Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

Liechtensteinische 
Zweiter Jahrgang. 
Vaduz, Freitag 
Nr. 41. 
den 9. Oktober 1874. 
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Ausland bei der 
und Gelder 
Aufruf 
zur Hülfeleistung für die Brandbeschädigten 
Meininge.nS. 
Am 5. v. MtS, wurde die Stadt Meiningen im beut- 
schen Reich von einem schrecklichen Brandunglück heimgesucht 
In der kurzen Zeit von 7 Stunden sind 217 Wohnhäuser, 
viele Scheunen, Stallungen und Nebengebäude ein Raub der 
durch einen rasenden Sturm noch mehr angefachten Flammen 
geworden, trotz aller Anstrengungen der so zahlreich anwesen- 
den und ° trefflich geleiteten Löschmannschaften, lieber 2394 
Personen verloren ihr Obdach und fast alle ihre HabseliM<, 
ten, und tonnten die meisten mit mMtNM nur Hoch Ä 
naifte Leven reuen VJ(tt grametftN&Nr Herten 
den Augen starrten am folgenden Bkörgeii die Unglücklichen 
auf die leergebrannten Stätten, wo sie nvch vor wenigen 
Stunden in Glück und stillem Frieden sich heimisch gefühlt. 
Viele der so Verunglückten traf das harte Loos, mehrere 
Nächte unter freiem Himmel zubringen zu müssen. 
Der nahe Winter vor der Thür, ohne Obdach, Kleidung, 
Betten und Nahrungsmittel, befindet stch die Mehrzahl der 
Betroffenen in einer sehr bedauernSwerthen Lage. Es haben 
deshalb von nah und fern edle Menschenfreunde zur schleuni- 
gen Hülfeleistung sich zusammengethan, und auch an Liechtensteins 
Bewohner ergeht hiermit der Ruf, Herz und Hand für die 
Bedrängten, unsere Stammverwandten, zu öffnen. 
Auch wir haben in unseren großen Unglücksfällen, durch 
Überschwemmungen und Feuersbrünste herbeigeführt, auSwär- 
tiger Hülfe in fo reichem Maße uns zu erfreuen gehabt, und 
Jene, denen solche Hülfe geworden, werden wohl am besten 
zu würdigen wissen, waS eS heiße: im Unglück nicht verlas- 
sen zu sein? 
Abgesehen davon, daß eS Menschen- und Christenpflicht 
ist, den Unglücklichen nach Vermögen zu helfen, ist eS für uns 
auch eine Ehrenschuld, nun wieder zu geben, nachdem wir in 
ähnlichen Fällen schon öfter reich empfangen..Zudem sind wir 
nie sicher vor neuen Schicksalsschlägen, wo sodann wir aber- 
malS unsere hülfesuchenden Blicke über die engen Grenzen un- 
serer Heimath lenken müßten. 
Der Herr hat unS ein reicheres Jahr geschenkt, alS wir 
im Frühling zu hoffen uns getrauten; legen wir freudigen 
und dankbaren Herzens etwas davon auf den geheiligten Altar 
der Bruderliebe! 
Wer geben will, gebe bald! 
Auch die kleinste Gabe ist willkommen! 
Zur Empfangnahme von Liebesgaben ist bereit das unter- 
zeichnete Konnte für die Brandverunglückten MeininMyS. 
Christof Wanger in Schaan; Dr. Rudolf Gchädler/ I. G. 
Marxer, Felix Real, A. Hinger in WdW ■'# 
Vaduz, den 6. Oktober. 
Vaterländisches. „ 
(m) Bilder aus der vaterländischen beschichte. 
(Fortsetzung.) 
Die- . Dattenberg und der niedere Adel deS 
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dem WWWW zwischen BalzerS und MelS steht 
die ansehnliche Ruine der noch im letzten Jahrhundert bewohn- 
ten Burg Gutenberg. ThomaS Lyrer schreibt ihre Erbauung 
dem Kaiser Kurio zu, welcher deS Glaubens wegen aus Rom 
vertrieben seine Zuflucht in den rhütischen Thälern gesucht 
habe. Diese Angabe hat aber nur insofern? für unS einen 
Werth als ste bezeugt, daß von jeher die Gründung der Burg 
in die früheste Zeit versetzt wurde. Am wahrscheinlichsten ist 
eS, daß ein Inhaber des königlichen HofeS in BalzerS die 
Burg erbaut habe. Dieser Hof wird zuerst im Zinörodel deS Bis- 
thumS Chur erwähnt, dessen Abfassung zwischen daS 9. und 
11. Jahrhundert fällt. Damals bestand der Hof auS 100 
Jucharten Ackerland und eben .fo. viel WieSland. Auch gehör- 
ten zu demselben 2 Alpen, 2 Mühlen, 2 Kirchen mit ihrem 
Zehnten und ein guter Wald. Zu dieser Zeit war ein ge- 
wisser Palduin Lehenträger des HofeS, der Eigenthum deS 
Reiches war und zur Burg gehörte. Dieses UmstandeS wegen war 
der jeweilige Inhaber der Letztern nie dem Grafen von Vaduz un- 
terworfen, sondern er stbte in seinem Bezirke die höhere und 
niedere Gerichtsbarkeit. So bildete Gutenberg mit den dazu 
gehörigen Gütern eine Art selbständige Herrschaft. Die Ed- 
len, welche dieselben zum Lehen hatten nannten sich von Gu- 
tenberg. Zur Zeit deS Interregnums benützten manche Herren 
die günstige Gelegenheit.sich Besitzungen des Reiches anzueig- 
nen DaS scheinen auch die Herren von Freudenberg in Be- 
zuy auf Gutenberg gethan zu haben. Sie betrachteten sich 
als Lehnsherren dieser Burg und traten ihr vermeintliches Recht 
an die Grafen von Werdenberg ab. Kaiser Rudolf hatte 
seinen Söhnen außer der Herrschaft Laax auch alles waS sonst 
in Rhätien zum Reiche gehörte, als Lehen gegeben. Diese 
machten nun auch ihre Rechte auf Gutenberg geltend. DaS 
sah Ulrich von Gutenberg ungern und schloß sich daher der 
Verschwörung an, durch welche die Ermordung deS Kaisers 
Albrecht bewerkstelligt wurde. Als Theilnehtmr am Verbrechen
	        

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