Vaduz, 26. Dezember. Wie wir der „Feldkirch. Ztg."
entnehmen, fand am 2t. d. MtS. in RöthiS eine größere
Versammlung behufS Besprechung der Mittel zur Abwehr
von Frostschäden statt. AlS Hauptmaßregel gegen die Früh-
jahrSfröste wurde eine auSgiebige Raucherzeugung bezeichnet, da
dieselbe am besten gegen die nächtliche Ausstrahlung der Wärme
schütze. Berichte auS Deutschland, Frankreich, Niederösterrelch
und Tirol, wo dieses Versahren mit Erfolg gehandhabt wurde
beweisen, daß die vorgenommenen Räucherungen sich als sehr
nützlich erwiesen. Noch zu Anfang dieses ZahrhunderteS war
in unserer Umgebung und wahrscheinlich auch in unserer Ge-
gend selbst daS Rauchmachen bei drohendem Froste bei Strafe
geboten.
Die Versammlung erhob folgenden Antrag einstimmig zum
Beschlüsse:
1. ES wählt jede Gemeinde, beziehungsweise die der Ver-
einigung zum Schutz gegen Frostschäden beitretenden Landwirthe
jeder Gemeinde, 2 oder mehrere Ausschußmitglieder.
2. Die Ausschußmitglieder haben sich der WitterungSbe-
obachtung mittels Thermometers zu unterziehen und bei ent-
sprechend niederm Stande desselben die Einteilung der Räu-
cherungSarbeiten zu besorgen.
3. Zu diesem Zwecke sollen dieselben fich durch Beiziehung
eifriger Männer verstärken, um das der Gemeinde gehörige
Gebiet in Bezirke einzutheilen und in jedem Bezirke die Rau-
cherungSarbeiten zu überwachen.
4. Die gewählten Ausschüsse aller betheiligten Gemeinden
halten rechtzeitig in jedem Vorfrühling eine Zusammenkunft
um die richtigsten Mittel zur Erreichung deS Zweckes zu bera-
then und die VerständigungSsignale für die Bevölkerung zu
vereinbaren.
5. Alle beitretenden Landwirthe verpflichten sich, den An-
ordnungen der gewählten Ausschüsse und der von ihnen beige-
zogenen HilfSmänner nach Kräften Gehorsam zu leisten.
ES wäre sehr zu wünschen, wenn dieses gemeinsinnige
Vorgehen von Seite unserer Nachbarn auch in unserem Lande
Nachahmung finden würde.
Politische Rundschau.
Deutschland. Wir haben in der vorigen Nummer unse-
res Blattes dje Hauptanklagepunkte, die in dem Arnim'schen
Prozesse-gegen den Angeklagten erhoben wurden, bereits un
seren Lesern mitgetheilt. Wir fügen bei, daß der Strasantrag
von Seite deS Staatsanwaltes auf 2 y 2 Jahre Gefangniß
lautete Am 19. d. M wurde das Urtheil verkündet, in dem
Graf Arnim nicht der Urkunden-Unterschlagung und nicht deS
Amtsvergehens, wohl aber deS Vergehens wider die öffentliche
Ordnung für schuldig erkannt wird, und deßhalb unter Zur-
lastlegung der Kosten mit einer Gefängnißstrafe von drei Mo-
naten belegt wird, wovon indessen ein Monat für die erlittene
Untersuchungshast für verbüßt zu halten ist. DaS Snaf-
auSmaß als solches hat außer sür den Grafen Arnim selbst,
wenig Bedeutung; wichtig ist nur, daß das politische, von der
öffentlichen Meinung Europas fast einstimmig verurtheilte Ver-
halten des Grafen auch von dem Gerichte als strafbar aner-
kannt worden ist..
Eines der interessantesten Aktenstücke, welche der Prozeß
in die Oeffentlichkeit gebracht, ist ein Schreiben BiSmarck'S an
Arnim, in welchem der Reichskanzler dem Pariser Botschafter
seine Ansichten über daS Verhältniß von Deutschland zu Frank-
reich auseinandersetzt. Während Arnim glaubte, daß die Wie-
derherstellung der Monarchie in Frankreich Deutschland konve-
niren müßte, will Bismarck die Republik aufrecht erhalten, nicht
aus Sympathie für dieselbe, sondern weil er glaubt, daß Frank,
reich als Republik schwach bleibe, keine Allianzen im monar-
chischen Europa finden werde und daher auch keinen Krieg
anfachen könne, wahrend eS als Monarchie bündnißfähig und
Deutschland damit gefährlich werden würde.
