wäre. Er Hube in früherer Zeit der Deutschen gebothenen De-
müthigungen gedacht und eS für an der Zeit gehalten, daß
Deutschland solche Attentate räche. (Beifall.) Spanien sei
nur zu helfen gewesen, wenn man die für Herstellung einer
staatlichen Ordnung gesinnten Elemente Spaniens anerkenne.
Deutschland habe dies gethan und mit ihm die meisten euro
päischen und überseeischen Mächte. Rußland werde von den
spanischen Verhältnissen weniger berührt; Deutschland hatte
dies zu achten, wie eS jede Anstcht einer auswärtigen Macht
achte, besonders einer solchen mit der eS seit einem Jahrhun
dert in inniger Freundschaft lebe. Wenn die Pfeile des Por-
rednerS gegen diese Freundschaft gerichtet sind, dann gehen sie
fthl, wir stehen darüber thurmhoch. DaS Fiasko das ich ge-
macht haben soll, kann ich ruhig tragen.
Der Borredner berührte auch .daS Kissinger Attentat und
nannte Kullmann einen verrückten Menschen; ein solcher war
Aullmann nicht. Sie wollen keine Gemeinschaft mit Kullmann:
daS begreife ich, aber er hält sich fest an Ihren Rockschößen.
Ich fragte ihn: Weßhalb wollten Sie mich tödten da ich Ih-
nen doch nichts that? Er antwortete: „Wegen der Kirchenge-
fetze und Sie haben meine Kraetion beleidigt!" Ich fragte:
Welches ist Ihre Fraction? Er antwortete: Die „CentrumS-
fraction". (Hört! hört! Großer Lärm.) Stoßen Sie Kull-
mann zurück, er gehört doch zu Ihnen! (Stürmischer Beifall
rechts und links. AuS dem Centrum „Pfui:") Der Präsident
bezeichnet solche Rufe als unparlamentarisch. Fürst Bismarck
fährt fort?: Solche Rufe zu rügen wie sie ein Abgeordneter
auf der zweiten CentrumSbank ausstieß, steht mir kein Recht
zu, aber der Ausdruck „Pfui" ist ein Ausdruck des Ekels und
der Verachtung und diese Gefühle sind auch mir nicht fremd,
aber ich bin zu höflich dieselben auszusprechen. (Anhaltender
Lärm). Windthorst (Meppen) bemerkt: Fürst Bismarck habe
in seiner nach dem Kisftnger Attentat vom Balcon seiner
Wohnung gehaltenen Rede die Parolle für die Angriffe auf
daS Centrum gegeben, er thue Unrecht die Parteien gegertei-
nander zu Hetzen, man treibe ohnehin einem Kriege zu. Kürst
Bismarck weist diesen Borwurf zurück, erinnert an die Hetze-
reien der ultramontanen Partei, welche Vorgänge wie daS
Kisftnger Attentat provocirten und schließt: Wollte ich die
Hälfte dessen glauben was die ultramontane Presse gegen
mich sagt, wer weiß was ich thäte! LaSker erklärte, die AuS»
lassungen WindthorstS, welche zum Kriege heytcn, seien eines
Volksvertreters unwürdig; er wird wegen dieses Ausdrucks vom
Präsidenten zur Ordnung gerufen. Hierauf wird nach uner-
heblicher Debatte die EtatSberathung fortgesetzt und werden
alle zur Berathung stehenden Etatspositionen genehmigt.
Frankreich. In der französischen Nationalversammlung ist
am 3. Dezember die Botschaft Mae-MahonS verlesen worden;
dieselbe besagt: „In dem Augenblick wo Sie im Begriffe ste-
hen Ihre Arbeiten wieder aufzunehmen, hat die Regierung die
Pflicht, Ihnen eine Darlegung der allgemeinen Lage deS Lan
des zu geben, und bin ich Ihnen auch die loyale Kundgebung
meiner eigenen Gesinnungen schuldig. Während Ihrer Abtve-
senheit bin ich bemüht gewesen, die doppelte Aufgabe der Be-
festigung deS Friedens und der Ausrechterhaltung der Ord
nung gewissenhaft zu erfüllen. Keine innere Verwicklung stellte
sich dem Werke der Reorganisation, welchem wir uns widmen,
hemmend entgegen. Meine Regierung verabsäumte nicht, durch
Wort und That den festen Entschluß zu bekräftigen, alle
Verpflichtungen treu zu halten und alle Verträge streng zu er-
füllen. Diese Politik, welche Sie immer gebilligt, und in wel-
cher wir beharrt haben, hat unsere Beziehungen zu den aus
wärtigen Mächten täglich vertrauenswürdiger gestaltet. Keine
dieser Mächte zweifelt heut an unfern ansrichtigen Wünschen,
mit allen feste, friedliche und freundfchaftlichliche Beziehungen
zu unterhalten Wie ich aber meine Pflichten gegenüber der
Rationalversammlung und dem Lande auffasse, will ich Ihnen
