Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

in namentlicher Schlußabstimmung mit 214 gegen 123 Stim 
men angenommen. 
In der Sitzung vom 18 April hat der deutsche Reichstag 
in dritter Lesung den Gesetzentwurf über die Abänderung des 
MünzgesetzeS betreffs Fortdauer der österreichischen Thaler ange- 
nommen. 
Erzbischos Graf LedochowSki ist von dem Kirchengerichtshof auf 
Grund deS § 24 des Gesetzes vom 12 Mai 1873 in contu 
maciam zur AmtSentfetzung verurtheilt worden. 
Oesterreich. Der Kampf über die kirchlichen Vorlagen 
im Herrenhause ist zu Ende: die Regierung ist mit einer 
Mehrheit von 44 Stimmen (77 gegen 33 Stimmen) Sieger 
geblieben und die Borlage nach kurzer Specialdebatte in der 
vom Ausschuß vorgeschlagenen Fassung, also mit wenigen und 
unwesentlichen Abänderungen der Beschlüsse des andern Hau- 
seS, angenommen; die Kirchenfürsten hatten unmittelbar nach 
der für den Eintritt in die Specialdebatte und gegen den 
Uebergang zur Tagesordnung entscheidenden Abstimmung am 
Schlüsse der Generaldebatte den Sitzungssaal verlassen. 
Das Abgeordnetenhaus beschloß, den Fux'schen ResolutionS- 
antrag auf den Erlaß eines Gesetzes betreffs Ausschließung 
der Jesuiten und der verwandten OrdenS-Congregationen aus 
Oesterreich nach Begründung seitens deS Antragstellers bei 
NamenSabftimmung mit 149 gegen 21 Stimmen einem Eon- 
fessionsausschuß zuzuweisen. 
Schweiz. Die Volksabstimmung über die Annahme der 
Bundesrevision ergab im Ganzen das Verhältniß von 2 / 3 „Ja" 
gegen % „Nein", im Ständevotum stimmten 14% Kan 
tone für, 7% Kantone gegen die Bundesrevision. Zur 
Vergleichung dlene unfern Lesern folgende Zusammenstellung 
der Volksabstimmung vom 12. Mai 18 7 2. 
Kantone. Angenommen. Verworfen. 
Zürich 49,830 11,463 
Bern 50,730 22,428 
Luzern 9,445 17,911 
Uri 153 4,046 
Schwyz 1,640 8,980 
Ob- und Nidwalden 518 5,008 
Glarus 4,697 1,623 
Zug 1,333 3,234 
Freiburg 5,651 20,680 
Solothurn 9,610 5,966 
Baselstadt 5,419 1,244 
Baselland 8,287 1,618 
Schaffhausen 6,230 435 
Appenzell 4,001 8,921 
St. Gallen 22.534 22,505 
Graubünden 8,390 11,206 
Aargau 24,962 15,289 
Thurgau 17,484 3,467 
Tessin 5,871 6,902 
Waadt 3,318 51,165 
Wallis 3,005 19,494 
Neuenburg 7,960 9,066 
Genf 4,541 7,908 
255,609 260,859 
Frankreich. Ueber den Eindruck, welchen die Militär- 
gesetz-Verhandlungen des deutschen Reichstages in Frankreich 
hervorrufen, schreibt ein Correspondent der A. A. Ztg.: Die 
französischen Blätter stnd wenig erbaut von der Lösung, welche 
die Militärfrage im deutschen Reichstag gefunden. Natürlich, 
sie hatten auf einen Conflict zwischen Regierung und Volks- 
Vertretung gerechnet und klug herausgefühlt, daß ein solcher 
Conflict, der nothwendigerweise die Auflösung deS Reichstags 
zur Folge gehabt hätte, nur zu einer Stärkung der regierungS- 
feindlichen Parteien oder, was gleichbedeutend ist, zu einer 
Schwächung der regierungsfreundlichen Mehrheit geführt hätte. 
