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langte Entfernung seitens der kirchlichen Behörden nicht voll-
zogen, so ist daS Amt oder die Pfründe als erledigt anzusehe,,
und es haben die Staatsbehörden für Besorgung der staatlichen
Funktionen, welche mit dem Amte deS Seelsorgers verbünd?»
sind, das Nöthige vorzukehren." Nach § 9 ist jede Erledigung
eines kirchlichen Amtes oder einer geistlichen Pfründe der Laü-
deSbehörde anzuzeigen. § 14 verpflichtet die Bischöfe ihre Er«
lasse (Verordnungen, Instruktionen, Hirtenbriefe :c) zugleich
mit deren Publikation der politischen Landesbehörde zur Kenrit-
nißnahme mitzutheilen. 8 15 lautet: „Findet die Regierung,
daß einer den öffentlichen Gottesdienst betreffenden kirchlichen
Anordnung öffentliche Rücksichten entgegenstehen, so hat sie die-
selbe zu untersagen. Die Kirchenbehörden sind verpflichtet alle
Anordnungen über emen öffentlich abzuhaltenden Gottesdienst,
welche über daS Herkommen hinausgehen, vör ihrer Bekannt-
.machung der zuständigen Staatsbehörde anzuzeigen." Nach
8 16 darf von der kirchlichen Amtsgewalt niemals zu dem
Zwecke Gebrauch gemacht werden, um an der Ausübung staatS-
bürgerlicher Rechte oder an der Befolgung der Gesetze zu hin«
dern. Nach 8 22 kann die Regierung jederzeit verlangen, daß
kirchliche Stol-Taxordnungen, welche den örtlichen oder zeitlichen
Verhältnissen nicht entsprechen, in angemessener Weise abgeän
dert werden. 8 23 bestimmt, daß kein pfarramtlicher Akt von
der Vorausbezahlung der Stolgebühr abhängig gemacht werden
dürfe ze.
Der zweite Gesetzentwurf behandelt die äußeren RechtSver-
bältnisse der klösterlichen Genossenschaften. Wir heben aus den
30 Paragrafen hier nur einige der wichtigsten heraus. Es
heißt dort z B.:
„Zur Errichtung einer kirchlichen Genossenschaft (eines
Ordens, Kongregation u. dgl.), oder zu einer neuen Ansiede-
lung einer solchen, oder eines ihrer Konvente ist die staatliche
Genehmigung erforderlich (8 1). Die Gesuche um Ertheilung
vtejer Geneymlgung yat der ^wzejan-Vlscyof unrer Anschluß
der Statuten dem LqndeS-Chef und dieser dem Kultusminister
vorzulegen (8 3), Die Genehmigung wird nicht ertbeilt, wenn
der Zweck der Korporation der öffentlichen Ordnung, den guten
Sitten oder staatSwirthschaftlichen Rücksichten widerstreitet (8 5).
Die Staatsverwaltung kann von bereits bestehenden kirchlichen
Korporationen nachträglich die Statuten und die sonstigen Sa-
Hungen verlangen (8 6). 88 8, 9 und 10 enthalten die Be
stimmungen über die eventuelle Aufhebung kirchlicher Korpora-
tionen. Dieser Fall tritt ein, wenn sich Mitglieder der Kor-
poration solcher Handlungen schuldig machen, welche die öffent-
liche Ruhe und den Frieden der Familie stören oder bedrohen,
oder wenn wiederholt Korporations-Vorstände verbrecherischer
oder solcher strafbarer Handlungen schuldig erkannt wurden
die auS Gewinnsucht entstehen, gegen die öffentliche Sittlich-
feit verstoßen, oder sonst zu allgemeinem Aergerniß gereichen."
Der dritte, 31 Paragrafen enthaltende, Gesetzentwurf re-
gelt die Beiträge deS Pfründevermögens zum Religionsfonds
behufs Bedeckung der Bedürfnisse des katholischen Kultus, und
der vierte umfaßt 17 Paragrafen und betrifft die gesetzliche An-
erkennung von Religionsgenossenschaften.
AuS Frankreich, dem Lande der ersten Freiheitsbewegungen,
bekommen wir seltsame Dinge zu hören. Die Rationalver-
sammlung hat soeben daS von der Regierung vorgelegte Maire-
gesetz unverändert angenommen. Nach demselben verlieren die
Gemeinden daS bisherige Recht, die Gemeindevorstände selbst
wählen zu dürfen und geht dasselbe auf die Regierung über.
Findet die Regierung in einer Gemeinde daS Individuum
nicht, das ihr unbedingt ergeben ist, so hat sie das weitere
Recht, ein passendes Subjekt anderwärts zu requiriren.
