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welche nach dem Ermessen der Wuhrkommission „über ihre
Kräfte" bei der Verbesserung der bestehenden Schutzbauten in
Anspruch genommen werden, für die Baukampagne 1872/73
eine außerordentliche Unterstützung aus der LandeSkasse bis zur
Gesammtsumme von 5000 fl. bewilligt, deren Anweisung von
der fürstlichen Regierung nach den Anlägen der Wuhrkommis<
sion erfolgen soll. Zur Aufbringung der nöthigen Geldmittel
wird die Regierung ermächtigt."
2. „In Anbetracht, daß die Gemeinde Schaan zufolge
ihrer großen Wuhrlinie nicht im Stande ist, in kurzer Zeit jene
gefährliche Stelle am Tenschengraben durchzuwuhren, anderseits
die übergroße Gefahr durch einen Wuhrbau unverschiebbar ad-
gewendet werden muß, wolle die hohe Regierung zur Erstreckung
des Tenfchengrabenwuhres (resp. in der Schaaner Au) zum
Brechen von 100 Kubikklafter Wuhrsteinen ermächtiget werden."
Beide Anträge sind mit Stimmenmehrheit angenommen
worden.
Vaduz, 25. Febr'. Wie wir vernehmen, sollen die Eon-
stanzer Lehrschwestern nun nicht nach Vaduz auf das Schloß
kommen sondern sich auf Gutenberg in BalzerS niederlassen
wollen. Wenn diese Mittheilung sich bewahrheitet, so wird
manchem Vaduzer wieder ein Stein von seinem Herzen fallen.
Und so wollen wir hoffen, daß die Vaduzer noch v.ele lange
Jahre Sonntags ihren gewohnten lustigen Gang aus das
Schloß machen können und daß Gesang und Becherklang noch
lange Zeit die alten Ritterhallen Hohenliechtensteins durch»
schallen werden.
Vaduz, 25. Febr. Wir befinden uns heute in der selte-
nen Lage, eine kleine Theaterrecension bringen zu können. Die
Schüler der Landesschule in Vaduz haben nämlich in den
letzten Faschingstagen in dem Saale des Kirchthaler'schen Gast-
Hauses wiederholt ein Lustspiel „zwei Freunde und ein
Rock" und eine A bsch i edsfet'e rlichkei t, wie sie die
heitern Musensöhne bei Gelegenheit eines heimkehrenden Stu-
denten zu begehen pflegen, zur öffentlichen Aufführung gebracht.
Die jungen Leute haben ihre Sache recht brav gemacht und
versprechen unter ihrer trefflichen Anleitung, noch besseres let-
sten zu können. Möge diese Anerkennung zu weitern Versu-
chen ermuntern!
Vaduz, 22. Febr. Daö fürstliche Obergericht in Wien,
hat die Strafe des wegen Verbrechens des Todtschlags zu fünf
Jahre schweren Kerker verurteilten Alex Toni von Eschen,
aus zwei Jahre schweren Kerker herabgesetzt, im übrigen das
Urtheil der ersten Instanz bestätigt.
Balzers, 22. Febr. (Eingesandt.) Die Arbeiten an UN-
seren Rheinschutzbauten nehmen einen über alle Erwartung
— meiner Angela Habe Euer war! — Es ist nun aus! —
Ihr werdet doch erlauben, daß meine Tochter ihre Kleidungsstücke
mit sich nehme?"
„Die Garderobe Euerer Tochter," erwiderte der Chevalier,
„geht' mich nichts, an. Auch könnt Ihr Betten und notwendiges
Hansgeräth mitnehmen Was soll ich mit dem Rumpelzeuge;
doch seht Euch vor, daß nichts von einigem Werth mit unter
laufe, das mir zugefallen."
Der alte Vertua starrte den Chevalier ein Paar Sekunden
sprachlos an: dann aber stürzte ein Thränenstrom aus seinen Augen,
ganz vernichtet, ganz Jammer und Verzweiflung sank er nieder
vor dem Chevalier und schrie mit aufgehobenen Händen: „Che-
valier, habt Ihr noch menschliches Gefühl in Euerer Brust —
seid barmherzig — barmherzig! Nicht mich, meine Tochter,
meine Angela, das unschuldige Engelskind, stürzt Ihr in's Ver-
derben! - O seid gegen diese barmherzig, leiht ihr, ihr,
meiner Angela, den zwanzigsten Theil ihres Vermögens, das Ihr
geraubt! — O ich weiß es, Ihr laßt Euch erflehen. — O An
gela, meine Tochter!" —
Und damit schluchzte, jammerte, stöhnte der Alte und rief mit
herzzerschneidendem Ton den Namen seines Kindes.
günstigen Fortgang, eine beinahe 1000 Klafter lange Wuhr-
dammstrecke entsprechend der Höhe der jenseitigen Hochwuhr-
bauten der Schweizer geht rasch ihrer Vollendung entgegen.
