Zweiter Jahrgang.
Vaduz, Freitag . Nr, 34. den 21. August 1874
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Vaterländisches.
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte.
22. Die Grafen v. Werdenberg und SarganS.
(Rudolf v. HabSburg.)
Nachdem die Rechtlosigkeit und Gewalttätigkeiten zur
Zeit deS JnterregeumS unter der deutschen Nation den Wunsch
wieder ein ReichSoberhaupt zu erhalten, immer reger machte,
sahen sich endlich die Churfürsten gezwungen eine Wahl
zu treffend Nach langen Unterhandlungen wählten sie den
Grafen Rudolf v. HabSburg (1273.) Dieser gehörte keines-
wegS zu den reiche» Fürsten, obgleich er ansehnliche Befitzun-
gen in der heutigen Schweiz, im Elsaß und Schwarzwald be-
saß Dafür zierten ihn wahrhaft ritterliche Tugenden die ihn
zum Herrschen befähigten ' Er war einfach in seinen Sitten,
rechtSliebend, tapfer und religiös gesinnt. Bei allen Ständen
stand er in Achtnng. Manche Abenteuer waren von ihm be-
kannt Zn den Werkstätten und Trinkstuben der Zünfte, wie
auf den Burgen erzählte man von seinen Fehden und Waffen-
thaten. Als Kaiser wandte er alle Kraft an um die Ruhe im
Reiche wieder herzustellen, die Raubritter zu strafen und ihre
Burgen zu brechen. „So lange er lebte, sagt eine alte Chronik,
war guter Friede in deutschen Landen, denn er schuf ein gutes
Gericht, daß Kaufleute ihre Waaren stehen lassen konnten, wo
sie übernachteten. Niemand wagte sie zu schädigen."
Während der kaiserlosen Zeit hatte sich König Ottökar von
Böhmen in den Besitz von Steiermark und Oesterreich gesetzt
Dem neuen Kaiser verweigerte er den Gehorsam. Dieser er*
klärte ihn daher in die Acht und überzog ihn zweimal mit Krieg.
In der zweiten Schlacht (1278) wurde Ottokar getödet. Ru-
dolf schwebte ebenfalls in Lebensgefahr. Er entging dem Schwerte
eines Bödmen nur durch die Aufopferung des thurgauischen
RitterS, Watther v. Romanschwag, den er dafür mit Geld und
Gut belohnte.
Mit dem Papste lebte Rudolf auf gutem Fuße. Gregor X.
versammelte 1274 in Lyon ein allgemeines Konzil. Rudolf
schickte seinen Kanzler dahin, um dem Papste die Versicherung
zu geben, daß er nicht wie die Hohenstaufischen Kaiser, in
Italien die Ausdehnung seiner Macht suchen wolle, und daß
er insbesondere den Kirchenstaat unangefochten lassen werde.
Die gleiche Versicherung wiederholte der Kaiser als er mit
Gregor X. nach Beendigung des Konzils in Lausanne zusam-
men kam. Er hielt auch sein Versprechen aufrichtig.
Rudolf sorgte insbesondere für die Ausdehnung seiner Haus-
macht. Mit Zustimmung der Churfürsten machte er auS den
Ländern, welche er Ottokar entrissen, ein Erbfürstenthum für
seine Familie. Sein ältester Sohn Albrecht wurde Herzog von
Oesterreich und wählte Wien zu seiner Residenz. (1282.) Für
seine Söhne erwarb er durch Kauf die Stadt Freiburg (in der
Schweiz) und Stadt und Land Luzern, sowie er ihnen die
Anerkennung als Kastvögte der Aebtifsin von Säckingen für
das Land Glarus und des AbteS von Einsiedeln verschaffte.
Hatte sich Hugo II. von Werdenberg schon früher
enge an Rudolf angeschlossen, so war dieS seitdem der letztere
Kaiser geworden noch mehr der Fall. Der Kaiser ernannte
ihn nun zum Landgrafen in Schwaben und zu einem könig-
lichen Pfleger in Churwaichen (1274). Hugo begleitete auch
den Kaiser auf seinen Zügen gegen Ottokar. Ueberhaupt bielt
er sich viel in der.Umgebung deS Königs auf, meist begleitet
von seinen Nachbarn Ulrich und Marquard v. Schellenberg.
Hugo leitete auch den Kalls der Stadt Freiburg von den
Grafen von HabSburg-Laufenburg, sowie später verschiedene
Besitzungen von demselben verarmten Geschlechte. Er selbst
kaufte vom Grafen Berchthold v. Hejfigenberg daö Schloß
gleichen Namens (1266). Hugo schlichtete im Jahre 1279
einen Streit zwischen dem Abt von PsäfferS und Heinrich v.
Wildenberg, dem Schirmvogt desselben, betreffend die Gerichts-
barkeit. Nach dem Schiedssprüche sollte der Schirmvogt nur
für das Blutgericht, für Alles andere aber der Abt zur
Entscheidung berechtigt sein Als Landgraf verbot Hugo, daß
Eigenleute ihrem rechtmäßigen Herrn entzogen würden. Durch
Krieg, Krankheiten und HungerSnoth sahen nämlich manche
Herren ihr Gebiet entvölkert und suchten daher fremde Eigen-
leute zu gewinnen, wodurch viele Streitigkeiten entstanden.
Hugo II starb 1280.
Alpwirthschaftliche Betrachtungen. (Ii.)
(Fortsetzung aus Nr. 23)
Der Weg zum Bessern, betreffend Verwaltung der Alpen,
liegt in tüchtigen sachverständigen Alpvögten, welche Lust und
Willenskraft genug besitzen, das Gemeindegut feiner eigent-
lichen Bestimmung zurückzugeben, d. h. dasselbe als ein zur
Nutzung, aber nicht zur Zerstörung anvertrauteS Gut zu be-
trachten.
Solche Männer, die Sinn Und Gewissen auch für die
zukünftigen Geschlechter in sich tragen, werden denn auch den
Kampf mit dem alten Schlendrian rüstig aufnehmen und den
Grundsätzen einer rationellen Alpenwirthfchaft ohne Borur-
theil sich empfänglich zeigen.
DaS noch offenstehende Feld einer rationellen Bewir-
thung der Alpen kann man in folgenden Sätzen zusammen-
fassen:
ES ist Aufgabe und Pflicht der Alpenbewohner, als zeit-
wellige Nutznießer eines anvertrauten Kapitals