Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

dort, wo sie Verdopplungen bildet, das ist, an den Lippen, der 
Zunge, dem Zahnfleische, oft auch am Gaumen, Gaumensegel 
ftchtlich geschwollen: diese Entzündungsmerkmale aber werden 
selten gleichförmig und gleichzeitig im Maule angetroffen, son- 
dern meistens bemerkt man ste mehr oder weniger zahlreich und 
ausgebreitet gleich einem Ausschlage nur stellenweise. Vor al- 
lem sind aber, und daS nicht selten bevor noch etwaS sehr 
auffallendes in obiger Beziehung bemerkt wird, die Funktionen, 
die dem Maule zukommen, gestört; die Thiers haben viel Durst, 
verlieren den Geschmack, sie genießen nur langsam Flüssiges 
oder Breiiges, ergreifen das Rauhfutter gar nicht oder mit 
Schmerz, können es deßwegen nicht gehörig kauen, formen und 
schlucken und lassen eS aus dem Maule fallen oder behalten 
eS ruhig ohne weiter zu befördern darin. Selbst die Einspei- 
chelung ist beeinträchtiget, jedoch nicht wegen Mangel an Spei- 
chel, sondern durch die Vermischung mit dem krankhasten Schleime, 
der in so großer Menge ausgeschieden wird, daß er aus dem 
Maule in Fäden spinnend fließt, oder durch dessen Bewegungen 
zum Schaum geschlagen an der Maulspalte, zumal an den 
Winkeln sich anhäuft, wiedergeschluckt aber die Verdauung 
mehr oder weniger stört und verändert. Diese Entzündungs- 
merkmale find jedoch nicht die einzigen krankhaften Erschein- 
ungen, die bei dem verschiedenartigen Maulweh in dessen wei- 
term Verlaufe oder Stadien bemerkt werden, sondern gewöhn- 
lich kommt eS zu den Entzündungsübergängen, die, je nachdem 
ihre Eigentümlichkeit ist, durch sichtliche Zeichen, das ist, durch 
die Gegenwart des KrankheitSprodukteS sich verrathen. Der 
leichteste Grad, oder das sogenannte gutartige Maulweh be- 
steht demnach in einer katarrhalischen Entzünduug der Maul 
schleimhäute, worauf mit ihrem Nachlasse mehr oder weniger 
vermehrte und veränderte krankhafte Schleimabsonderungen fol- 
gen, weiterhin sich aus den röthlichen Flecken Blasen die eine 
milde, seröse Flüssigkeit enthalten erheben, die dann aufplatzen, 
ihren Inhalt ergießen uyd wunde, jedoch reine röthliche Stel- 
len (nachdem die obere Schichte der Schleimhaut in mehr oder 
weniger großen Stücken meistens sich abgeschält hat) an der 
Zungenspitze, Maulwinkeln, Zahnfleisch hinterlassen, die jedoch 
bald wieder, zumal denn, wenn schon bei dem Aufplatzen ein 
neuer Ersatz des Verlorengegangenen durch ein feines röthli- 
ches Häutchen stattgefunden hat, sich ergänzen, und fo mit 
Nachlaß und endlichem vollständigen Vergehen der pathologi- 
schen Aenderungen die Funktionen deS MauleS wieder, wie 
im Normalzustände, betrieben werden. 
Ch. W. 
(Fortsetzung folgt.) 
Verschiedenes. 
* Eine Episode auS Kaulbach'S Leben. Aus München 
schreibt man der ,.N. Fr. Pr": „ES dürfte wohl nur Wem- 
gen bekannt sein, daß Kaulbach zu Anfang der Dreißiger Jahre 
auf allerhöchsten Befehl auS Baiern ausgewiesen werden sollte. 
