Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

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satzmann; die beiden einzigen Jstrianer und Görzer erhoben 
sich gegenseitig zu Delegativnsmitgliedern. Für Vorarlberg 
aber hat, weil es im Reicherath zur Zeit nicht einmal einfach 
vertreten ist und die Nothwahlen noch nicht vollzogen sind, zu- 
nächst gar keine Wahl vorgenommen werden können. 
Die Nothwahlen werden in Msrarlberg für die Landge 
meinden am 17. Marz, für die Städtegruppe am 21. März 
vorgenommen werden. Durch die Einführung der Wahlreform 
wählt jede Gruppe einen AbGwrvneten unmittelbar und zwar 
mittelst Stimmzettel, also in geheimer Abstimmung. 
Oesterreich hat seit der Februarverfassung von 1864, also 
in zwölf Jahren, unter zehn Ministerpräsidenten nicht weniger 
als 79 Mi-nlster verbraucht. Die ungarischen Minister, auch 
eine ansehnliche Zahl, sind dabei nickt mitgerechnet. 
Spanien. Die junge Republik hat schon eine Minister- 
krisis hinter sich und reiht sich demnach den vorhergegangenen 
RegieruuHsformen an, deren Merkmal gleichfalls wenn nicht 
Dauer im Wechsel, so doch dauernder Wechsel war. Nach den 
neuesten offiziösen Berichten aus Spanien ist jedoch wieder Al- 
leS ruhig und in bester Ordnung. 
Die Republik der vereinigten Staaten Nordamerikas hat 
die spanische Republik mit den herzlichsten Glückwünschen an- 
erkannt. 
Deutschland war, wenn auch minder beeifert, doch eben- 
falls sehr liebenswürdig, und die Berliner Regierung war so- 
gar von allen europäischen Regierungen diejenige, welche sich 
für die neue Republik am herzlichsten zeigte. Oesterreich war 
viel zurückhaltender. Frankreich und Italien scheinen nicht un- 
zufrieden zu sein. England zeigte sich anfänglich sehr kalt, 
seit neuester Zeit zeigt sich jedoch die englische Presse der neuen 
Regierung wohlwollender. 
Es ist irrig, daß Viktor Emanuel gegen die Abdankung 
Amadeo's gewesen sei. Amadeo machte seinem Vater telegra 
phische Anzeige und letzterer antwortete sogleich, er mißbillige 
keineswegs den Entschluß seines Sohnes, besser sei es, frei- 
willig in's Privatleben zurückzutreten, als Gefahr zu laufen, 
geschworenen Eid zu verletzen. 
Schweiz. Aus dem 1. Bulletin über den Stand der 
Viehseuchen in der Schweiz, auf 16. Februar, geht hervor, 
daß die Maul- und Klauenseuche in allen Kantonen mit AuS« 
nähme von 8 hinundwieder noch herrscht. Die 8 verschonten 
Kantone sind Uri, Schwyz, Unter- und Oberwälden, Glarus, 
Appenzell, Außer- und Innerrhoden, Wallis und Tesstn. Die 
Seuche herrscht in 129 Ställen; in Graubünden nur in 5 
Ställen (Z in Disentis, 2 in Ems). Auch St. Gallen zählt 
nur 3 Stalle mit dieser Seuche, dagegen hat es in 24 Stäl- 
Kriege; da schaute ein blutjunger Mensch, indem er das Pferd 
rasch zur Seite wandte, herauf zu Angela, und ohnmächtig sank 
sie zurück in den Sessel. 
Ach, niemand anders war der Jäger, der dem blutigen Tod 
entgegen zog, als der junge Duvernet, der Sohn des Nachbars, 
mit dem sie aufgewachsen, der beinahe täglich in dem Hause ge- 
Wesen, und der erst ausgeblieben, seitdem der Chevalier sich ein- 
gefunden. 
In dem vorwurfsschweren Blick des Jünglings, der bittere 
Tod selbst lag in ihm, erkannte Angela nun erst, nicht allein, 
wie unaussprechlich er sie geliebt — nein, wie grenzenlos sie 
selbst ihn liebe, ohne sich dessen bewußt zu sein, nur bethört, ver- 
blendet von dem Glänze, den der Chevalier innner mehr um sich 
-verbreitete. Nun erst verstand sie des Jünglings bange Seufzer, 
feine stillen, anspruchslosen Bewerbungen, nun erst verstand sie 
ihr eigenes,- befangenes Herz, wußte sie, was ihre unruhige Brust 
bewegt, wenn Duvernet kam, wenn sie seine Stimme hörte. 
