dort schleunigst die Wiederaufhebung der Zollfreiheit für alle
Getreide Arten betreibe.
Schweiz. Letzten Sonntag hat in St. Gallen das eid
genössische Schützenfest begonnen. Wir theilen bei dieser Ge
legenheit unseren Lesern einige interessante Notizen über die Ge-
schichte der schweizerischen Schützenfeste, die wir einem Aufsatze
der „BaSl. Nachr." entnehmen, mit Eidgenössische Schützen-
feste kamen schon km 15. Jahrhundert vor. Eine größere AuS-
dehnung und neues Leben jetwch bot erst daS Schützenfest in
Aarau im Jahre 1824.
ES entstanden eine große Zahl von Gesellschaften. - Da-
malS war das Fett sehr einfach, man hatte nur über 15,000
Franken, worunter 2000 Fr. Ehrengaben, zu verfügen, wäh-
rend das diesjährige Fest über das fünfundzwanzigfache ge
bietet. So haben sich die Zeiten und die Verhältnisse geändert.
Damals waren nur wenige Scheiben aufgestellt, und die Fest-
bauten trugen einen sehr bescheidenen Schmuck. DaS Fest
dauerte nur 6 Tage (7. bis 12 Juni). Gleich bei dieser
ersten Feier trat die politische Bedeutung hervor, die daS Volk
instinktiv in seine Schützenseste legte; der Aargau, dessen Be-
- standtheile lauter ehemalige Unterthanenländer bildeten, feierte
in den Zunitagen !824 seine Konstituirung als freier, gleichbe
rechtigter Kanton. So einfach und prunkloS die Form war,
so stark und freudig regte sich der Geist. Die nächsten Ver
sammlungen, die in Bafel, Genf und Freiburg stattfanden,
hatten alle diese Richtung, und so wurde daS Fest das eidgen.
Stelldichein für alle Patrioten, welche den von den verbün-
deten Mächten und dem Patriziat aufgezwungenen BundeSver-
trag durch eine die Schweiz wahrhaft einigende Verfassung er-
setzen wollten.
Mit der Zeit nahmen die Feste an Ausdehnung, Frequenz
und äußerm Schmuck zu, und schon daS St. Galler Fest von
1838 wird als ein solches geschildert, daS alle früheren an
Pracht und Aufwand übertroffen habe. Die Gabensumme be-
trug schon Fr. 64,200, worunter Fr. 26,500 Ehrengaben.,
lieber die Frequenz giebt der H)urst einige Anhaltspunkte.^
ES wurden getrunken 56,000 Flaschen Festwein und 12,000
Flaschen andere Weine. Die Festhalle von Zürich (1859)
hatte bereits eine Länge von 320', eine Breite von 218' und
Raum für 4000 Personen. In Zürich trank man 114,000
Flaschen Bier und 121,000 Flaschen Wein. Der Schießstand
war 467' lang und für 96 Scheiben eingerichtet. DaS gegen-
wärtige Schießen zählt 130 Scheiben auf 4000' und 18 auf
1500' Distanz; die Festhütte hat eine Länge von 330' und
ist 64' hoch, und dies scheint nun die stereotype Dimension
der Festbauten zu bleiben.
Im Jahre 1861 zählte man nach offiziellen Mittheil-
ungen 26,038 Mitglieder, heute wird die Zahl etwa 35,000
betragen.
Wie das Fest seit 50 Jahren an unglaublicher Ausdeh
nung gewonnen, in Bezug auf Dimensionen, Höhe der Ehren-
preise, Frequenz, zweckmäßigere und luxuriöse Ausstattung und
an politischer Bedeutung, so hat auch die Wassentechmk, die
Fertigkeit im Schießen und die Zahl der Schützen zugenom-
men. Im Jahre 1824 schoß man noch mit den alten Stein-
schloßftutzern. Die Distanz nahm man auf 200—250 Schritt;
später bei den verbesserten Waffen stieg man auf 350; der
Feldstutzer, der lange mit den eingerosteten Borurtheilen und
der alten Praxis der Profefsionöschützen zu kämpfen hatte, er-
oberte sich eine Distanz von 1000', und heute schießt der ver-
vollkommnete Hinterlader auf 1500' Distanz.
Frankreich. Die wichtigste und fast einzige bemerkenS-
werthe Nachricht, die heute aus Frankreich zu verzeichnen ist,
ist der Rücktritt deS Finanzministers Magne, nachdem in der
Kammer seine Finanzprojekte mit der ansehnlichen Majorität
von 106 Stimmen (362 gegen 256) verworfen worden. Of-
fenbar ist Magne nicht allein um seiner mißliebigen Finanz
maßregeln willen gefallen, sondern mehr noch, weil der bona-
partistische Minister im Kabinet Mac Mahon's vielen Roya-
listen der Rechten, einem Theile deS rechten CentrumS mit
Audiffret»Pa6quier an der Spitze und der ganzen republckani-
schen Linken schon lange ein Dorn im Auge war.
