StedlifettfM
Aweiter Jahrgang
Vaterländisches.
It. Oktober. Heute fand die feierliche Begehung
deS GeburtSfesteS seiner Durchlaucht unseres Landesfürsten in
sämmtlichen Kirchen deS Landes in der üblichen Weise statt.
Vaduz. 12. Oktober. DaS HülfSkomite für die Brand-
beschädigten MeiningenS hat sämmtliche Vorsteher deS Landes
auf Sonntag den 18. d. M. nach Vaduz zu einer diesbezüg
lichen Besprechung eingeladen.
Baduz, 14. Oktober. Im Verlaufe voriger und Anfangs
dieser Woche hat die Weinlese im ganzen Lande stattgefunden.
Die Qualität deS heurigen Weines dürfte eine vortreffliche wer
den, da eineStheils Traube und Rebe vorkommen gesund wa
ren, und anderntheils das ausgezeichnete Septemberwetter die
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junge Weinmost 90—102 Grade nach Oel^tin.) Z» quan-
titativer Beziehung ist die Ernte, obwohl ste stch im Allgemei-
nen kaum über eine schwache Mittelernte erhob, doch über
Erwarten günstig ausgefallen, da man fast allgemein in An-
betracht der starken Frühlingssröste sich einen geringer» Ertrag
versprochen hatte. DaS für die Weingährung so außerordent-
lich günstige, gleichmäßige und schöne Herbstwetter, daS unS
gegenwärtig der Himmel spendet, läßt auch hoffen, daß der
Wein einen gesunden, haltbaren Charakter erhält und nicht
durch eine überstürzte Gährung Schaden leidet.
Politische Rundschau.
Deutschland. Ein Ereigniß, welches in ganz Europa
großes Aufsehen erregt hat, ist die Sonntag, den 4. Oktober
erfolgte Verhaftung deS früheren Botschafters des deutschen
Reiches bei der Regierung der französischen Republik, Grafen
Franz vo» Arnim. lieber den Hergang erfährt man folgendes:
Graf v>. Arnim feierte auf seinem bei Berlin gelegenen
Gute Nassenheide gerade sein GeburtStagsfest. als mehrere
Herren aus Berlin sich anmelden ließen. ES waren dies der
Kriminal-Inspektor Pick, zwei Herren auS dem Ministerium
deS Auswärtigen, ein Staatsanwalt aus Stettin und der Un-
lersuchungSrichter vom hiesigen Stadtgericht, Herr Stadtgerichts-
rath Peccatore. Letzterer verlangte die Herausgabe von sieben
Briefen (Actenstücke») die daS Auswärtige Amt an den Gra-
fen gerichtet hat, die dieser aber als Privatbriefe betrachtet,
aus welchen er gewisse Eivilansprüche herzuleiten beabsichtigt.
Da der Gras die Herausgabe der Briefe verweigerte und
dieselben bei der sofort veranlaßten Hausdurchsuchung nicht
vorgefunden wurden, so erfolgte die Verhaftung, und wurde der
Gras in die Stadtvogtei nach Berlin abgeführt. Auch in dem
hiesigen Palais, Pariser Platz 4, und in dem Palais der
Mutter des Grasen hat eine Hausdurchsuchung stattgefunden,
indeß, wie wir hören, ohne daß ein Resultat erzielt worden
ist.. Me Verhaftung des Grafen Arnim ist erfolgt auf
Grund der 8§ 133 und 138, Alinea 2 deS deutschen Straf
gesetzbuches.
Ueber den Anlaß zu Arnims Verhaftung erfährt die „Rerdd
Mg. Ztg.":« Beim Eintreffen deS Fürsten Hohenlohe in
Pari« zeigte sich, daß das politische Botschaftsarchiv unvoll-
ständig sei. Eine genauere Revision ergab, daß eine große
Anzahl Aktenstücke von hervorragend politischer Bedeutung nicht
aufzufinden sei. Graf Arnim ließ auf wiederholtes Mahnen
durch eine dritte Person einen geringen Theil der fehlenden
Schriften dem Auswärtigen Amt wieder zustellen; vom Ver-
bleib eines größeren TheileS gab Arnim vor nichts zu wissen;
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verweigert- den Erlassen des Auswärtigen AmteS auf Rückgabe
jede Beachtung. Bei solcher Sachlage mußte die Hülfe deS
Gerichtes in Anspruch genommen werden. — Der „Kreuzzt,"
zufolge liegt die Frage wegen der Verhaftung, beziehungsweise
Freilassung deS Grafen Arnim seit gestern dem Kammergericht«
zweiter Instanz zur Entscheidung vor.
Die Königin Mutter Marie von Baiern wird in den
nächsten Tagen zur katholischen Kirche übertreten.
Oesterreich. Die Session der Landtage eilt ihrem Schlüsse,
zu und nachdem eine Anzahl dieser BerathungSkörper feine
Sitzungen bereits geschlossen, werden bis zum 17 d. M. die
übrigen ihre Verhandlungen beendet haben. Eine nicht und«,
deutende Anzahl von Arbeiten wird bei der Kürze der dieSma»
(igen Session sür die nächste LandtagSkampagne zurückbleiben
müssen und fehlt es in einzelnen Landtagen nicht an leichten
Klagen hierüber, allein schließlich trägt man doch der Erkennt«
niß Rechnung, daß den Arbeiten deS Reichsraths der Vorrang
gebührt und zwar dies in dem beginnenden SessionStheile um
so mehr, al.S eminent praktische wirthfchaftliche Fragen denselben
ausschließlich beschäftigen sollen.
Die öffentlichen Festlichkeiten für die Rordpolfqhrer find
abgeschlossen, aber der „Römische Kaiser" hat seine Gäste nicht
entlassen wollen ohne ihnen im engeren Kreise auch seinerseits
noch eine Ovation zu bereiten. Der Wirth bot den „Gründern
und Förderern der Expedition und ihren heldenmülhigen Füh
rern und Theilnehmern« eine solennes Dejeuner. Der Speise-
zettel auf weißer Seide gedruckt, an der Spitze die österreichisch-
ungarische Flagge und darunter eine Karte vom Franz-IosesS-
Land zeigend, brachte: klare Kraftsuppe stark, für den 83.
Breitegrad, Nowaja-Semlja-Fisch in arktischer PackeiSbrühe,
Eisbärrücken vom Kap Wien, Polarkrebse vom Austria-Sund,
Fasanen im Nordpol-Kostüm, Nardöer LandungSsalat, Glei-
scher-Kreme im Nordlichtschein und österreichisches Obst. Wäh-