— Eine am 30. Juli Abends in Berlin stattgehabte Ka
tholikenversammlung konstituirte einen Berliner Verein der Zen
trumspartei behufS festerer politischer Vereinigung der Katho
liken nach erfolgter Schließung der Katholikenvereine. Die
Statuten wurden einstimmig angenommen.
Die Zahl der an den Reichskanzler Fürsten Bismarck ein-
gegangenen BeglückwünfchungS-Adressen (ganz abgesehen von
den Telegrammen, deren mehr als tausend eingegangen sind,
und den geradezu zahllosen Privatschreiben), von deutschen
Städten, städtischen Behörden und Vereinen, beträgt, laut der
N. A. Z., 132, Hierunter stnd fast sammtliche Staaten deS
deutschen Reiches und dessen namhafteste Städte vertreten. Die
Adressen sind zum Theil äußerst geschmackvoll ausgestaltet und
wahre Kunstwerke der Kalligraphie.
Oesterreich. In Döbling bei Wirn starb dieser Tage
der Baron Anselm Rothschild im 72. Lebensjahre an einem
Leiden der Prostata, das ihn schon seit 20 Jahren belästigt
hatte. Die „N. fr: Pr." widmet ihm einen Leitartikel, der
mit den charakteristischen und wenig schmeichelhaften Worten
beginnt:
„Der Zauberklang deS NamenS Rothschild hat für Oester-
reich eine wichtige, verhängnißvolle Bedeutung. Mit dem
Manne dieses NamenS, der heute für immer feine Millionen
verlassen hat, ist ein gutes Stück österreichischer Finanzgeschichte
verknüpft, mit ihm wird — wohl für immer - - ein ganzes
Shstem falscher, verderblicher Finanzpolitik zu Grabe getragen.
ES war eine traurige Zeit für Oesterreich, die Epoche vom
Jahre 1849 bis zum Jahre 1860, während welcher die Ver
bindung unserer Finanzwirthschaft mit dem Haufe Rotschild
die innigste war."
Im Uebrigen war Rothschild ein liebenswürdiger, beschei-
dener und wohltätiger Mann, der auch für die Kunst das
Seinige that, und den Ueberfluß von seinen Millionen in
nutzbringender Weise zu verwenden gewußt hat.
Belgien. Letzter Tage wurde in Brüssel der internationale
Kongreß eröffnet. Ueber seine Verhandlungen und Schluß-
nahmen wird eS vorläufig wenig zu berichten geben, da er in
seiner ersten kurzen Sitzung beschloß, dieselben streng geheim zu hal.
ten Das europäische Publikum wird sich über diesen Beschluß um
so leichter trösten, als im Allgemeinen von diesem Kongreß
(bei aller Anerkennung seines humanen Zweckes) keine großen
praktischen Resultate erwartet werden. England, dessen Bethei
ligung am Kongreß bekanntlich eine Zeit lang zweifelhaft war,
hat, nachdem eS die Zusicherung erhalten', daß die Marine
nicht Gegenstand der Debatten und Schlußnahmen sein soll,
sich schließlich ebenfalls zur Theilnahme entschlossen und in
Folge dessen seine Vertretung ernannt.
Frankreich. Die französische NationalveKammlung ist
müde geworden. Wer die Heldenthaten ihrer Wen Session
aufmerksam verfolgte, wird dies nicht unbegreiflich finden.
Es hat wohl noch kein parlamentarischer'Körper die große
Aufgabe, neue Ministerien zu schaffen, und diesen so rasch als
möglich das Leben zu verleiden, um bei der Unlust zu ernster
Arbeit doch mit etwas zu thun zu haben, so gründlich und
umfassend gelöst, wie die franz. Nationalversammlung. Nach
dieser ewigen Schaukelei and Gaukelei ist den ehrenwerthen
Volksvertretern wohl etwas Ruhe in ländlicher Stille und Zu-
rückgezogenheit zu gönnen. Am 6. August wird denn auch
wahrscheinlich die Kammer vertagt werden, um in der Unthä-
tigkeit wohlverdienter Ferien neue Kraft zu ihrem Scheinleben
zu holen. Das Zeitliche für immer zu segnen ist sie noch kei-
neSwegS gesonnen, und so wird Mac Mahon seine Getreuen
für die Spätherbst- und Wintersession mit offenen Armen
empfangen.
Der Fels von Reichshofen und Sedan hat endlich festen
Grund und Boden gefunden und steht sicher in der Brandung,
die heute dieses Ministerium von seinen Sesseln schwemmt, mor-
gen jenes auf die haltlosen FauteuilS hebt. Ob auch nach
den Ferien die ganze Arbeit der ehrenwerthen Versammlung
in jJntriguen und Ministenproduktion bestehen wird, ist heute
noch nicht abzusehen. Unwahrscheinlich ist'S nicht, wenn man
bedenkt, daß schon seit 2 Jahren dieser Art Regiment der Un-
tergang prophezeit war, daß man manches liebe Mal schon
stündlich auf ihren Tod wartete und sie trotz alledem und alle-
dem lustig fort vegetirt.
Die letzten Tage der laufenden Session wird die Versamm-
lung noch vollauf beschäftigt sein, Beginn und Dauer für die
das Land wichtigste Periode ihrer Existenz: die Ferien fest-
zusetzen.
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler.
Kornpreise vom Fruchtmarkt in Bregenz vom 31. Juli.
Der halbe Metzen
beste
mittlere
geringe
fl
kr. 1
fl
kr.
st.
kr.
Korn
4
50 1
4
25
4
Roggen . . . .
3
50 |
3
25
3
\—
Gerste
3
20 1
3
10
2
80
Türken ....
2
80 J
l
50
2
20
Hafer
1
85
2
75
1
70
Thernlometerstand nach Reanmnr in Badnz.
Monat
Morgens
7 Uhr
Mittags
12 Uhr
Abends
6 Uhr
Witterung.
Juli 29
+16
+23
+19
leichtbedeckt.Föhnst.
„ 30.
+ii %
+12
+11 %
trüb; Regen
31.
+ 13«/4
+13%
+12-/-
tt ff
Aug 1.
+14
+19
+17
fast bedeckt
» 2
+15
+ l93/ 4
+ 18%
fast hell
„ 3
+13%
+22
+ 16
halb hell Abd Reg.
.. 4.
+16
+ 18
+16
bedeckt; früh Reg.
Telegrafischer Kursbericht von Wien.
6. Aug. Silber .......... 103.50
20-Frankenstücke . 8.81
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.