nalen RechtS, ein Schritt weiter auf dem Wege, der zur Re-
gelung des internationalen FaustrechtS führt. Insofern können
auch die fleinern Staaten sich mit der „Erklärung" befreunden.
WaS den materiellen Inhalt der Brüsseler „Deklaration" be-
trifft, so ist dieselbe nach kompetentem Urtheil weit besser, als
der erste von Rußland vorgelegte Entwurf. Die allgemeine
Volkswehr wird durch sie nicht beeinträchtigt, da eine einfache
Feldbinde genügt, um den bewaffneten Volksmassen den mili-
täuschen Charakter zu verleihen.
Frankreich. Der alte Victor Hugo hat sich wieder ver-
nehmen lassen. An den in Genf gleichzeitig mit dem daselbst
versammelten „Institut für internationales Recht" tagenden re-
publikanischen „Kongreß für Frieden und Freiheit" hat derselbe
ein Schreiben gerichtet, daS wieder den ganzen grotesken Styl
trägt, in welchen der Dichter seine Zdeen, seine Liebe und sei-
nen Haß, auch in der Politik, zu kleiden pflegt. DaS Schrei-
den ist vom 4 Sept. auS Paris datirt an feine „theuren Mit-
bürger von der Republik Europa." Er bedauert zunächst nicht
dem Congreß beiwohnen zu können. Er hätte heute feine vor
fünf Jahren zu Gunsten deS Weltfriedens vorgebrachten Argu«
mente noch vermehrt, zu feinen Vorbehalten auf dem Lausan-
ner Congreß zu Gunsten dieses Weltfriedens noch neue hinzu-
gefügt; denn „was damals schlimm war, ist heute noch fchlim-
mer geworden; eine furchtbare Erschwerung ist eingetreten, daS
Problem deS Friedens hat sich durch ein gewaltiges Räthsel
deS Krieges verwickelt. Der alte Satz: Quidquid deJirant reges
hat seine Wirkung geübt. Alle Brüderlichkeit ist vertagt; an
die Stelle der Hoffnung ist die Drohung getreten; man hat
eine Reihe von Katastrophen vor sich, davon eine die andere
gebiert, und man muß sie schlechterdings durchmachen, die Kette
bis an ihr Ende abwickeln." Die Schmiede dieser Kette sind
ihm „zwei Menschen: LouiS Bonaparte und Wilhelm," die er
beide als „Pseudonyme" bezeichnet, „denn hinter Wilhelm steht
Bismarck und hinter LouiS Napoleon Macchiavelli." Dann
sagt er: die Logik der gewaltsamen Thatsachen habe sich dahin
entwickelt, daß „daS militärische Kaiserreich sich zum gothifchen
Kaiserreich entwickelt habe, von Frankreich auf Deutschland über-
gegangen sei. Und eben darin liege daS Hinderniß. Alles was
geschehen ist, müsse wieder ungeschehen gemacht werden." Und
Viktor Hugo ruft auS: „Entsetzliche Notwendigkeit! Zwischen
unS und der Zukunft liegt ein Berhängmß. Der Friede ist nur
nach einem Zusammenstoß, nach einem unerbittlichen Kampf ab-
zusehen. . . . Die ganze jetzige Lage ist ein düsterer, dumpfer
Haß." In Frankreich sei die ganze Welt auf die Wange ge-
schlagen worden und allen Völkern die Röthe inS Gesicht ge-
stiegen. „Der Schimpf widerfuhr der Mutter. Daher der Haß."
In gleichem Geist ist das ganze Schreiben gehalten, feine wei-
tere Entwicklung nur ausgeführtes Detail der Anschauung, daß
Frankreich die Mutter der Welt und ihrer Eivilifation sei.
Italien. Hier ist wieder ein Ministerwechsel in Aussicht.
Der vielversprechende aber wenig haltende Finanzminister Ming-
hetti soll durch den frühern Minister Sella ersetzt werden.
Auch die sehr franzosenfreundliche Politik deS Ministers deS
Aeußern, Visconti VenoSta, soll sehr erschüttert sein. DaS
jüngste Auftreten der französischen Regierung, ihre theilweise
Italien beleidigenden Noten waren geignet, die stetSfort gut
erhaltenen Beziehungen und Sympathien gegen Deutschland zu
stärken. Daher die sofortige Zustimmung zur Anerkennung
Spaniens nach Berlin erfolgt ist. Italien fühlt immer mehr,
daß einzig und allein die Machtfülle Deutschlands ihm die
französischen Pressionen vom Halse hält. Eine am Lebensmarke
zehrende Thatsache bleibt immer daS namentlich gegenwärtig
in Sizilien florirende Räuberwesen. Es sollen vom italienischen
Ministerium energische Maßregeln ergriffen worden fein, diesem
Krebsübel zu steuern. Vom KriegSministerium soll der sich
schon früher durch die Unterdrückung deS BrigantenthumS im
Neapolitanischen ausgezeichnete General Pallavicini beauftragt
worden fein, die Operationen gegen die Briganten im Sici-
lianischen zu übernehmen.
