Neuerung einer abenteuerlichen Politik einmüthig entgegenzu-
treten, angesichts einer Finanzlage, die dringend Schonung und
Sparsamkeit gebietet, sein Kriegsbudget um 26*4 Millionen
erhöht. Namentlich muß es auffallen, daß die Mitglieder Der
Nationalversammlung in ihren Bewilligungen die Anforderungen
der Regierung fast noch überbieten; daß der Finanzminister
dringend bitten muß, das Gleichgewicht des Budgets nicht zu
gefähroen, ja daß der Kriegsminister selbst sich gegen die Auf-
nöthigung von Krediten wehren muß, für die er gar keine Ver-
Wendung hat. Vergeblich sucht man in der Geschichte aller
Parlamente nach einem PracedenS für diesen allem konstituti-
onellen Herkommen zuwiderlaufenden Eifer, Geld für Armee-
zwecke zu bewilligen, welches die Armee nicht einmal brauchen
kann; Geld, welches keineswegs überflüssig vorhanden ist,
sondern durch allerlei Steuerzuschläge und Creirung neuer Steu-
ern beschafft werden muß."
Ein Korrespondent der „Köln. Ztg." berichtet aus Paris
folgende sonderbare Erzählung, welche nicht in die
großen Blätter gedrungen ist. Der Herzog Audiffret-Pasquier
befand sich in der vorigen Woche mit drei andern Führern deS
rechten CentrumS in einem Coupe des Verfailler ZugeS. Ein
fünfter Fahrgast stand am Fenster. Die vier Herren unterhiel-
ten sich lebhaft^ über auswärtige Politik, namentlich Italien
gegenüber, und der Herzog Audiffret resümirte seine Aussicht
schließlich dahin, daß binnen zwei Jahren der Krieg zwischen
Frankreich und Italien unvermeidlich fei. Die Anderen stimm«
ten mit diesem Urtheil überein; der unfreiwillige Zuhörer aber
war — der italienische Geschäftsträger. Der Vertreter Jtali-
enS habe in Folge dessen eine Besprechung mit dem französischen
Minister deS Aeußern gehabt.
Bazaine hat am ersten Weihnachtsfeiertage, um 4 Uhr Nach
mittags, Trianon verlassen. Ein Wagen führte ihn nach Ville-
Neuve-Saint-Georges, der ersten Station der Lyon-Bahn wo
der gewöhnliche Marseiller Schnellzug des Abends den Gefan
genen aufnahm. Ex wird heute Nachmittags gegen 5 Uhr
in Antibes eintreffen und dort ein Dampfschiff besteigen, daS
ihn in einer halben Stunde nach der St. MargarethM'Jnfel
bringen wird. In der Begleitung des ExmarschallS befanden
sich sein ältestes Söhnchen, seine beiden Neffen, die noch immer
der Armee angehören, und der Oberst Villette. Die EScorte
deS Staatsgefangenen ist keine besonders starke; sie wird von
einem Gendarmerieoberst befehligt. Auch ein Direktor der Ab-
theilung für Gefangenanstalten im Ministerium deS Innern,
welcher die Jnstallirung BazaineS in dem Fort der Insel über-
wachen soll, befindet, stch bei dem Zuge.
Italien. Der Papst hat im geheimen Konsistorium vom
22. d. folgende Kardinäle ernannt: der Patriarch von Lissabon,
NuScimento, die Erzbischöfe von Paris, Guibert, von Eam-
bray, Regnier, von Gran, Simor, von Salzburg, Tarnoczy,
von Valenzia, Bardo, die Nuntien Chigi, Falcinelli, Franchi,
Oreglia, der Pater Tarquini (Jesuit) und der Pater Marti-
nelli (Augustiner.)
Spanien. Die „A. A. Ztg " schreibt über MorioneS:
Der SiegeSzug des Generals MorioneS hat ein rasches Ende
gefunden. Nachdem er durch glückliches Zusammenwirken mit
dem von San Sebastian her operirenden General Loma in
einem dreitägigen Gefecht bei Belabieta die Karlisten vor To-
losa geschlagen, gelang eS ihm am 9. der schwer bedrängten
Stadt Lebensmittel zuzuführen, aber einen entscheidenden Sieg
über die Karlisten konnte er sich nicht zuschreiben. Er hatte nicht
einmal gewagt, sein Hauptquartier nach Tolosa zu verlegen,
sondern blieb mit seinen Truppen in Andoain, erst am 16. d.
machte er in Begleitung deS Generals Loma, der Stadt einen
kurzen Besuche Die Karlisten blieben fortwährend im Besitze
der benachbarten Höhen, ihre Vorposten standen bis dicht vor
den Thoren von Tolosa, und häusig schlugen ihre Kugeln selbst
auf der Brücke von Navarra unmittelbar vor Tolosa ein; ihre
Hauptmacht aber, General Elio mit 14,000 Many, stand
nur zwei Kilometer weit entfernt im Süden der Stadt, so daß
man beständig ihre Lager sehen konnte.
