Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

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Verschiedenes. 
* Marschall Mac Mahon versichert bei jeder Gelegen- 
hyt, daß er die moralische Ordnung in Frankreich erhalten 
und die Grundlagen der Gesellschaft vor ihren Untergrabern 
schirmen werde. ES ist darum nicht ohne Interesse, zu er- 
fahren, was für Vorstellungen von Ordnung er hat, und 
wann etwa er Zustände „unordentlich" findet. Im Jahr 1863 
beherrschte er bekanntlich Algerien als Statthalter. Da veS- 
öffentlichte er im Moniteur (amtlicher Anzeiger) von Algier vom 
8. Mai einen Bericht, nach welchem eS auf der weiten Erde 
kein sichereres Plätzchen geben sollte, als Algier; denn „in den 
letzten 7 Monaten seien unter ver ganzen Zivilbevölkerung nur 
17 Menschen ermordet und nur 5 — man höre! — auf- 
gefressen worden." Waö sind 22 Menschen für den Sieger 
von Magenta, der schon Tausende sterben gesehen, und das 
nicht in 7 langen Monaten, sondern an einem Tage! Der 
Figaro, ein Pariser Witzblatt, rechnet ihm nun aber vor, daß, 
da die Zivilbevölkerung Algiers nur etwa 100,000 Köpfe be- 
trage, nach diesem Prozentsatze in ganz Frankreich jahrlich 
14,-400 Mordthaten verübt werden müßten, um den Grad 
idyllischer Sicherheit zu erreichen, in den Algier durch den 
Marschall gebracht worden. 
* Unter der Aufschrift „Gedenket der Armen Ungarns!" 
bringt der „Landbote von Wimerthur" einen Aufruf zur Lin- 
derung des unsäglichen Elends im fernen Ungarland, wo Hun- 
gerSnoth und Cholera gleich sehr wüthen. Nach offiziellen AuS- 
weisen hat die Cholera im Jahr 1873 bereits 182,599 Opfer 
gefordert, erkrankt sind im Ganzen 433,295. Dazu noch eine 
HungerSnoth im Jahrhunderte der Entdeckungen, Erfindungen 
und der Humanität. In dem vom Kriege verwüsteten grtuif* 
reich, sagt der Aufruf, sind bereits öffentliche Sammlungen für 
Ungarn eröffnet worden. Die Republik, die ein menschenwür 
diges Dasein für Alle anstrebt und die Solidarität der Völker 
in ihrem Programm führt, darf nicht zurückstehen. 
* Ein fürchterlicher Orkan, wie man ihn seit Menschen- 
gedenken nicht gekannt, tobte am 16. d. über das mittlere Eng 
land und die Südprovinzen Schottlands, und schien in Shef 
field gewissermaßen seinen Hauptsitz aufgeschlagen zu haben. 
Denn dort wurde die größte Verwüstung angerichtet und gingen 
die meisten Menschenleben verloren, während sehr viele Perfo- 
nen mehr oder minder verletzt wurden. L>chon früh war es 
windig in der Stadt, aber erst gegen 4 Uhr Nachmittags hatte 
der Wind sich in einen Orkan verwandelt, der bis 10 Uhr et- 
wa m Weicher Wuth andauerte. Es gibt kaum eine Straße 
in Sheffield in welcher nicht zahlreiche Trümmer von der 
verheerenden'Gewalt des Sturmeö Zeugniß ablegten. Die Zahl 
der Gelödtetm hat noch nicht festgestellt werden können, doch 
wird sie, aus den rasch auf einander folgenden Meldungen zu 
schließen nicht gering fein. Der Fall von Fabrikschornsteinen 
hat die meisten Menschenleben dahingerafft. Ein 120' hoher 
Schornstein fiel über acht Messerfchmiedewaarenläden hin, und 
tödtete allein 6 Menschen; 14 Personen wurden verletzt, wäh- 
