, 
hat Paris verlassen. Sein Nachfolger im Amte, Fürst Ho- 
henlohe-SchillingSfürst, wird bis Mitte Mai seinen neuen 
Posten antreten. 
AuS München wird vom 24 April geschrieben: Unsere 
Stadt kann endlich als cholerafrei bezeichnet werden; weder in 
den Militär-, noch in den Civil-Spitälern, noch in privatärzt- 
lrcher Praxis befindet sich gegenwärtig ein Cholerakranker in 
Behandlung; der letzte Erkrankungsfall kam am 19. d.M. vor. 
Oesterreich. Das österreichische Abgeordnetenhaus beschäf- 
tigte sich in letzter Woche mit der direkten kirchlichen Vorlage, 
mit dem f. g. Klostergesetz und hat dasselbe mit 3 wesentlichen 
Abänderungen angenommen. Die erste dieser Abänderungen 
(Antrag des Abg. Fux) verlangt, daß für Errichtung eines 
neuen Ordens oder einer neuen OrdenSansiedlung die Zustim- 
mung resp. Bewilligung deS ReichSratheS erforderlich sei, 
während der Regierungsentwurf dafür nur die Genehmigung 
der Regierung verlangte. Nach der zweiten Abänderung (An-
	        

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