Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

§ 2. Ueber die Notwendigkeit und den Umfang der Ex- 
propriation entscheiden die politisch-administrativen Behörden. 
8 3 Die ziffermäßige Feststellung der zu leistenden Ent 
schädigung hat zunächst die Regierung unter Zuzug von we- 
nigstenö zwei unparteiischen Sachverständigen im Wege der 
Vereinbarung der Parteien zu versuchen. 
§ 4. Bei der Ausmittlung des Entschädigungsbetrages 
sind sowohl der wirkliche Werth des zu expropriirenden Eigen- 
thums, welchen die Oertlichkeit und die Beschaffenheit desselben 
nach den laufenden Preisen darbieten, als auch die allfälligen 
neuen Lasten, welche dem Eigenthümer erwachsen, in Anschlag 
zu bringen. 
8 5. Gelingt eS der Regierung zwischen den Parteien ein 
Abkommen zu erzielen oder wird gegen die von der Regierung 
schriftlich gemachten EntschädigungSanträge innerhalb 2 Wo 
chen vom Tage der Verständigung der betheiligten Parteien 
durch letztere keine Einsprache erhoben, so erscheint das Ab- 
kommniß eventuell der Regierungsantrag maßgebend und für 
beide Theile bindend. 
Im entgegengesetzten Falle hat daS fürstliche Landgericht 
über Ansuchen der Partei die gerichtliche Schätzung des zu 
expropriirenden Objektes zu verfügen. 
§ 6. Der durch die gerichtliche Schätzung ermittelte Ent- 
schädigungSbetrag ist dem Grundeigenthümer sofort auszuzahlen 
oder wenn die Zahlung wegen Verweigerung der Annahme 
oder auS anderen rechtlichen Gründen nicht geschehen kann, 
beim gerichtlichen Depositenamte zu erlegen, wornach der Ex- 
propriationSwerber in das Eigenthum des expropriirten Objek- 
teS tritt und an der beabsichtigten Benützung desselben nicht 
mehr gehindert werden darf. 
§ 7. Sind jedoch bei der Schätzung die Vorschriften über 
den gerichtlichen Kunstbefund unter Berücksichtigung des 8 5 
dieses Gesetzes nicht eingehalten worden, so bleibt dem Eigen- 
thümer, der auf eine höhere Entschädigung Anspruch zu machen 
glaubt, in dieser Beziehung der Rechtsweg vorbehalten 
8 8. Die Regierung ist berechtigt zum Zwecke der AuS- 
führung eines öffentlichen Werkes die Aufnahme von Plänen 
und die Vornahme von Absteckungen anzuordnen oder zu ge- 
statten, auch bevor die Errichtung dieses Werkes bewilligt 
wurde. 
8 9. Macht die Regierung von dieser Befugniß Gebrauch, 
so ist Jedermann verpflichtet, auf seinem Eigenthum solche Ver- 
Messungen, Aussackungen oc. )c., welche jedoch auf den strengen 
Bedarf einzuschränken sind, geschehen zu lassen, dabei aber auch 
berechtiget, vollen Ersatz für allen ihm hieraus erwachsenden 
Schaden zu fordern. 
Baron in der Allee lustwandelnd begegnete, eben der Fremde 
war. 
Der Baron redete ihn an, entschuldigte eindringlich fem Be- 
nehmen in der gestrigen Nacht, und schloß damit, den Fremden 
in aller Form um Verzeihung zu bitten. Der Fremde meinte, 
er habe gar nicht zu verzeihen, da man dem im eifrigen Spiel 
begriffenen Spieler vieles zu Gut halten müsse, überdem er aber 
allein sich auch dadurch, daß er hartnäckig auf dem Platze ge- 
blieben, wo er den Baron geniren müssen, die harten Worte 
zugezogen. 
Der Baron gieng weiter, er sprach davon, daß es oft im 
Leben augenblickliche Verlegenheiten gebe, die den Mann von 
Bildung auf das empfindlichste niederdrückten, und gab nicht un- 
deutlich zu verstehen, daß er bereit sei, das Geld, das er ge- 
Wonnen, oder auch noch mehr hinzugeben, wenn dadurch vielleicht 
dem Fremden geholfen werden könnte. 
„Mein Herr," erwiederte der Fremde, „Sie halten mich für 
bedürftig, das bin ich gerade nicht, denn mehr arm als reich, 
habe ich doch so viel, als meine einfache Weise zu leben fordert. 