Auch Lizarraga und Radiea sollen mit ihren Truppen bei
Elio gestanden sein. So blieben die Dinge mehrere Tage.
Am 20., nachdem die Verproviantirung von Tolosa vollendet
war, brachen MorioneS und Loma mit ihren 15,000 Mann
aus der Umgegend von Tolosa auf, um der Küste entlang nach
Vizcaya (Hauptstadt Bilbao) zu ziehen. MorioneS zog in
dem engen Thal der Oria, und vermuthlich sind die Carlisten,
die in überlegener Zahl unter der trefflichen Führung deS Ge-
neralS Elio südlich von Tolosa standen und im Besitze der
Höhen waren, ihm seitwärts gefolgt, und haben, da sie den
kürzeren Weg hatten, ihm bei San Sebastian jeden AuSweg
nach Westen verlegt, so daß ihm nichts übrig blieb, alS in
San Sebastian sich einzuschiffen.
Asten. Vom Kriegsschauplätze der holländischen Expedition
gegen den Sultan von Atschin in Asien meldet eine Regierungs-
depesche aus Penang, daß die holländischen Truppen im Be-
sitze deS Atschin-Flusses sind, und die auf beiden Ufern ge-
legenen Festungswerke Tanj Kökali's mit geringen Verlusten
erreicht haben; der Feind scheine durch die erlittenen Nieder-
lagen und die Beschießung mit schwerem Marinegeschütz ent-
muthigt. Van Swieten sei bestrebt, Verhandlungen mit dem
Sultan von. Atschin anzuknüpfen, der zur Uebergabe geneigt
scheine. Die Vorbereitungen zur Operation gegen den Kraton
(Residenz deS Sultans) werden gleichwohl fortgesetzt. DaS.
Wetter ist günstig und der Gesundheitszustand hat sich gebessert.
Noch neueren Nachrichten auS Penang zufolge halten die
holländischen Marinetruppen mit schwerem Geschütz den Kraton
deS Sultans von Atschin eingeschlossen. Van Swieten for-
derte nochmals die bedingungslose Uebergabe.
Verschiedenes.
* In Eschenbach (Luzern) wollte ein Bäckergeselle Krähen
schießen Da kommt eine 60jahrige Frau um die HauSecke
herum und läuft ihm in den Schuß. Mit einem lauten Schrei
fällt sie zu Boden, steht aber wieder auf mit den Worten: „Ei,
wie bin ich auch erschrocken!" Da taumelt sie abermals und
fällt, um nicht wieder aufzustehen. Der Schuß hatte sie tödt-
lich in die Schläfe getroffen.
Feuilleton.
Flotte Bursche.
' Humoreske von Felix Lilla.
(Fortsetzung.)
„Wie können Sie mich mit einer Stecknadel vergleichen?"
fragte Kalmäuser würdevoll entrüstet. „Legen Sie überhaupt so
viel Werth auf eine Stecknadel, daß Sie sechs Wochen nach einer
solchen suchen können? O, Sie müssen sehr viel Zeit übrig ha-
ben, mein Herr, und sie muß Ihnen nicht kostbar sein. Unsere
aber ist sehr kostbar!"
„Ich bitte um Vergebung, wenn ich mich schlecht ausgedrückt,"
stammelte Herr Hillbrecht verwirrt. „Aber wirklich ! ich habe Sie
gesucht wie — wie — wie —"
„Genug! Sie haben mich also gesucht und nun gefunden.
Was wünschen Sie von mir?"
„Auf der Auktion über den Nachlaß der seligen Sarah Op*
penheimer haben Sie einen ausgestopften Mops gekaust, nicht
wahr, mein Herr? O, ich erinnere mich genau! Sie haben
ihn gekauft!"
„Ich erinnere mich auch genau. Ich habe ihn in der That
gekauft."