Daß man nun in wahrhaft staatsmännischem Verständnisse der 
Lage den Conflict vermieden, und lieber für einige Jahre auf 
ein Recht verzichtet hat, um weit größeres Uebel zu verhüten, 
das wird dem deutschen Liberalismus als Verbrechen auSge- 
legt. Man vergißt dabei, daß auch die großen Parteien 
Frankreichs und Englands in kritischen Lagen genau ebenso 
gehandelt haben und noch handeln, und lieber ein Princip 
aufgeben alS unabsehbaren Schaden stiften. Darin allein liegt 
die praktische und politische Seite der Frage, und bei ruhiger 
Erwägung wird diese Erkenntniß auch den französischen Poll- 
tikern nichr entgehen. Sehr ungehalten ist namentlich der 
„Constitutionnel" über die auf Frankreich bezüglichen Aeuße- 
rungen einiger Redner. Von Marschall Moltke sagt er sehr 
fein: „Der Turenne Preußens setzt den Punkt auf das i, die 
Patronen in die Gewehre;" vergißt aber, daß die Rede Molt- 
ke'S der militärisch-offene Ausdruck deS gegenwärtigen Verhält 
nisses zwischen Deutschland und Frankreich ist, und daß eS 
nicht an unS liegt, wenn dieses Verhältniß kein besseres, kein 
anderes ist. DaS französische Militärgesetz ist weit mehr eine 
Bedrohung für Deutschland, ist eine ungemein drückendere Last 
für das französische Volk, als das deutsche Militärgesetz eine 
Bedrohung für Frankreich und eine Last für das deutsche Volk, 
denn letzteres faßt nur den seit 8 Jahren bestehenden Zustand 
in gesetzliche Formen. Daß aber daS deutsche Gesetz und Mi- 
litärsystem nur für die Defensive berechnet ist, und daß Deutsch- 
land keinen andern Wunsch hat, als seinen jetzigen Besitz zu 
erhalten, darüber sollte man doch jenseits der Vogesen klar 
sein. ES ist daher eine Unwahrheit, wenn man auS dem 
deutschen Militärgesetz eine Bedrohung deS europäischen Frie- 
dens heraus- oder hineinlesen will. Deutschland wird in Zu- 
fünft so wenig den allgemeinen Frieden bedrohen, als eS dieß 
je gethan hat; aber eS wird stark genug fein, jede Friedens- 
störung durch andere zu verhindern. DaS aber kann nur dem- 
jenigen unangenehm sein, der selbst Friedensstörung plant. 
Spanien. Eine angeblich offizielle Depesche aus dem car- 
listischen Lager zu San Pedro de Abanto löst endlich den 
Widerspruch, der in den verschiedenen Meldungen von Unter 
handlungen und von neuen Schlachtvorbereitungen lag. Da- 
nach hatte Serrano wirklich dem Feind eine Uebereinkunft an- 
bieten lassen, er erhielt aber einen Korb und nun wird auf's 
Neue an die Waffen appellirt. 
Die Kanonade gegen den Abanto wird fortwährend schwach 
unterhalten, mehr nur, um dem belagerten Bilbao zu verstehen 
zu geben, daß die Ersatzarmee noch da sei und der vom Ge- 
neral Castillo tapfer behauptete Platz noch hoffen dürfe. Am 
8. waren in den Trancheen von San Pedro schon 50 Ge 
schütze untergebracht und auch die Verstärkungen der Infanterie 
rückten beständig, wenn auch langsam heran. Nach frühern 
Angaben sollte der neue ernstliche Angriff auf die Stellungen 
der Carlisten heute (Montag) beginnen; wir wollen gewärtigen, 
ob unS diese Woche von neuen Schlachten meldet. 
Der Kriegsverwaltung in Madrid wird nachgerühmt, ste 
entwickle eine sehr anerkennenSwerthe Thätigkeit. Sie hebt 
überall junge Soldaten aus und sendet sie nicht nur dem 
Hauptheer am Somorrostro, sondern auch den Befehlshaber 
in den übrigen Provinzen, wo carlistische Banden die Gegend 
unsicher machen. So ist eS dem General Weyler in Valencia 
und dem General Serrano-Bedoya in Catalonien möglich ge- 
worden, die Operationen im freien Feld wieder aufzunehmen 
und verschiedene Banden zu Paaren zu treiben. Ebenso wird 
in Miranda (es ist vermutlich die am obern Ebro liegende 
Stadt dieses Namens gemeint) eine neue Arme formirt. 
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