Die Zufuhr von Wuhrsteinen aus zwei Steinbrüchen (Kathan
Brunnen und Ellberg) hat schon Anfangs Jänner begonnen
und ist bis jetzt % der Wuhrböschung erstellt. Eine weitere
Zubringung von Wuhrsteinen auf die Strecke ob der Rhein-
brücke auS dem auf Schweizer Seite gelegenen Steinbruch
(Hohe Wand) ist vergangene Woche im Accordwege vergeben
worden und hat bereits begonnen; die Zufuhr aus einem vier-
ten Steinbruche (Fuchs-Winkel) wird nächste Woche beginnen.
Somit hofft man das große Unternehmen noch vor Eintritt
der Hochwasser wenn nicht ganz zu vollenden doch außer Ge-
fahr zu bringen. Die bis jetzt in Accord gegebenen und auf
dem Gemeinwelk noch auszuführenden Arbeiten belaufen sich
zu sehr niedern Preisen berechnet, auf 20,000 fl Eine große
I a h r e 6 s u m m e für eine Gemeinve! Doch Dank der
fürstl. Regierung, die unS den Hochbau nicht nur bewilligte,
sondern auch für das große Unternehmen ermunternd und an-
regend eingetreten ist.
Politische Rundschau.
Deutschland. Das deutsche Reich zählt gegenwärtig
41,059,000 Einwohner. Drei Fünftheile der Gesammtbevöl-
kerung fallen auf Preußen und zwei Fünflheile auf die 22
Sekundärfürstenthümer und sogenannten freien Städte. Der
Konfession nach theilen sich die Deutschen in 25 Millionen
Protestanten und l4^ Millionen Katholische; dazu kommen
noch 114,000 Sektirer und 499,000 Israeliten, Preußen selbst
zählt ziemlich genau doppelt so viele Protestanten, als Katho-
llken. Der Nationalität nach vertheilen sich die deutschen Un-
terthanen folgendermaßen: 37,800,000 Deutsche, 2,450,000
Polen. l40,000Wenden, 50,000 Tschechen, 150,000 Lithauer
und 230,000 Franzosen.
In der Stadt Thore im Königreich Preußen wurde am
20. d. das 400 jährige Geburtsfest des großen Astronomen
Copernikus gefeiert, welcher die wirkliche Laufbahn der Erde
um die Sonne, statt umgekehrt, nachwies. Im RachhauSsaale
wurde die Festrede gehalten. AbendS illuminirte die Stadt.
Oesterreich. Die Wahlreform, die, wie wir jüngst mel-
Veten, im Abgeordnetenhause bereits eingebracht wurde, bildet
immer noch das Hauptthema in der österreichischen Presse. Die
verfassungstreuen Blätter verlangen die schleunigste Erledigung
der Regierungsvorlage. Eö fanden auch zahlreiche Kundge-
bunqen von Seite ter Bevölkerung zu Gunsten der Wahlre-
„Die abgeschmackte Theaterszene fängt an, mich zu langweilen,"
sprach der Chevalier gleichgiltig und verdrießlich; aber in dem
selben Augenblicke sprang die Thüre auf und herein stürzte ein
Mädchen im weißen Nachtgewaiwe, mit ausgelösten Haaren, den
Tod im Antlitz, stürzte hin auf den alten Vertua, hob ihn auf,
faßte ihn in die Arme und rief: „O mein Vater, mein Vater —
ich hörte, ich weiß Alles. — Habt Ihr denn Alles verloren?
Alles? — Habt Ihr nicht Euere Angela? Was bedarf es Geld
und Gut, wird Angela Euch nichr nähren, pflegen? — O Vater,
erniedrigt Euch nicht länger vor diesem verächtlichen Unmenschen.
— Nicht w i r sind es, e r ist es, der arm und elend bleibt im
vollen, schnöden Neichthum, denn verlassen in grauenvoller, trost-
loser Einsamkeit steht er da; kein liebend Herz gibt es aus der
weiten Erde, das sich anschmiegt an seine Brust, das sich ihm
aufschließt, wenn er verzweifeln will an dem Leben, an sich selbst!
— Kommt, mein Vater, verlaßt dies Haus mit mir, kommt,
eilen wir hinweg, damit der entsetzliche Mensch sich nicht weide
an Euerem Iaimner!"
Vertua sank halb ohnmächtig in einen Lehnsessel, Angela kniete
vor ihm nieder, faßte seine Hände, küßte, streichelte sie, zählte
mit kindlicher Geschwätzigkeit alle die Talente, alle die Kennt-