Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

durch, daß beide einander gegenüberstehende Parteien stch in 
Extremen ergingen. Während die Ultramontanen, wohl nicht 
auS böser Gesinnung, sondern im vermeintlichen Recht, dafür 
aber um so akuter in der äußeren Form, die Epoche mit^den 
Seiten Neros und Diokletians verglichen, strebten die Libera- 
len darnach das Kind mit dem Bade auszuschütten und dem 
ganzen Staatswesen den Stempel der KonfessionSlosigkeit auf- 
zudrücken, ohne auf die thatsächlich vorhandenen Wünsche und 
Bedürfnisse deS Volkes irgend welche Rücksicht zu nehmen. 
Die Regierung hatte sich dagegen auf die Wahrung der un- 
veräußerlichen Rechte des Staates zu beschranken, ohne ir- 
gendwie in die geheiligten Rechte der Familie oder in die re 
ligiösen Ueberzeugungen des Einzelnen einzugreifen. Die dritte 
Epoche sei die volkswirtschaftliche. Hier wolle Redner keine 
desonderen Versprechungen geben, aber seines guten Willens 
tmd feiner besten Absichten könne man überzeugt fein, ebenso 
wie man sich die Thatsache vor Augen halten möge, daß nur 
ernste Arbeit eine Wendung zum Bessern herbeiführen kann " 
Frankreich. Die Nationalversammlung wird am Ende 
deS nächsten Monats wieder zusammentreten, aber die poli- 
tische Arbeit Hat jetzt schon wieder begonnen. Der Ausgangs- 
punkt derselben ist die Thatsache, daß das jetzige Ministerium 
nicht die Mehrheit der Nationalversammlung für sich hat, 
oder wenigstens nicht mehr lange festhalten kann. Hieraus 
folgt, daß dasselbe sich vor dem Wiederbeginn der parlamen 
tarischen Session umwandeln muß oder dieselbe nicht überdauern 
wird. Beide Alternativen führen zrt einem Ministerwechsel, der 
eine früher, der andere vielleicht um einige Wochen später, aber 
der Wechsel muß eintreten. ES fragt stch nur in welchem 
Sinne, ob nach links oder wieder mehr nach rechts. 
Montenegro. Abermals fiel an der türkisch-montene- 
grinischen Grenze ein Ereigniß vor, daS gar leicht einen all- 
gemeinen Brand auf der Balkan-Halbinsel hätte anfachen tön- 
nen. An genannter Grenze befindet sich ein Städtchen. Na- 
mens Podgoricza, wohin sowohl Albanesen und Türken, als 
auch Montenegriner jede Woche zu Markt zu kommen pflegen, 
um Vieh und Lebensmittel, wie auch Salz und Gewebe zu 
kaufen oder zu verkaufen. Am 20 d. war ein belebter Markt- 
tag, .da Käufer und Verkäufen in großer Zahl sich einfanden. 
DaS' friedliche Werk war^-MeMWWch durch einen furcht- 
baren Borfall gestört. Ein Unterthan schoß im 
Streit einen Türken nieder, daSaber benannte den 
Mörder einen Montenegriner, unlWMM flammte auch der 
alte, wie eS scheint,' unausrottbare welchen die Tür- 
ken gegen die Montenegriner hegen^^^^ alles warf sich mit 
Wuth und Geheul auf die anwesenden Söhne der schwarzen 
Berge. Innerhalb einer Stunde lagen 2 t Montenegriner und 
mehrere Weiber todt auf dem blutgetränkten Boden. Die 
kleine Garnison machte dem blutreichen Kampf ein Ende. Die 
aeretteten Montenegriner kehrten ohne Hab und Gut und 
furchtbar zugerichtet in ihre heimathlichen Berge zurück, und 
nun verbreitete sich die Schreckenskunde von Berg zu Berg 
mit Sturmesschnelligkeit. Die Aufregung, welche sich der 
Montenegriner bemächtigte, war unbeschreiblich, und ließ daS 
Aeußerste befürchten, wenn es dem Fürsten nicht gelingen 
sollte, die Leute im Zaume zu halten, aber Nikitza ist ein 
energischer Regent, und seine augenblicklich ergriffenen Maß- 
regeln bewirkten, daß die Montenegriner sich einstweilen ruhig 
verhielten und noch verhalten Der Fürst that sofort Schritte 
bei den türkischen Behörden wie bei den Vertretern der frem- 
den Großmächte in Skutari, um Genugthuung für die Gräuel- 
thaten zu verlangen. Einstweilen ließ die Regierung alle Tür- 
ken, welche sich in Montenegro aufhielten, unter starker Be- 
deckung über die Grenze bringen, da für deren Leben bei dem 
jetzigen Zustande der Gemüther das Schlimmste zu befürchten 
war. Wenn die Pforte nicht die strengste Untersuchung ein 
leitet und Montenegro Genugthuung geben sollte, könnte eS 
leicht zu einem Kriege zwischen beiden Ländern kommen. 