ES ist daher sehr natürlich, daß der erste geeignete Anlaß
zu seinem Sturze begierig ergriffen wurde. Für die Bonapar«
tisten ist der Sturz Magne'S ein empfindlicher Schlag; sie ver
lieren durch ihn im Kabinet einen schlauberechnenden und ein-
stußreichen Sachwalter Magne führt inzwischen die Geschäfte
des Finanzministeriums bis zur Ernennung seines Nachfolgers
noch fort/
Spanien. Aus Spanien kommen schlechte Nachrichten.
Die Operationen gegen die Karlisten müssen für einige Wochen
aufgegeben werden, sei eS, weil die Truppen gänzlich deSorga-
nisirt sind, weil Krankheiten unter ihnen herrschen oder weil
daS Geld fehlt. Wahrscheinlich wirken diese drei Umstände
und noch andere Dinge mit. Zabala, übrigens kein hervor-
ragender Milttär, soll gesonnen sein, den Oberbefehl niederzu-
legen, der Finanzminister Comacho will ebenfalls zurücktreten.
Daß ein Mann auf diesem letzteren Posten eS nicht lange auS-
halten kann, ist begreiflich; denn wie soll er Geld für daS
Heer und für die Bezahlung der Staatsschuldenzinsen beschaffen
können, wenn die Kassen immer leer sind, Kredit gar nicht
vorhanden ist und untersten jetzigen Umstanden keine Steuern
eingehen?
Ueber die Exekution eines preußischen Offiziers durch Kar-
listen berichten preußische Blätter: Der von den karlistischen
Vorposten bei Villatuerta gefangen genommene Artillerie-Offi-
zier heißt Schmidt. Wenn er auch zum Theil der spanischen
Sprache mächtig war, so doch nicht so vollkommen, um sich
hinreichend verständlich machen zu können. Seine Eigenschaft
als Korrespondent deutscher Blätter konnte er nicht belegen,
da er leichtsinniger Weise seine Papiere nicht bei sich trug,
sondern bei seinem Gepäck gelassen hatte. Ein Fremder, — '
ein Deutscher und dazu noch preußischer Offizier im Bereiche'
der Vorposten — diese Anhaltspunkte schienen eS den Kar
listen gewiß zu machen, daß man es mit einem Spion, ja —
waS sein TodeSurtheil war — mit einem „Spion Bismarcks"
zu thun bätte. Der Beginn der Feindseligkeiten machte die
Konstituirung eines sofortigen Kriegsgerichts unmöglich; die
ungünstigen Chancen, unter denen Hauptmann Schmidt ge-
fangen genommen wurde, sprachen sein „Schuldig" a!S Spion
auS, und er wurde zum Tode verurtheilt laut Erkenntniß vom
28. Juni. Jede Vorstellung seinerseits, indem er sich zu jedem
ehrlichen Dienste bereit erklärte, wurde abgelehnt. Am 29.
Juni betheuerte er nochmals seine völlige Unschuld, nur Neu-
gierde habe ihn so weit vorgetrieben, vergeblich; am Abend
desselben TageS bat er um einen Priester und trat zur katho-
lischen Kirche über; seine letzte Nacht war gekommen, am
Morgen deS 30 Juni 5 Uhr empfing er die Sterbesacramente,
um dann um 6 Uhr mit einer Sektion von 22 Mann und
Offizieren der republikanischen Armee zusammen in den Tod
zu gehen. Um 7 Uhr war die Exekution vollstreckt — trotz- '
dem der „König" (Don CarloS) einen Kourier mit dem Be-
fehl, die Exekution unter keinen Umständen auszuführen, zur
rechten Stunde geschickt hatte. Einen Brief an seinen Bruder
durfte der Verstorbene noch schreiben; ob er jemals ankommen
wird? So starb hier ein preußischer Offizier mit dem eisernen
Kreuze 1. und 2. Klasse und mit dem mecklenburgischen Mi-
litär-Verdienst-Orden dekorirt.
Amerika. Die Feier deS 4 Juli, deS Jahrestags der
Unabhängigkeitserklärung ist, wie der Telegraph meldete, in
gewöhnlicher Weise vor sich gegangen. In Philadelphia be-
gann man mit dem Bau des AuSstellungSgebäudeS und die
große Brücke über den Missisippi in St. Louis, die 9 Millio
nen Dollars kostet, wurde mit einer imposanten Feier eröffnet.