rend 10 weitere Personen, die sich in den Läden befanden, un- 
gefährdet davon kamen. An einer andern Stelle wurde das 
Dach eines Hauses von der Gewalt des Orkans gänzlich weg 
gerissen und eS tödtete im Fall zwei Männer. ES wäre na- 
türlich zu weitläufig alle Einzelheiten hier anzuführen; wir er- 
wähnen nur, daß ähnliche Berichte aus BarnSley, Darlington, 
Halifax, Nottingham, Berwick, Dundee, Edinburg und GlaS- 
gow vorliegen. 
* Der Altstätter Korrespondent des „TagblatteS" erzählt 
vom dortigen NiklauSmarkt wieder folgendes lustige Stückchen: 
Der Komödianten- und Mordtha te n-P la tz war fast 
ganz leer; nur ein etwa 8 Jahre altes Kind erregte dort die 
Aufmerksamkeit und zugleich höchstes Bedauern ES hatte das- 
selbe nämlich im Verlaufe deS letzten Sommers einen Zwetfch« 
genstein verschluckt, der nicht mehr von ihm ging. Vielmehr 
sprang derselbe im Magen auf, der Kern begann zu keimen 
und durch die Speiseröhre drang der Stamm eines BäumchenS, 
daH sich in der Mundhöhle entfaltet und wahrscheinlich Blü- 
then und Früchte treiben würde, wenn nicht von Zeit zu Zeit 
die Krone abgeschnitten werden müßte, um die Funktionen deS 
Kindes zu erleichtern. — Immerhin eine ernste Warnung für 
Kinder, keine Steinobst-Steine hinunterzuschlucken. 
* Ein Schöps. Ein solcher ist unlängst in Paris ver- 
haftet worden, nämlich ein Preuße mit Namen Hugo Schöps. 
Dieser Schöps machte sich vor zwei Jahren aus Berlin flüch- 
tig, wo er als Angestellter in einem Bankhaus 25,000 Thaler 
gestohlen hat. Er lebte seit 2 Jahren in Paris als Graf 
Zoltowski, in der letzten Zeit im Gasthof du Nord mit einer 
jungen Frau. Durch ein Antwerpener HauS ist er der Poli- 
zei verrathen worden. 
Als man ihn in Paris verhaftete, war er dem Gasthof- 
Halter Fr. 800 schuldig, und hatte er in der Tasche noch einen 
halben Franken in Kupfer. Am Ende trägt er den Namen 
SchöpS mit Recht, denn wa6 hat er jetzt gewonnen? 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler. 
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der, Möbelstoffe, Gardinen, Plüsche u. s. w. in Seide, Wolle 
oder gemischtem Stoffe. Dieselben werden so haltbar als mög- 
lich gefärbt und schnellstens besorgt. Herrenkleider, Röcke, 
Hosen, Gilets :c werden unzertrennt entweder gewaschen oder 
gefärbt. n 
Kornpreise vom Fruchtmarkt in Bregenz vom 19. Dez. 
Der halbe Metzen 
Korn . 
Roggen 
Gerste . 
Türken 
Hafer . 
beste 
fl. kr. 
mittlere 
fl. 
4 
3 
2 
3 
1 
50 
50 
90 
80 
4 
3 
2 
2 
1 
kr. 
40 
40 
80 
90 
70 
geringe 
fl. kr 
4 
3 
2 
2 
1 
30 
30 
70 
80 
60 
Thermometerstand nach Reanmnr in Badnz. 
Monat 
Morgen S 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witterung. 
Dez. 17. 
+ 2 y A 
+ 5 
+ 2 3/4 
trüb; Swd. 
18. 
+ 2 % 
+ 4% 
+ 3 
fast trüb. 
19 
— 1 
+ 4% 

hell; Swd. 
.. 20. 
+ Vi 
+ 3*/2 
+ 3 
fast trüb. 
. 21. 
+ 2 
+ 5 
+ 3% 
halb hell. 
.. 22 
— 1% 
+ '% 
+ % 
trüb. 
„ 23. 
9 
rm* 
+ % 
+ 1 
fast ganz hell. 
Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
24. Dezember 100 fl. Silber . 108.75 
20-Frankenstücke 9.11 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

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