Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

Liechtensteinische 
Aweiter Jahrgang 
Vaduz, Freitag 
Xr. 7. 
den 13. Februar 1874 
Die liechtensteinische Wochenzeitung erscheint jeden Freitag. Sie kostet für das Inland ^ganzjährig 2 fl., halbjährig l fl. sammt 
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Redaktion in Vaduz oder bei den betreffenden Postämtern. — EinrückungSgebühr für die zgespaltene Zeile 5 kr. — Briefe und Gelder 
werden franca erbeten an die Redaktion in Vaduz. 
0G* Wir ersuchen, die noch rückständigen Abon 
nementsbeträge für das erste Halbjahr 1874 recht 
bald an die betreffenden Briefboten zu entrichten. 
Die Silberentwerthung und MMzkrifis. 
In der „Handelsbeilage" der Allg. Zeitung vom 6. Februar 
lesen wir nachstehendes Münzverbot für Deutschland, 
welches für Liechtenstein beherzigenSwerth genug erscheint und 
UNS veranlaßt? einige Betrachtungen über »die Silberent- 
werthung und Münzkrifis" hier folgen zu lassen. DaS 
Münzverbot lautet: Auf Grund deS Art. 13 des Münz- 
gesetzeS vom 9. Juli <873 hat der BundeSrath die Bestim 
mung getroffen, daß die österreichischen und ungarischen Ein- 
und Zweigulden stücke, sowie die niederländischen Ein- und 
Zweieinhalb-Guldenstücke fortan in Zahlung weder gegeben 
noch genommen werden dürfen. Die betreffende vom 22 Ja- 
nuar datirte Verordnung ist vor einigen Tagen im „ReichSan- 
zeiger" veröffentlicht worden. Wir erinnern daran, daß nsch 
dem citirten Art. 13 deS MünzgesetzeS „gewohnheitsmäßige 
oder gewerbsmäßige Zuwiderhandlungen" gegen jene völn 
BundeSrath getroffene Anordnung mit Geldstrafe bis zu 150 
Mark oder mit Haft bis zu sechs Wochen zu bestrafen sind. 
Von jeher wurde dem Golde und Silber von allen Völkern 
der Erde ein hoher Werth beigefegt, ihr angenehmes Äeußere, 
ihr blendender Glanz und die verhältnißmäßige Seltenheit hat- 
ten zur Folge, daß man sie sehr zeitig als bequemes Tausch- 
mittel benutzte; man wog sich dieselben Anfangs zu, später 
machte man sich dieses Geschäft bequemer und formte sie zu 
Barren oder Platten von bestimmtem Gewicht, dessen Betrag 
man für alle künftigen Tauschfälle darauf stempelte. Die 
Platten nahlnen im Verlaufe der Zeit die Form unserer Gold- 
und Silbermünzen an. So erhielten wir schon vor Zah.rhun- 
derten in ganz natürlichem Verlaufe daS Geld, die Triebfeder 
der Dinge und das Strebeziel aller Menschen. 
Wir wollen hler die Geschichte deS GoldeS und Silbers 
und ihre Umgestaltung in Geld nicht verfolgen, sondern werfen 
nur einen kurzen Blick auf die Silberproduktion der Neuzeit. 
Die jährliche Silberausbeute der ganzen Welt soll gegenwartig 
etwa 2 Millionen Pfund betragen. Im Jahre : 1870 kostete 
1 Pfund Silber 45 fl. 27 kr. Oe. W., daber Gesammtwerth 
----- 90 540,000 fl. Der Werth deS Silbers sank aber all- 
mälig und eS kostete das Pf. im Jahre 1873 nur mehr 43 
fl. 35 kr., daher ist der Werth von der angenommenen JahreS- 
Produktion nur mehr zz 86 700,000 fl. Die gefammten deut 
schen Zollvereinsländer produzirten jährlich 128,000 Pf, un 
gefähr V i6 deS Ganzen. Im Allgemeinen sind die ErzeugungS- 
kosten deS deutschen Silbers nicht viel niedriger alS dessen 
Kaufwerth; aber volkSwirthfchaftliche Rücksichten gebieten doch 
die Fortführung der Silberwerke. Die Entwerthung deS Sil 
bers, welche in neuester Zeit eingetreten ist und nothwendig 
auch ein Sinken des WertheS der Silbermünzen zur Folge 
hatte, findet ihre bestimmten natürlichen Grenzen. Fachmänner, 
wie Herr v. Reinach, sprechen sich dahin aus, sobald eS auf 
8 Proz. Verlust herab ginge, würde die Produktion allgemach 
aufhören, weil die Kapitalien in anderen Industrien eine ein- 
träglichere Anlegung fänden. 
Die hereingebrochene Krisis wird zwar eine vorübergehende 
sein, meint man — bestimmt wissen wir jetzt aber, daß durch 
dieselbe die österr. Silbergulden um 5 Proz im Werthe ge- 
funken find, denn auf dem Weltmarkte wird das Stück nur 
mehr mit 95 kr. Gold bezahlt. Nur auf seinem beschränkten 
Kreislauf in Liechtenstein wird ihm ein Werth von M0 fr. 
beigelegt. In neuester Zeit ist der Silberpreis in Folge großer 
Silberausfuhren nach anderen Welttheilen wieder gestiegene 
In London notirte Silber zum höchsten CurS, und zwar: 
im Februar 1873 ---- 59 %, ' 
im November 1873 = 57 7 / 8 , 
im Januar 1874 ----- 59 %, also höher als vor der KrisiS. 
Unser österr. Silbergulden aber hat sich von seinem Falle «licht 
um das Geringste erholt. DaS Mißtrauen klebt an ihm zu 
fest, niedrigere Silbernotirungen, die wieder eintreten können, 
würden ihn auch ohnehin sofort wieder zum Falle bringen. 
Diejenigen, die ihn beim Fallen im Besitze haben, erleiden den 
Verlust, um aber diesem Verluste auszuweichen, wird er stets- 
fort niedriger taxirt als sein voller Werth ist Die eigenthüm- 
lichen finanziellen Verhältnisse in Oesterreich bewirken auch daß 
der österr. Silbergulden auf dem großen Weltmarkte größere 
Entwerthungen erleidet, als die normalen Silberpreije eS ver 
langen. Täuschen wir uns nicht, so wird er wohl nicht leicht 
tiefer im Curse sinken, aber seinen vollen Nennwerth 
auch nicht mehr erlangen. 
Die lateinische Münzkonferenz — zusammengefetzt von den 
mit Franken rechnenden Staaten — haben zwar die Goldwährung 
verworfen und ihre Anträge lauten auf Einführung der Dop- 
pelwahrung also der Silber- und Goldmünzen, mit Beschrän- 
kung der Ausprägung von silbernen 5 Fr. Stücken. Durch 
diese Beschränkung hofft man das Abströmen des GoldeS zu ver- 
hindern und dadurch auch faktisch die Doppelwährung in Kraft 
zu erhalten Sollte jedoch die Steigerung des SilberpreiseS nicht 
anhalten, oder wieder einem Sinken desselben Platz machen, 
so würde auch die Beschränkung der Ausprägung .von filbev? 
nen 5 Fr. Stücken de Länder der lateinischen Münzkonvention 
vor dem Abströmen ihres GoldeS nicht bewahren, denn rn'ch* 
das Ueberhandnehwen der silbernen 5 Fr. Stücke treibt das 
Gold auS dem Lande, sondern der Umstand, daß 10 Fr. in
	        

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