In jenen Tagen machte Friedrich Rohmer «uS Nördlingen 
durch seine freisinnigen Anschauungen viel Verdruß. Unter An- 
derm schrieb er — natürlich in einem außerbaienschen Journal 
— einen Artikel über die Münchener Kunstakademie, der die 
betheiligten Herren gewaltig verschnupfte. Da Wilhelm Krnil« 
dach viel mit dem Gefürchteten verkehrte, gerieth er um so mehr 
in Verdacht der intellektuellen Urheberschaft jeneS Artikels, als 
er in seiner Eigenschaft alS Künstler mit den besprochenen Ver- 
Hältnissen wohlbekannt sein mußte. Die Sache wurde dem 
König Ludwig hinterbracht, der in heftigen Zorn darüber ge- 
rieth und an den Minister deS Innern, Fürsten v. Wallerstein, 
ein Signat erließ, das diesen beauftragte, Kaulbach auS Bai- 
ern auszuweisen. Wallerstein erkundigte sich bei einem ihm 
näher bekannten Beamten um die Verhältnisse deS ÄnSzuwei» 
senden und erhielt den Aufschluß, daß derselbe ein Mann von 
hervorragender Begabung fei. In Folge dessen suchte er ihn 
in seinem Atelier auf und fand ihn mit seinem Carton für die 
Hunnenschlacht beschäftigt. Von diesem Augenblicke an stand 
es bei ihm fest, daß Kaulbach nicht ausgewiesen werden dürfe. 
Doch war bei dem bekannten Eigensinn des Königs nichts we 
niger räthlich als ein einfacher, trockener Bericht im Bureau- 
Wege. Der Zweck konnte nur auf einem Umwege erreicht wer- 
den und dazu bot General Heideck, zugleich als tüchtiger Ma- 
ler bekannt u. beim Könige beliebt, die Hand. Er setzte Kaul- 
dach von der Sachlage in Kenntniß, und während Fürst Wal- 
lerstein dem König schriftlich anzeigte, er fürchte von Sr. Ma- 
jestät selber deS Landes verwiesen zu werden, wenn er einen 
so hochbegabten Künstler wie den jungen Kaulbach ausweise, 
ward der Carton der „Hunnenschlacht" in Heideck's Atelier ge- 
bracht. Nachdem dies geschehen, sprach Heideck dem Könige 
von seiner neuesten Arbeit und legte es ihm nahe, sie in Au- 
genschein zu nehmen, wie er eS in andern Fällen auch gethan. 
Als nun der König Ludwig nach ein paar Tagen bei Heideck 
erschien, fand er außer dem Bilde deS Letztern auch Kaulbach'S 
Carton und war von der Großartigkeit der Conception mäch- 
tig überrascht. DaS imposante Werk söhnte ihn nicht bloS mit 
dem Künstler aus, sondern verschaffte demselben auch die volle 
Gnade, und von der Ausweisung war natürlich nie mehr 
die Rede." 
* In einem Städtchen am Rhein wurde von einem Bar- 
bier jüngst ein eigentHümlicheS Jubiläum gefeiert, der Tag 
nämlich, an welchem er 60 Jahre zuvor zum ersten Male 
rasirt hatte. Er wies nach, daß er während jener 60 Jahre 
200,012 Mal barbirt und damit Netto 3900 Thaler ver« 
dient hatte. Wie viel Tonnen Blut er dabei vergossen und 
wie viel Geschichten er aufgetischt, davon sagt die Statistik 
nichts. 
* Was der Telegraph kann. Amerikanische Blätter 
erzählen: „In Vonaparte, Staat Iowa, erschien dieser Tage 
ein Liebespaar im Telegraphenbureau. Zu derselben Zeit stellte 
sich auf dem Telegraphenbureau H^ Koekuk, Iowa, ein Geistli- 
cher ein. Letzterer telegraphirte Äm Pärchen: „Reichet euch 
die Hände!" In derselben Weise wurden die übrigen Trauungö- 
Ceremonien vorgenommen und hie letzte Depesche von Koekuk 
bestand im priesterlichen Segen für die Neuvermählten." 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber : vr. Rudolf Schädler. 
Thermometerstand nach Reaumur in Vaduz. 
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Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
14; Oktob. Silber 103.80 
20-Franken stücke ....... 8.83 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

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