schen Regierung wollen in der neuen Organisation die Vor-
bereitungen zu neuen schlimmen Thaten deS Reichskanzlers
sehen, und zur Beruhigung der Zweifler, welche sich durch der-
gleichen Gerede auS dem Gleichgewichte bringen lassen, mag
die Mahnung etwas beruhigendes haben, daß die deutsche Re-
gierung gute Gründe hat, jeden Mann, den sie überhaupt
aufbringen kann, verwendbar zu machen. ES liegt durchaus
keine Notwendigkeit vor uns nach der Voraussetzung unbe-
friedigten Ehrgeizes nmzusehen, wenn wir nur die natürliche
Lage Deutschlands ins Auge fassen. Diese Erwägungen waren
an und für stch schon genügend, die Befürchtungen vor deut-
schen AngriffSgelüften zu zerstreuen. Allein" der Kaiser hat es
nicht für unnöthig erachtet der Verdächtigungen zu gedenken,
welche der deutschen Politik angeheftet worden sind. Seine
Erklärung, daß der Gedanke, die vereinte Macht des Reiches
zu anderem Zwecke als zur Vertheidigung geltend zu machen,
ihm fernliege, muß als eine bestimmte Erwiderung auf die
Gerüchte aufgefaßt werden, welche in letzterer Zeit so hart-
näckig bezüglich der deutschen Politik in Spanien und anderöwo
ausgestreut worden sind."
Montenegro. Aus Cetinje und Danilorgrad bringt ein
Korrespondent der A. A. Ztg. über den blutigen Vorfall von
Podgoricza, den wir schon in der letzten Nummer erwähnt
haben, folgende nähere verbürgte Mittheilungen: Am 19. Okt.
wurde in Podgoricza, einem türkischen Grenzstädtchen, das an
Markttagen von den benachbarten Montenegrinern gut
besucht wird, der angesehene und begüterte Mohamedaner
Jusuf Mucho Krnjitsch von einem Christen auS Kutsch, also
keineswegs, wie gewisse Blätter meldeten, von einem Montene*
griner, sondern von einem türkischen Unterthanen ermordet. Den
Mord führte Peter Jvanow im Einverftändniß mit seinem
Bruder auS, und die Ursache und die Veranlassung zu dieser
That ist in der tödtlichen Feindschaft die zwischen Mörder und
Ermordetem herrschte, zu suchen. Jusuf Krnjitsch beklelüete
nämlich vor einiger Zeit im Dorf Türkisch Kutsch die Wurde
eines Kaimakam. Als solcher verfolgte er — auS bisher noch
unbekannten Gründen — den Kutscher Einwohner Peter Iva-
now nnd dessen Familie. Einmal ließ er eS geschehen, daß
feine eigenen Dienstleute den Peter Jvanow überfallen und
durchhauen konnten, ohne daß er in der Eigenschaft eweS
Kaimakam gegen die Schuldigen eine Untersuchung eingeleitet,
geschweige denn eine Bestrafung derselben angeordnet hätte.
Ein andermal wieder ließ Jusuf Krnjitsch den Peter Jvanow
auS dessen eigenem Hause jagen und bemächtigte sich dessen
EigenthumS unter einem gesetzlichen Vorwand. Peter Jvanow
verließ mit seinem Bruder das Dorf, nicht aber ohne vorher
dem Jusuf Krinjitsch Rache geschworen zu haben. In Pod-
goricza nun bot sich ihm die ganz erwünschte Gelegenheit und
Peter Jvanow führte seinen Schwur aus indem er den eben
am Marktplatz inmitten der angesehensten Podgoriczaer Mo-
hamedaner stehenden Jusuf Krnjitsch von rückwärts überfiel
und ihn ermordete. Peter Jvanow wurde aber sogleich von
den anwesenden Türken niedergestreckt. ES entstand nun auf
dem Marktplatz Lärm und allgemein hieß eS: ein Montene-
griner habe den Jusuf Krnjitsch ermordet. Kaum hatte sich
diese Lüge unter den Podgoriczaer Muhammedanern verbreitet,
alS man auch schon seitens derselben blutige Wiedervergeltung
an den Wehrlosen, am Markt und in den Gaffen befindlichen
Montenegrinern auszuüben begann. Die fanatisirten Moham
medaner kannten in ihrer Wuth keine Grenzen. Man fiel
über alles her, was nur montenegrinisch war, auf Greise, aus
Jünglinge, ja sogar auf Weiber. Nur der Archimandrit (Abt)
deS Klosters von Piperi konnte sich reteten, alle andern Mon-
tenegriner, deren man habhaft werden konnte, wurden theilS
erschlagen, theilS verwundet. Zum Glück war eö kein Markt-
tag da sich sonst der türkische Fanatismus noch mehr Opfer
geholt hätte. ES sind im ganzen etwa 17 Montenegriner todt