Mit der Beendigung des Arnimschen Prozesses drohte in
Folge einer an sich unbedeutenden Ursache eine Reichskanzler-
krifis, indem Fürst Bismarck seine Entlassung einreichte. An-
laß zu diesem Schritte soll Folgendes gewesen sein: Vor eini-
gen Tagen wurde das Mitglied des deutschen Reichstages
Majunke, Redakteur der „Germania", plötzlich verhaftet
und zur Abbüßung einer gegen ihn bereits früher verhängten
einjährigen Haft in das Gefängniß gebracht. Die deutschen
Reichstagsabgeordneten sahen ihn diesem Borgange eine Ver-
letzung 8 3t der Verfassung, welcher die Unverletzbarkeit der
ReichStagSmitglieder festsetzt. Ueber Antrag LaskerS kam die
Angelegenheit schleunigst zur Verhandlung vor den Reichstag
und dieser nahm eine Resolution des Freiherrn v. Hoverbeck
an, die eine Aufforderung an den Reichskanzler enthält, Art.
3t der Verfassung künftig dahin auszulegen, daß kein Mitgled
deS Reichstages während der SessionSdauer verhaftet werden
könne. Für diese Resolution stimmten die Fortschrittspartei,
daS Centrum und die Hälfte der National - Liberalen. Fürst
Bismarck reichte in Folge dessen bei dem Kaiser seine Entlassung
ein uno begründete diesen Schritt im Gespräche mit Reichs-
tagsabgeordneten damit, daß er in der Annahme dieser Reso-
lution einen Sieg des CentrumS sehe und daß er ohne die
bedingungslose Unterstützung der liberalen Partei den Kirchen-
kämpf nicht fortsetzen könne.
Der Kaiser nahm die Entlassung Bismarcks nicht an und
Fürst Bismarck zog auch sein Gesuch zurück, nachdem ihm der
Reichstag ein Vertrauensvotum gegeben.
Spanien. Die neuesten Berichte über dieses unglückliche
Land erzählen, daß die Carlisten ein unter deutscher Flagge
segelndes meklenburgischeS Handelsschiff meuchlerisch beschossen
haben, als sich dasselbe vor dem Hturme in der Bucht von
Guetana bergen wollte Die Carlisten sollen sogar, als fpa-
Nische Freiwillige die Mannschaft deS gestrandeten Schiffes
retteten, auf das Rettungsboot gefeuert haben; außerdem raub-
ten sie die Ladung deS gescheiterten Schiffes.
AlS weitere Neuigkeit ist zu verzeichnen eine Glückwunsch-
adresse deS spanischen Adels an den Prinzen Alfonso (Sohn
der Exkönigin Isabella), welche der neue Kronprätendent mit
einem Manifeste beantwortete. Er verspricht darin den Spani-
ern alles Gute und Schöne mit ver schließlichen Versicherung,
daß er em guter Spanier sei und bleiben werde
Amerika. In Boston hat eine große Feuersbrunst
stattgefunden; der durch dieselbe verursachte Schaden wird auf
eine Million Dollars angeschlagen.
In den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika hat die
Arbeitslosigkeit wahrhaft erschreckende Dimensionen angenommen.
In New-Uork allein sollen 90,000 Arbeiter auf dem Pflaster
liegen. Es ist dies vielleicht etwas übertrieben; so viel aber
steht fest, daß in allen großen amerikanischen Städten dieser
Winter für die Industrie ein sehr bedenkliches Aussehen anzu-
nehmen beginnt und kein Einwanderer Aussicht auf Beschäf
tigung hat.
Verschiedenes.
Deutschland. Es ist unglaublich, wie sehr sich die Wölfe
in den Vogesen und Ober-Lothringen vermehren. Man wagt
sich nicht mehr ins Freie. Die Wanderer befinden sich in 'To-
desängsten. — Diese scheußlichen Bestien.kommen bis in die