Türkei. Wegen des schlechten Ausfalls der Ernte ist die
Ausfuhr von Getreide auS Albanien durch eine Verfügung der
Pforte verboten worden. — Die auS Kleinasien einlaufenden
Berichte über die neue Ernte bestätigen die Besorgnisse in Be-
treff derselben in ihrem vollen Umfange; sie ist in jeder Beziehung
ungenügend und man muß sich daher auf eine abermalige Hun-
gersnoth gefaßt machen, die, falls nicht rechtzeitig energische
Mittel ergriffen werden, noch viel schrecklicher sein wird; denn
die durch die letzte HungerSnoth dezimirte und geschwächte Be-
völkerung besitzt jetzt noch viel weniger Widerstandskraft als
vorher. Man rechnet jetzt 150,000 Menschen, welche dem
Hungertod oder den auS dem Elend erzeugten Epidemien in
den betreffenden Distrikten erlegen sind.
Verschiedenes.
Die achte Jahresfeier der Fetten wurde in üblicher Weise
zu Gregory'S Point im Staate Connecticut begangen. Der
Verein zählt jetzt 95 Mitglieder aus den Ost-, West- und
Mittelstaaten Amerika'S. Durchschnittlich wiegt jedeS Mitglied
2241/2 Pfd., und 200 Pfd ist das Minimum Fleischmasse
die ein Mitglied besitzen muß. Zum Präsidenten wurde der
schwerste Hr. Willurd PerkinS, gewählt. Er ist zwar noch
jung an Jahren, erst 22 alt, auch nicht lang, nämlich nur
5' 4", aber von einer respectablen Masse. Der wahrschein-
lich eigenS construine Prästdentenstuhl ist in diesem Jahre mit
369 Pfd. belastet. Dem Präsidenten zunächst an Gewicht
kommt ein Koloß von 351 Pfund; zwei andere VereinSbrü-
der wiegen 312, resp. 305 Pfd. Alle übrigen Vereinsmitglie-
der sind minor» siäers, Klumpen von 200—300 Pfund. —
* Meiningen (die Hauptstadt von Sachsen-Meinin»
gen) wurde in der Nacht vom 7. auf den 8. d. MtS. von
einem schweren Brandunglück heimgesucht Von der Stadt-
kirche und dem Markt aus ist die ganze Altstadt nach Norden,
Nordosten und Osten ein einziger großer Trümmerhaufen, auS
dem nur einzelne Mauern und Schlotte, eiserne Säulen, ver-
bogen und zerborsten, aufragen, das ganz grauenhafte Bild
einer Zerstörung, die das Werk nur weniger Stunden gewesen
war! — Von 700 Häuser« und Grundstücknummern sind weit
mehr als 200 vom Unglück betroffen worden, darunter das
Rathhaus und das fiskalische LandschaftSgebäude am Markte.
Der furchtbare Orkan aus Süden umspringend nach Süd-
Westen und Westen verbreitete daS Feuermeer blitzesschnell und
unwiderstehlich nach allen Seiten, der menschlichen Gegenan-
strengungen spottend. An Wasser war nichts weniger als
Mangel, beinahe überall sind Bäche und Rinnsale in den
Straßen, überdieß der Werra-Fluß dicht in der Nähe. An
Feuerwehren fehlte eS auch nicht, Hülfe kam von allen Nach-
barorten, auch aus Bayern. Die Hildburghausener Feuer-
wehr zeichnete sich besonders aus durch den Schutz der Stadt-
Pfarrkirche und der bedrohten Hofapotheke neben dem Rath-
hause. DaS Element wollte sein Opfer haben und konnte
erst gegen 2 Uhr Früh gebändigt werden. Der Herzog war
selber auf der Unglücksstätte und leitete mit die Löschversuche.
Obdachlos wurden gegen dritthalbtausend Menschen, die nicht
nur ihre Wohnungen, sondern auch zumeist all ihre fahrende
Habe verloren. Ein HülfSkomite ist konstituirt, hat seinen Auf-
ruf erlassen und sorgt mit größter Anstrengung für die Pflege
und Unterbringung der Abgebrannten. Die Aufgabe ist-in-
deß so groß, daß der Nothstand noch lange fortdauern wird,