geblieben, darunter befanden sich auch sehr angesehene Stam-
meSoberhäupter und sonstige Repräsentanten - der vornehmsten
montenegrinischen Familien, wie z. B Rade Bofchkowitfch aus
Bjelopawlitsch, drei Wasowitsche, Mitar Duletitsch auS Ljubotin,
Toman Botschitsch auS Zargartscha und Labud Raznatowitsch
auS Ceklin. Die Nachricht von diesem Vorfalle verbreitete
sich schnell in Montenegro. DaS Volk gerieth in furchtbare
Aufregung, die sich übrigens leicht erklären läßt. Kaum er-
hielt die Regierung von Cetinje Kunde von den blutigen Vor-
fällen (zuerst kam ihr dieselbe von Danilorgrad) als sie auch
schon an sämmtliche Serdare (KreiSvorsteher) die Weisung er
gehen ließ, alles mögliche zu versuchen, damit stch die allge-
meine Aufregung lege. Man befürchtete eben den Ausbruch
eines AufstandeS. Fürst Nikolaus selbst versprach Genugthu-
ung von der Pforte fordern zu wollen. Den türkischen Un-
terthanen, die sich zu dieser Zeit auf montenegrinischem Gebiet
befanden, gab man bis zur Grenze militärisches Geleite, da
man bei der Aufregung die im Volke herrschte, und die immer
mehr und mehr zunahm, daS äußerste befürchten mußte. Der
Kaimakam von Podgoricza verfaßte indessen über die Ange-
legenheit einen lügenhaften Bericht, in welchem er u. a. angab,
daß Jusuf von,7 Montenegrinern überfallen und getödtet wor-
den den er an den montenegrinischen Gouverneur von Dani-
lovgrad, sowie an den Pascha von Skutari sandte. Die Mo-
hamedaner konnten aber nicht ruhen. Kaum hatten sie mit
den Montenegrinern an Ort und Stelle aufgeräumt, als sie
sich auch schon auf den Weg nach Zeta machten um hier an den un-
.schuldigen christlichen Bewohnern ihre Wuth auszulassen. Ei-
nige Christen, welche montenegrinische Mützen trugen, sowie
einige christliche Weiber wurden niedergemacht und einige Häu-
ser angezündet. Die christliche Bevölkerung floh in die Ge-
birge um den wuthentbrannten und bereis mordlustigen Mo-
hammevanern auszuweichen. Der Gouverneur von Skutari
-erschien sogleich in Podgoricza um die Sache zu untersuchen..
Fürst Nikolaus richtete indessen an die Pforte eine Note, in
welcher er strenge Untersuchung der ganzen Angelegenheit, und
dem entsprechend die Einsetzung einer auS türkischen und montene
grinischen Mitgliedern bestehenden Untersuchungskommission
forderte, und zugleich den Wunsch äußerte, daß zu den. Ar-
beiten dieser Kommission auch die Vertreter der fremden Mächte
beigezogen werden. In wie ferne die Pforte diesem allerdings
gerechtfertigten Verlangen des Fürsten Nikolaus Gehör zu
schenken bereit ist, wird vorzugsweise von der Stellung abhan-
gen, welche die Mächte gegenüber der ganzen Podgoriczaec
Angelegenheit eingenommen haben.
Verschiedenes.
* Am 20. und 21. Oktober wurde Großbritanien und
Irland von einem wüthenden Sturme heimgesucht, der an Hef-
tigkeit den Orkan, welcher im Januar 1866 durch daS Land
fegte« weit übertraf. Da er in den Telegraphendrähten, welche
nach Norden führen, eine Verheerung anrichtete, so läßt sich
die Ausdehnung deS Unglücks bis jetzt nur zum Theile über-
sehen/ Aber auch so ist die Liste des Unheils schon groß ge-
nug. London selbst blieb von schwereren Unfällen glücklicher-
weise verschont. In der Nachbarschaft deS Smithfelder Marktes
ward ein Mann durch den Sturz einer baufälligen Mauea
begraben und auf der Themse wurden mehrere Dampfer auf
den Sand geworfen, da die Ebbe mit ungewohnter Schnellig-
feit eintrat. Auf dem Humber riß stch daS neue Bessemer-
Salonschiff von seinem Ankerplatze los und lief auf den Grund,
ohne sich großen Schaden zuzufügen. Bei Ardrossan an der
Westküste von Schottland warf der Sturm den Schrauben-
dampfer, Chufan, der von Glasgow nach Shanghai bestimmt
war, gegen einen Felsen und spaltete ihn buchstäblich tn zwei
Theile, von denen der eine hangen blieb, der andere aber in
den See hinaus gewaschen wurde. 12 bis 14 Menschenleben,