Schweiz. Das Volk des Kanton Bern hat die von der
Berner Regierung in Anregung gebrachten Kirchengesetze, welche
die äußern Rechtsverhältnisse zwischen der katholischen Kirche
und dem Kanton Bern |im ^Sinne der liberalen Partei re
gelt, mit 70,000 gegen t 6.000 Stimmen angenommen Von
90.000 Stimmberechtigten haben 86,000 ihre Stimmen ab
gegeben.
Spanien. Was schon Castelar versucht hatte, nämlich
die Concentration der Streitkräfte auf einen Punkt, um einmal
in diesem Carlistenkrieg zu einem wirklich entscheidenden Schlage
zu kommen, unternimmt Serrano aufs Neue Das Kommando
der Armeen von Valencia und Aragonien wurde dem glückli
chen Sieger von Carthagena, Lopez Dominguez, übertragen u.
eS soll nun diese „Armee deS Centrumswelche auS zwei
Divisionen von je 4000 Mann, 20 Kanonen und 250 Mann
Kavallerie besteht, mit vereinten Kräften gegen den Feind rü-
cken. Nach Bekämpfung der Insurrektion hat die Regierung
die Hände wieder frei. Die Carlisten ihrerseits geberden sich
in der Umgebung ^von Barcelona als die Herren und Meister
und fahren fort, Steuern einzutreiben, als ob sie daS beste
Recht dazu hatten.
Amerika. Bedenkliche Nachrichten kommen aus dem We-
sten der Ver. Staaten. In Folge der andauernden Verdienst-
losigkeit ist die Aufregung der arbeitenden Klassen eine unge
heure. In Chieago hielten die Sozialisten-Sektionen tumultua-
rifche Versammlungen und ihr Organ stellt ein Programm auf,
worin zur Abhülfe des NothsiandeS folgende Mittel vorgeschla
gen werden: 1. Besitzergreifung deS Bodens von Seiten deS
Staates und Benutzung des Pachtertrags zu StaatSausgaben;
2. Abschaffung deS Erbrechts; 3. KonsiSkauon deS Vermögens
von allen Rebellen und Auswanderern; 4. Centralisation deS
Kredits in Händen deS Staats durch eine mit Staatskapitalien
und ausschließlichem Monopole ausgestattete Nationalbank; 5.
Centralisation des Transportes in Händen deS Staates; 6.
Gleichmäßiger Zwang Aller zum Arbeiten und Bildung von
Jnoustrie-Heeren, besonders für landwirtschaftliche Zwecke; 7.
Unentgeltliche StaatSerziehung aller Kinder und 8. Abschaffung
der Arbeit m ihrer jetzigen Gestalt für Kinder. Einige andere
verwandte Vereine sind freilich etwaS mäßiger in ihrer Forde-
rung und begnügen sich mit dem Verlangen gleicher politischer
und sozialer Rechte für Alle und Abschaffung verschiedener lä-
stiger Gesetze.
Asien. Ueber den Akt der GroßjährigkeitSerklärung deS
Königs von Siam und den Beginn einer neuen EntwicklungS-
ära für daS siamesische Reich wird der „Times" von einem
ihrer Correspondenten folgendes gemeldet:
„Der jetzige König war bereits vor sechs Jahren, als fein
Vater starb, gekrönt worden, mußte jedoch, da er damals erst
13 Jahre alt war, die hauptsächlichsten Regierungsgeschäfte
einem Regenten überlassen. Dieser war, was von orientali
schen Regenten nicht oft gesagt werden kann, ein durchaus
pflichtgetreuer Mann. Die Festlichkeiten, welche Bangkok in
der Mitte deS MonatS November sah, galten der Wiederkrö-
innig deS jungen KönigS, der jetzt seine Großjährigkeit erreicht
hat. Vor der KrönungSceremonie mußte der König nach siame
sischem Gesetze dem Priesterthum sich anschließen und als No
vize auf feine künftigen Pflichten vorbereitet werden. AlS
dies geschehen war, wurde er am 16. November von den Prie-
stern zum zweitenmal gekrönt, und dieses Ereigniß dem Volke
durch 101 Kanonenschüsse, auf welche 21 von einer französt-
schen Fregatte folgten, dem Volk angekündigt. Um 10 Uhr
bestieg der Monarch den königlichen Thron, prachtvoll gekleidet
und umgeben von den Vertretern seines Adels, welche die Ab-
zeichen der Macht trugen. Eine glänzende Versammlung, dar-
unter Vertreter fast aller civilisirten Nationen, hatte sich vor-
her bereits vor dem Thron aufgestellt. Gleich nachdem der
König seinen Sitz eingenommen hatte, las er eine Proclama-
tion vor, in welcher er daS Kriechen und Sichniederwerfen in
Gegenwart Höhergestellter für abgeschafft erklärte. Seit un
denklichen Zeiten ist es bekanntlich in Siam Gebrauch, daß
selbst die vornehmsten Edelleute nur auf ihren Knieen dem