Zudem werden Sie selbst erachten, daß ich, glauben Sie mich 
8 10. Wer Signale, Pfähle oder andere Zeichen, die bei 
einer für öffentliche Zwecke stattfindenden Vermessung oder Aus- 
steckung angebracht werden, verändert, beschädigt oder beseitigt, 
verfällt in eine Geldstrafe von 3 bis 20 fl, wovon dem An- 
zeiger ein Drittel zukommt 
8 11. Die Kosten, welche bei AusmitUung der Entschädig« 
ung durch die im 8 3 erwähnte Regierungskommission auf- 
laufen, hat der Expropriationswerber zu tragen, an welchen 
die Abtretung stattfindet. 
Jene Kosten hingegen, welche durch die Betretung des 
Rechtsweges entstehen, werden vom Richter nach rechtlichem 
Ermessen verlegt. 
Der vorliegende Gesetzentwurf hat nachträglich die fürst- 
liche Sanktion nicht erhalten. 
(Fortsetzung folgt) 
Vaduz, den 28. Jänner. Landesverweser von Hausen 
ist am 23. d. M. von Wien zurückgekehrt und bat bezüglich 
der Abzahluugsraten des von Sr. Durchlaucht zugesicherten 
unverzinslichen Anlehens von 125,000 fl. sehr günstige Re- 
sultate erzielt, indem das neue Anlehen mit dem alten von 
50,000 fl. verschmolzen und in 20 gleichen Jahresraten vom 
Jabre 1875 an zurückbezahlt werden soll. 
Vaduz, 29. Jänner. Die nächste und wahrscheinlich die 
letzte Sitzung der Landtages ist auf den 1. Februar anberaumt 
worden. Auf der Tagesordnung steht: 
Berathung des Gesetzentwurfes über Flüssigmachung und 
Abzahlung der dem Lande zu Rheinschutzbauten von Sr. 
Durchlaucht bewilligten Geldvorschüsse. 
Politische Rundschau. 
Die Wahlreform-Frage in Oesterreich (Einführung von 
direkten Reichsrathswahlen) ist noch nicht gelöst. Nach dem 
Berichte eines Correspondenten der„Allg. Ztg". ist jedoch das 
Ministerium fortgesetzt von der unbedingtesten Zuversicht in 
daS Gelingen des Reformwerkes erfüllt und steht die Sanktion 
des Kaisers für die nach Maßgabe der letzten Detailberathun- 
gen jetzt definitiv redigierte Vorlage in jedem Augenblick, je- 
denfallS vor der alsbald stattfindenden Rückkehr des Monar- 
chen nach Ofen zu erwarten. — 
Ueber die Controverse Beust-Grammont schreibt die „Köln. 
Ztg.": Wenn dem Grafen Beust jetzt verboten wird, den 
Streit mit Grammont fortzusetzen, so mag dies vom Stand- 
punkte der österreichischen Regierung gerechtfertigt sein, nur 
wäre es besser gewesen, das Verbot eiuige Wochen früher zu 
erlassen und den Brunnen zuzudecken, ehe das Kalb hmeinge- 
beleidigt zu haben, und wollen es durch ein gut Stück Geld 
abmachen, dieß unmöglich als ein Mann von Ehre würde an- 
nehmen können, wäre ich auch nicht Cavalier." 
„Ich glaube," erwiederte der Baron betreten, „ich glaube 
Sie zu verstehen, und bin bereit, Ihnen Genugtuung zu geben, 
wie Sie es verlangen." 
„O Himmel," fuhr der Fremde fort, „o Himmel, wie un- 
gleich würde der Zweikampf zwischen uns beiden sein! — Ich 
bin überzeugt, daß Sie eben so wie ich den Zweikampf nicht 
für eine kindische Raserei halten, und keinesweges glauben, daß 
ein Paar Tropfen Blut, vielleicht dem geritzten Finger entquol- 
len, die befleckte Ehre wieder rein waschen können. Es gibt 
mancherlei Fälle, die es zweien Menschen unmöglich machen tön- 
nen, auf dieser Erde neben einander zu existiren, und lebte der 
eine am Caucasus und der andere an der Tiber, es gibt keine 
Trennung, so lange der Gedanke die Existenz des Gehaßten er- 
reicht. Hier wird der Zweikampf, welcher darüber entscheidet, 
wer dem andern den Platz auf dieser Erde räumen soll, noch- 
wendig. — Zwischen uns beiden würde, wie eben gesagt, der 
Zweikampf ungleich sein, da mein Leben keineswegs so hoch zu
	        

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