Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

könnte einen Milchaufschlag eintreten zu lassen. Sollte vor' 
stehende Berechnung aber auf unrichtigen Annahmen beruhen, 
so wäre eS uns sehr willkommen eine Widerlegung. — all- 
fällig mit zu Grundelegung deS Rechnungsergebnisses der hier- 
ortigen GesellschastSsennerei — hier veröffentlicht zu finden. 
Hn. 
Politische Rundschau. 
Deutschland. Der deutsche Reichstag beschäftigt sich ge- 
gegenwärtig mit der Berathung deS ReichSpreßgesetzeS. - Im 
Befinden deS Reichskanzlers soll eine fortschreitende Besserung 
sich einstellen, so daß man in den Regierungskreisen sich der 
Hoffnung hingibt, derselbe könne bei den baldigen sehr wichti- 
gen Berathungen des Reichstages über das Militärgesetz per- 
sönlichen Antheil nehmen. 
Oesterreich. DaS österr. Abgeordnetenhaus hat in dritter 
Lesung daS Gesetz über Regelung der Beziehungen zwischen 
Kirche u. Staat angenommen, somit bedarf daS genannte Ge 
setz noch der Zustimmung des Herrenhauses, welches die bezüg 
lichen Berathungen bereits begonnen hat Anläßlich derselben 
haben die dem Herrenhause angehörenden Bischöfe Oesterreichs 
folgende Zuschrift erlassen: „Die dem Herrenhause angehören- 
den Bischöfe erkennen das volle Gewicht der ihnen auferlegten 
Pflichten gegenüber dem Kaiser, dem Vaterlande, und sie wer- 
den jede Gelegenheit ergreifen, ihre Aufgabe gegen den Thron 
und daS Vaterland im vollsten Maße zu erfüllen. Vorzugs- 
weise aber erachten sie eS für ihre Pflicht, die Rechte der Kirche 
und Religion in dieser hohen Versammlung zu vertreten. Auf 
der Tagesordnung steht heute die erste Lesung eines Gesetzent 
wurfs, durch welchen eine hochwichtige kirchliche Angelegenheit 
berührt wird, nämlich das Gesetz betreffend die Regelung der 
äußern Rechtsverhältnisse der katholischen Kirche. Die Allerh. 
Entschließung vom 30. Juli 1870 hat ihn veranlaßt. Der 
erste Paragraph desselben bezweckt die Aufhebung mehrerer, im 
Patent vom 5. November 18ti5 (Eoncordat) noch in Kraft be- 
stehender Bestimmungen. Die d.em Herrenhause angehörenden 
Bischöfe haben bereits in der Sitzung vom 23. März 1868 
ihre Ueberzeugung dahin ausgesprochen, der ReichSrath habe 
bei seiner verfassungsmäßigen Theilnahme an der Gesetzgebung 
die Verbindlichkeiten zu achten, auf denen von der StaatSge- 
walt eingegangene Verpflichtungen beruhen. ES ist dem Reichs- 
rathe rechtlich unmöglich, daS zwischen Sr. Majestät dem Kai« 
ser und dem päpstlichen Stuhle geschlossene Uebereinkommen 
als nicht bestehend zu betrachten. Im vollsten Einklänge mit 
der bereits ausgesprochenen Darlegung erklaren die dem hohen 
Hause angehörenden Bischöfe, den Verhandlungen über das 
vorliegende Gesetz so lange beizuwohnen, bis etwa die Stim- 
menmehrheit des HauseS, die begründeten Forderungen der 
Gerechtigkeit überhörend, sich dahin entschieden haben wird, in 
die Spezialberathung einzutreten." Unterzeichnet ist das Akten 
stück von Schwarzenberg, Rauscher, Tarnoczy, Fürstenberg, Si- 
monowicz, Wierzchleyski, MaupaS, Sembratowicz, Förster, Vin 
zenz (Gasser), Wiery, Stepischnegg, Zwerger. Trotzdem hat das 
Herrenhaus die konfessionellen Gesetze einer Kommission von 21 
Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen. 
Auö Ungarn kommt die Nachricht, daß das neue Ministe- 
num sich gebildet hat. Präsident ist Bitto, Finanzminister ^hi- 
czy, Handelsminister Bartal, Minister deS Innern Szapary, 
Minister am Hoflager Wenckheim, EommunicationSminister Zi- 
chy,. Unterrichtsminister Pauler, Honved-Minister Szende, kro 
atischer Minister Pejaesevich. Morgen findet die Eidesleistung 
der neueingetretenen Kchinetsmitglieder statt. Der Reichstag 
soll auf kurze Zeit vertagt werden. . 