heute schon sagen. Ich habe die Gewalt nicht angenommen
um den Bestrebungen irgend einer Partei zu dienen; ich ver-
folge nur daS Werk der Vertheidigung der Gesellschaft und
der nationalen Wiederherstellung. Zur Erfüllung dieser Auf-
gäbe rufe ich mir, ohne mich ausschließend zu zeigen, jeden
von gutem Willen, alle diejenigen zu Hülfe, deren persönliche
Eigenschaften stch vor den gebieterischen Anforderungen der
Gegenwart und vor der geheiligten Sache des Vaterlandes
verneigen, und ich wünsche lebhaft, daß mir der Beistand
keines derselben fehlen möge; ich nehme ihn für mich in An-
spruch im Namen von Frankreich, dessen Wohlfahrt und Größe
ich ganz allein im Auge habe. Auf alle Fälle wird mich nichts
in Erfüllung meiner Aufgabe entmuthigen. Am 20. Novem-
ber 1373 haben Sie mir im Interesse des Friedens, der Ord-
nung. und öffentlichen Sicherheit auf sieben Jahre die vollzie
hende Gewalt anvertraut; dasselbe Interesse macht eS mir zur
Pflicht, nicht von dem Posten zu desertiren, auf den Sie mich
-gestellt haben, und denselben bis zum letzten Tage mit uner-
schütterlcher Festigkeit und gewissenhafter Ehrfurcht vor den
Gesetzen zu behaupten." Die Botschaft betont sodann die Ver-
besserung der wirtschaftlichen Lage des Landes in Folge der
reichlichen Ernte, welche die industrielle Thatigkeit wieder be-
lebt. Die Ausfuhren deS JahreS 1874 werden diejenigen deS
IahreS 1873 erreichen. Der den öffentlichen Arbeiten gegebene
Impuls wird die Anstrengungen der nationalen Arbeit unter»
stützen. Der Finanzminister wird Gesetzentwürfe vorlegen, die
bestimmt sind, Verbesserungen m der Finanzverwaltung zu ver-
wirklichen und die fiskalische Gesetzgebung zur Verhütung von
Betrügereien zu vervollständigen. Ein Spezialbericht über die
Finanzlage wird die Mittel zur Deckung des im Budget 1874
verbliebenen Defizits auseinandersetzen. . Die Botschaft besagt
ferner: „Während ich einige Departements bereiste, habe ich
überall wahrgenommen, daß sich mit der Liebe zur Ordnung
und dem Wunsche nach Frieden und Sicherheit daS Verlan
gen vereinigte, daß durch die von Ihnen als unerläßlich an-
erkannte Organisation der vollziehenden Gewalt, wie sie auS
den Gesetzen vom 20. November 1873 hervorging, die Kraft
verliehen werde, deren sie zur Erfüllung der ihr anvertrauten
Sendung benöthigt. Fortgesetzt durch verderbliche Docmnen
aufgeregt, verlangt daS Land von Ihnen, daß der Gang der
Regierung gesichert und durch Maßregeln weiser Vorsicht die
regelmäßige Ausübung der öffentlichen Gewalten gewährleistet
werde. Ich hoffe, daß Sie in Berathung dieser so wichtigen
Fragen ein Einverstänvniß erzielen werden. Ich werde jede
Verantwortung ablehnen und mich jeder Einmischung enthal-
ten. Meine Regierung aber wird eS an ihrer Pflicht nicht
fehlen lassen."
China. Heber den Sturm, der am 22. bis 23. Sept.
in Hongkong wüthete, schreibt ein dort wohnender Zuger, Jul.
Kaiser, dem Zuger „BoltSbl.": Der fürchterliche Sturm war
ein Ereigniß, wie dasselbe selten vorkommt. Der Barometer
fiel schon Nachmittags stark, .und in Folge dessen ließ ich am
Abend Alles verschließen und festmachen. Gegen zehn Uhr
RachtS brach der Orkan loS. ES ist mir unmöglich, Ihnen
einen Begriff in Worten zu geben über die entfesselte Wuth
deö SturmeS. Unser großes HauS bebte und von außen war
ein scheußliches Geheul vom Meere her in allen Tonarten,
dazwischen ein Zerren, Schmettern und Gekrach, daß es furcht
bar war. — Der Barometer fiel von 10—2 Uhr NachtS um
einen ganzen Zoll. Große Angst bemächtigte sich aller leben-
den Wesen, die nur gefühlt, aber nicht ausgesprochen werden
kann; von Schlafen war keine Rede. Endlich gegen Morgen
gab der Sturm nach und der Tag fing an zu grauen — aber
Verwüstung bot stch dem Auge dar! Zusammengestürzte und
abgedeckte Häuser., zerrissene und umgeworfene Bäume, die
Häuser am Hafen waren 6 Schuh hoch mit Wasftr ange-
füllt. Ein großes amerik. Schiff lag mit allen Masten über