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Zweiter Jahrgang.
Vaduz, Freitag
Nr. 33.
den 14. August 1874.
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Vaterländisches.
Landtagsverhandlunge«.
(Fortsetzung und Schluß.)
Bezüglich der Gesetzesvorlage über das SanitötSwesen gab
hauptsächlich 8 3 deS Entwurfes Veranlassung zu verschieden-
artigen Meinungsäußerungen. Wie schon der Kommissionsbe
richt mithetheilt hat, hatten sich 3 Mitglieder der jtommifsion
für einen ständigen LandeSphyfikuS mit einem fixen Ge-
halte ausgesprochen, während die übrigen 2 Mitglieder für
die Fassung deS RegierungSantrageS eingetreten waren. So-
mit , kann auch der Antrag der Kommissionsmehrheit dahin
lauten: „Der LandeSphyfikuS, dessen Wohnort am Sitze der
Regierung sein soll, wird vom Fürsten ernannt und hat für
seine. Amtshandlungen einen fixen Gehalt zu Recht" zunächst
zur Berathung.
Nachdem der Abg. Keßler für den Antrag und Kind
dagegen gesprochen hatten, kam derselbe zur Abstimmung und
wurde mit 9 gegen 4 Stimmen abgelehnt.
Bei der nun folgenden Berathung über den genannten
Paragraphen, wie er in der Regierungsvorlage erscheint, ent-
spann sich eine längere Debatte über die Zweckmäßigkeit und
Unzweckmäßigkeit der Bestimmung: „dessen Wohnort am Sitze
der Regierung sein soll" und wurde schließlich der Antrag des
Abg. Wanger, die eben genannte Bestimmung zu streichen und
den Paragraphen in folgender Fassung: „Der LandeSphyfikuS
wird vom Fürsten auf die AmtSdauer von 6 Jahren ernannt, von
der Regierung beeidet und hat für feine Amtshandlungen die
im III. Abschnitt aufgeführten Bezüge zu Recht" anzunehmen,
mit allen Stimmen genehmigt. Die weitern Paragraphe des
Entwurfes § 4 bis einschließlich § 31) werden hierauf ohne
Debatte unverändert angenommen.
Bei der namentlichen Abstimmung über den Gesetzentwurf
im Ganzen haben sich alle Abgeordneten mit „Ja" ansge-
sprochen.
VI. Gesetzentwurf betreffend die obligatorische
Schutzpockenimpfung.
Die bezügliche Regierungsvorlage lautet:
Wir Johann II. ic. ic. regeln mit Zustimmung deS Land-
tageS das Verfahren zur Durchführung der obligatorischen
Schutzpockenimpfung durch nachstehendes Gesetz:
Art. t.
Der Schutzpockenimpfung find zu unterziehen:
alle Hierlands gsbornen Kinder im 1. und 2. Lebens
alter, wenn nicht besondere arztlich bescheinigte bedeutende
KraniheitSumstände die Verschiebung der Impfung nothwendig
machen;
d. alle auswärts gebornen Kinder, welche vor Erfüllung
lhreS 6. AlterSjahreS nach Liechtenstein gebracht werden, inner
halb deS ersten halben JahreS nach ihrem Einzüge, foferne ste
nicht auch schon geimpft sind oder die natürlichen Blattern ge-
habt haben.
Art. 2.
ES steht jedem LandeSbewohner frei, sich und feine Angehö-
tigen von einem beliebigen Arzte impfen zu lassen, jedoch muß
dieser zur Ausübung der Praxis berechtigt und in Liechtenstein
wohnhaft fein.
Wer von diesem Rechte nicht bis Ende Aprit Gebrauch
macht oder darüber sich nicht auszuweisen vermag, daß er die
wahren Blattern gehabt habe, von dem wird angenommen,
daß er sich bei der alljährlich im Monate Mai stattfindenden
allgemeinen Innung impfen lassen wolle.
Geschieht dieS auch nicht, dann muß er sich der zwanA--
weisen Schutzpockenimpfung unterziehen, deren Vornahme im
Auftrage der Regierung dem LandeSphyfikuS obliegt.
Art. 3.
ES ist die Obliegenheit der Regierung, den Gemeindeärzten
stets guten, frischen Impfstoff zum Gebrauche zu? Verfügung
zu stellen.
Bon einem geimpften Kinde dorf ohne Vorwissen, seines
beigezogenen JmpsarzteS kein anderer Impfstoff nehmen. Hin-
gegen sind die Eltern verpflichtet, auf Verlangen deS Impf-
arzteS tauglichen Stoff von dem geimpften Knide nehmen
zu lassen.
Art. 4.
Die Pfarrämter und DrtSvorstehungen baben gemeinschaft-
lich alljährlich im Monat Jänner Verzeichnisse aller im abge-
Wicheyen Jahre geborenen und noch lebenden oder in
die Gemeinde eingezogenen imp Wichtigen Kinder aufzunehmen
und dieselben an die Regierung einzusenden.
Dieselben werden den Gemeindeärzten mitgetheilt und diese
haben bis Ende Juni eines jeden JahreS nominelle Ausweise
über die vorgenommenen einzelnen oder allgemeinen Jmpfun-
gen der Regierung vorzulegen. Diese Ausweise sollen den
Tauf- und GeschlechtSnamen deS Impflings, den Namen und
Wohnort seiner Eltern, daS Alter deS ersteren (mit Angabe
deS Geburtstages), den Tag der vorgenommenen Impfung, die
Art der Impfung (von Arm zu Arm oder woher der Impf-
stoff) endlich die Unterschrift deS JmpfarzteS enthalten.
Art. 5.
Eltern und Vormünder, welche sich weigern ihre impfflich-
tigen Kinder impfen zu lassen, werden nach vorausgeschickter
fruchtloser Ermahnung wegen ihrer PZidersetzlichkeit mit 2—20 fl.
bestraft. Abgesehen von dieser Bestrafung sollen die betreffen-
den Kinder vom LandeSphyfikuS geimpft werden.
Art. 6.
Die Honorirung deS ArzteS bei Einzelimpfungen bleibt le-