„Es ist zu spät — er ist für mich verloren!" — so sprach 
es in Angelas Innerem. Sie hatte den Mnth, das trostlose 
Gefühl, das ihr Inneres zerreißen wollte, niederzukämpfen, und 
eben deshalb, weil sie den Much dazu hatte, gelang es ihr auch. 
len die Lungenseuche. Ebenso hat Zürich 2 und Wallis 1 
Stall mit der Lungenseuche. In St. Gallen sind eS die Be- 
zirke Tablat, Rorschach, daS ganze Toggenburg, Wyl und 
Gossau, die mit der Lungenseuche zu kämpfen haben. Von 
der Maul- und Klauenseuche sind Zürich, Bern, Luzern, So- 
lothurn und Thurgau am meisten geplagt. 
Von den 350,000 Militärpflichtigen, die in Frankreich im 
Jahre 1872 vor den RevisionSräthen erschienen sind, konnten 
70,000 weder lesen noch schreiben, 7700 zwar lesen, aber 
nicht schreiben; eiwa 23 % ermangeln jeder Schulbildung. 
Und da zögert die Nationalversammlung noch, die allgemeine 
Schulpflicht einzuführen! Wahrlich, diese Zustände legen ein 
schlimmes Zeugniß ab gegen die Nation, welche an der Spitze 
der Civilisation zu marschiren vorgibt. 
Rußland. Nach offiziellen Nachrichten sind der Rinder- 
Pest in Rußland in ven ersten zehn Monaten des vergangenen 
Jahres mehr als 300,000 Stück Rindvieh zum Opfer ge- 
fallen. 
In Japan macht die Civilisation reißende Fortschritte und 
man ist dort auf dem besten Wege, es den übrigen civilisirten 
Ländern zuvor zu thun. So ist eö untersagt worden, Drachen 
steigen zu lassen und auf der Straße auszuspucken. Ferner 
sollen die Friseurinnen als Klaffe abgeschafft und die Frauen 
angehalten werden, ihr Haar selbst in Ordnung zu bringm. 
Sodann müssen die weichen Hausmatten aus den Gemächern 
verschwinden, weil sie die Faulheit begünstigen. Der japane- 
stsche Kalender ist dem europäischen angepaßt und die Grüü- 
dung verschiedener eingeborner Zeitungen bewerkstelliget worden. 
Noch sind als Neuigkeiten zu erwähnen ein japanesischer Or- 
den, ein japanesischer Club und die Einführung der Gasbeleuch- 
tung in Aokahama. 
Verschiedenes. 
Die Borarlberger Bahn. „Warrens Wochenschrift" 
gibt nachfolgende Schilderung der gegenwärtigen Lage dieses 
Bahnunternehmens: „Die Vorarlberger Bahn hat eine Länge von 
etwa 8 Meilen und 2 Flügelbahnen zusammen mit ungefähr 2^ 
Meil. Diese Bahn wird mit einer Verschwendung und einem 
LuxuS verwaltet, der lächerlich erscheinen würde, wenn es nicht 
auf Kosten Dritter geschähe. Die winzige Bahn, welche ein 
halbwegs guter Wiener Flaker mit einmal Füttern in einer 
Tour durchfährt, hat einen Verwaltungskörper, der dem der 
Nordbahn nicht nachsteht. Einen Präsidenten, einen Vieepräst- 
denten, eilf VerwaltungSräthe, einen Direktor in Wien mit ei- 
nem Sekretär und Buchhalter, eine Betriebsinspektion in Feld- 
Daß irgend etwas Verstörendes vorgegangen sein müsse, 
konnte dessen ungeachtet dem Scharfblick des Chevaliers nicht ent- 
gehen; er dachte indessen zart genug, ein Geheimniß nicht zu 
enträthseln, das Angela ihm verbergen zu müssen glaubte, sondern 
begnügte sich damit, um jedem bedrohlichen Feinde alle Macht 
zu nehmen, die Hochzeit zu beschleunigen, deren Feier er mit 
seinem Takt, mit tiefem Sinn für Lage und Stimmung der hol- 
den Braut einzurichten wußte, so daß diese schon deshalb aufs 
Neue die hohe Liebenswürdigkeit des Gatten anerkannte. 
Der Chevalier betrug sich gegen Angela mit der Aufmerk- 
samkeit für den kleinsten ihrer Wünsche, mit der nngehenchelten 
Hochschätzung, wie sie aus der reinsten Liebe entspringt, und so 
mußte Duvernets Andenken in ihrer Seele bald ganz und gar 
erlöschen. Der erste Wolkenschatten, der in ihr helles Leben trat, 
war die Krankheit und der Tod des alten Vertua. 
Seit jener Nacht, wo er sein ganzes Vermögen an des.Che- 
valiers Bank verlor, hatte er nicht wieder eine Karte berührt, 
aber in den letzten Augenblicken des Lebens schien das Spiel seine 
Seele ganz und gar zu erfüllen. 
(Fortsetzung folgt.)
	        

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