Volkswirthschastliches. 
Bon der Maul- und Klauenseuche. 
(Fortsetzung.) 
Ungeachtet in leichtern Graden des Maulwehes daS Leiden 
sich größtentheilS örtlich verhält, so können denn 'doch noch 
Trübungen in den übrigen Funktionen deS BildungS- Bewe- 
gungs- und. Empfindungslebens eintreten; allein diese werden, 
da sie allen Leiden mehr oder weniger gleichförmig zukommen, 
kaum etwas an sich haben, woraus die Lokalaffektion näher 
erkannt wird; daher denn auch daö mitunter anfänglich be- 
obachtete Frösteln oder Frostbeuteln, darauffolgende, wechselnde, 
ungleich vertheilte Hitze, zumal am Grund der Hörner und Oh- 
ren, struppiges Haar, unterdrückte Ausdünstung, beschleunigte 
Athemzüge und Pulse, quantitative und qualitative Acnderun- 
gen der Mist- Harn- und Milchexkretion, beschränktes Gemein- 
gefühl, Hinfälligkeit und Mattigkeit in der Bewegung als Fol- 
gen der schmerzlichen Empfindung und beschränkten Verkehrs 
mit der wichtigsten Lebensbedingung (Nahrung) anzusehen sind, 
die jedoch nicht lange anhalten, sondern meistens binnen 8, 
14 höchstens 21 Tagen einer vollständigen Genesung Platz 
machen. 
Nicht selten kommt mkt der Maulseuche auch am Euter 
ein Exenthem in Blasenform, zumal an den Zizen (Strichen) 
und deren Mündungen zum Vorschein, wobei heftige Schmer- 
zen beim Melken sich einfinden und die Milch, zumal dann, 
wenn die Blasen beim Melken platzen, die in denselben ent- 
haltene seröse oder lymphatische Flüssigkeit derselben beimengt, 
eine dergestalt schädliche Veränderung erleidet, daß dieselbe von 
jungen Ksilbern oder Schweinen ungekocht genossen, den Tod, 
dem Menschen aber eine starke Entzündung in der Mundhöhle 
verursacht. 
Mit dem Vorausgeschickten wäre nun die Maulseuche in 
ihrer gutartigen Form, wie dieselbe bei uns bis anher aufge 
treten ist, gekennzeichnet. 
So leicht als es ist, die Maulseuche mit allen ihren Gra- 
dationen zu erkennen, so schwer hält es derzeit, mit Bestimmt- 
heit daS, wodurch sie veranlaßt wird, anzugeben; so viel in- 
dessen ist gewiß, daß sie nur in Folge mechanisch, chemisch, so 
wie auch dinamisch wirkender Einflüsse, die einzeln für sich, 
oder auch vereint die Thiere treffen, entstehen kann. Unge- 
achtet Verletzungen deS MauleS durch harte, stachlige, dornige, 
scharfkantige, so wie auch scharfe, ätzende Bestandtheile enthal- 
tende Pflanzen , Verderbnisse und Krankheit der Futterstoffe 
mechanisch und chemisch zu Stande kommen, und so Entzünd- 
ungen mit ihren Folgen herbeiführen können, so ist es denn 
doch wahrscheinlich, daß eS in einer besondern Witterungskon- 
stitution liegen mag, die zur Erzeugung eines feindlichen Stof- 
feS (MiaSma) führt, der in einer besondern krankmachenden 
Beziehung zu den Schleimhäuten steht, wodurch dieses Leiden 
seuchenartig erscheint. Welches jedoch die näheren Verhältnisse 
sind, unter denen es sich erzeugt, ist darum um so schwieriger 
anzugeben, als dieses Leiden in jeder Jahreszeit, (freilich am 
seltensten im Winter,) ohne etwas Auffallendes in der Witter 
ung u. s. f. zu bemerken, einzutreten pflegt, ja sogar diejeni- 
gen Thiere, die bei der Stallfütterung größtentheilS außer ih- 
rem Bereiche sich befinden, auch befällt, somit auch alleS daS, 
was man der Temperatur, der Luft, dem Lichte, der Feuch- 
tigkeit und der Nahrung zur Last gelegt hat, um so weniger 
als entschieden schädlich beschuldiget werden kann, da von je- 
nen Einflüssen, von dem einen bald daS Zuviel, von dem an- 
dern das Zuwenig als Ursache angegeben wird. Bei Erwäg-
	        

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