In Frankreich bilden das TageSinteresse die Mittheilungen 
über die Feierlichkeiten, welche am 16, März bei Gelegenheit 
der Volljährigkeitserreichung deS kaiserlichen Prinzen in Chisel- 
hurst (England) sich vollzogen hüben. Chiselhurst, so berichtet 
ein Korrespondent der A. A. Ztg. vom 17. März, war gestern 
daS Reiseziel Tausender von Franzosen, die in den letzten Tagen 
über den Kanal gekommen waren, um dem Repräsentanten der 
Napoleonischen Dynastie ihre Huldigung an dem Tage zu be- 
zeugen, an welchem er gesetzlich seine Mündigkeit erlangt. BiS 
Mittags verließen Zug auf Zug in rascher Aufeinanderfolge 
die Londoner Stationen, und jeder nahm Hunderte festlich ge- 
kleideter Franzosen und Französinnen nach dem nahe gelegenen, 
durch den Aufenthalt der kaiserlichen Familie berühmt gewordenen 
Dörfchen. Dort flatterten von Camden House zwei französische 
Flaggen, und in dem Hause waren zu verhältnißmäßig früher 
Stunde Mitglieder der Familie Bonaparte und Würdenträger 
deS zusammengebrochenen zweiten Kaiserreichs zum Frühstück 
bei der Kaiserin und dem kaiserlichen Prinzen versammelt. Die 
Feierlichkeiten begannen mit einem Gottesdienst in der katholischen 
Kapelle, wohin die Kaiserin, der junge Prinz, die Prinzen LouiS 
und Luzian Murat in einer offenen Equipage, gefolgt von zwei 
andern Kutschen sich um elf Uhr begaben. Da nur wenige 
Personen in dem sehr kleinen Gotteshaus Unterkommen finden 
konnten, erhielten nur die angesehensten und hervorragendsten 
Gäste Eintrittskarten. Eine stille Messe wurde zelebrirt, worauf 
der Geistliche eine Rede hielt, in welcher er den Tugenden und 
namentlich den christlichen Eigenschaften deS in der Todtenkapelle 
nebenan schlummernden Kaisers volles Lob spendete. Am 
Schlüsse wandte er sich zur Kaiserin, der er ebenfalls einige 
Schmeicheleien sagte, worauf ein großer Theil der Anwesenden 
sich in die anstoßende Kapelle begab, um den von der Königin 
Viktoria geschenkten Sarkophag deS Kaisers in Augenschein zu 
nehmen und daS Andenken deS Kaisers zu ehren. Nach dem 
Gottesdienst wurden die Thore.von Camden House geöffnet und 
an 6000 Personen versammelten sich hierauf auf dem freien 
Platz um den für den heutigen Tag eigenS errichteten Pavillon. 
Als auf der Tribüne in demselben die Kaiserin und der kaiser- 
liche Prinz Platz genommen hatten, trat der Herzog de Padoue 
vor und laS mit lauter Stimme eine Adresse an den Prinzen vor. 
Hierauf erwiderte der Prinz Folgendes: „Meine Herren! 
Indem Sie sich hier versammeln, haben Sie einem Gefühle der 
Dankbarkeit an daS Andenken deS Kaisers Ausdruck gegeben 
und dafür danke ich Ihnen zunächst. DaS öffentliche Bewußt- 
ftin hat diese große Erinnerung von den Verleumdungen rein 
gewaschen und sieht den Kaiser in seinen wahren Zügen. Sie, 
die aus verschiedenen Theilen des Landes herbeigeeilt sind, Sie 
können Zeugniß davon ablegen, daß seine Regierung nur eine 
beständige Sorge für daS Wohl Aller war. Sein letzter Tag 
auf französischer Erde war ein Tag deS HeldenthumS und der 
Aufopferung. Ihre Gegenwart in meiner Nähe, die zahlreichen 
Adressen, die mir zugekommen sind, beweisen mir, wie sehr 
Frankreich über seine künftigen Geschicke beunruhigt ist: die 
Ordnung wird beschützt durch den Degen deS Herzogs v. Ma- 
genta, einem alten Genossen deS Ruhmes und der Unglücks- 
fälle meines VaterS. Seine Loyalität ist uns eine sichere Bürg- 
schast, daß er daS erhaltene Pfand nicht den Überrumpelungen 
der Parteien überlassen wird. Aber die materielle Ordnung ist 
nicht die Sicherheit. Die Zukunft bleibt unbekannt, die In- 
teressen sind dadurch beunruhigt, die Leidenschaften können sie 
mißbrauchen. Daraus ist das Gefühl entstanden, dessen Wider- 
hall Sie mir hinterbringen, daS Gefühl, welches die Meinung 
mit unwiderstehlicher Gewalt mit fortreißt, sich nach einer di- 
rekten Hilfe für die Nation umzusehen und die Fundamente 
einer definitiven Regierung zu legen. DaS Plebiszit ist daS 
Heil, daS ist daS Recht und die der öffentlichen Gewalt zurück 
gegebene Macht, die Aera der langjährigen Sicherheit, welche 
sich dem Lande erschließt; eS wird eine große nationale Partei 
werden, ohne Sieger oder Besiegte, welche über Allen steht, 
um sie zu versöhnen. Wird Frankreich, wenn eS frei befragt 
wird, feine Augen auf den Sohn Napoleons III. werfen? CS
	        

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