abenteuerlichen Auffassungen, welche die ausländische Presse,
ja sogar mitunter unsere nächsten Nachbarn über unsere
öffentlichen Zustände zu Tage bringen, so wird es uns
zur Ehrensache, sowohl der eigenen Bevölkerung, als auch
dem Auslände klare Begriffe über unsere Verhältnisse und
die ernsten Fragen beizubringen, welche gegenwärtig unsere
Existenz zu erschüttern drohen, j
Diese Verhältnisse berücksichtigend hat M Mrem pa-
triotisch gesinnter Männer die GründuH dieses Blattes
beschlossen. * _ - 1
>' Die liechtenstein. Wochenzeitung soll' 'der .wahrem Aus-
Mck der öffentlichen Meinung sein. 'Sie- ist nicht das
Kind jchnöder Spekulation, sondern das Produkt uneigen
nützigen Opfersinnes für das Vaterland. Die Tendenz
M Blattes wird sein, für die verfassungsmäßige Freiheit,
den Fortschritt und die allgemeine Bildung zu jeder Zeit
einzutreten.
Das Blatt wird in erster Linie die Rubrik „Vater
ländisches" beschäftigen. Die Mittheilung und freimüthige
Besprechung der Landtagsverhandlungen wird das Ver-
ständniß und Interesse der Bevölkerung für unsern innern
Staatshaushalt mächtig heben. Mißtrauen, das meist nur
aus Unkenntniß oder falscher Kenntnißnahme des Sachver-
Haltes sich entwickelt, wird unter der Bevölkerung weit
seltener werden. Durch das Vertrauen auf unser inneres
Staatsleben erhalten wir zugleich die sicherste Garantie
für die Durchführung und Erhaltung unserer versassungs-
mäßigen Einrichtungen. Die Rheinschutzbauten, die Fort-
chritte und Mängel in unserem Gemeinde- und Erwerbs-
eben u.'s. w. werden reichlichen Stoff zur Erörterung
und Auseinandersetzung geben. Wichtigere Vorkommnisse
sollen in Leitartikeln einzeln und ausführlich besprochen
werden. Die amtlichen Bekanntmachungen und Erlässe
der Regierungs- und Landesbehörden werden in unserem
Blatte zum Abdruck gelangen.
Die Rubrik politische Rundschau" soll den Leser mit
den wichtigeren Begebenheiten vom großen politischen Welt-
markt bekannt machen. Durch das Interesse an den Vor-
einer Uhr zu erwähnen, die sich in seinen ersten Iünglingsjahren
zugetragen. Es begab sich nämlich, daß Siegfried, als er noch
unter Vormundschaft stand, auf einer Reise ganz unerwartet in
solch dringende Geldnoth gerieth, daß er, um nur weiter fortzu--
kommen, seine goldene mit Brillanten reich besetzte Uhr verkaufen
mußte. Er war darauf gefaßt, die kostbare Uhr um geringes
Geld zu verschleudern; da es sich aber traf, daß in demselben
Hotel, wo er eingekehrt, gerade ein junger Fürst solch ein Klei-
nod suchte, so erhielt er mehr, als der eigentliche Werth betrug.
Ueber ein Jahr war vergangen, Siegfried schon sein eigener Herr
geworden, als er an einem andern Ort in öffentlichen Blättern
las, daß eine Uhr ausgespielt werden solle. Er nahm ein Loos
das eine Kleinigkeit kostete, und — gewann die goldene mit
Brillanten besetzte Uhr, die er verkauft. Nicht lange darauf ver-
tauschte er diese Uhr gegen einen kostbaren Ring. Er kam bei
dem Fürsten v. G. auf kurze Zeit in Dienste, und dieser schickte
ihm bei seiner Entlassung, als ein Andenken seines Wohlwollens
— dieselbe goldene, mit Brillanten besetzte Uhr mit reicher Kette!
Bon dieser Geschichte kam man denn auf den Eigensinn,
durchaus keine Karte anrühren zu wollen, wozu er bei seinem
entschiedenen Glück um so mehr Anlaß habe, und war bald dar-
kommnissen in der großen Welt kann das Interesse füt
unser kleines Vaterländchen nur gewinnen. Wer längere
' Zeit, besonders bei unfteuMichem Wetter oder bei Sturm,
im Freien umhergestreift ist, der geht gerne wieder in sein
Haus zurück, und findet sein Stübchen, wenn es draußen
wettert und stürmt, doppelt behaglich. Wenn auch nicht
immer, so ist es doch auf dem großen politischen Welt-
markt sehr oft trübe und oft sogar stürmisch und da kann
uns bei solchen Vergleichen unser friedliches kleines Hei-
matländchen nur noch lieber werden.
Im Feuilleton des Blattes werden wir, um dem Leser
zugleich Nützliches und Angenehmes zu bieten, lehrreiche
Erzählungen und Novellen vorführen und werden in die-
ser Hinsicht insbesondere besorgt sein, unser Material in
den deutschen Klassikern zu suchen, damit unsere Bevöl-
kerung wenigstens aus diese Weise einzelne Perlen unserer
deutschen Geistesheroen kennen lernt.
Mit diesen Auseinandersetzungen glauben wir die Ten-
denz und das Programm unseres Blattes erklärt zu ha-
ben. Wir sind uns unserer Aufgabe bewußt und werden
mit Ernst und Ausdauer unser Unternehmen ins Werk zu
setzen suchen. Der Charakter des vaterländischen Opfer-
sinnes. der diesem Unternehmen zu Grunde liegt, wird
eine rege Teilnahme unserer Bevölkerung mit Recht er-
warten lassen. In dieser Erwartung wagt heute unser
Blatt den ersten Flug hinaus und wird uns hoffentlich
einen recht zahlreichen Leserkreis zuführen.
Vaduz, den 20. Januar 1873.
Vaterländisches.
Vaduz, 15. Jänner. Wie wir aus zuverlässigerMuelle
vernehmen, haben verschiedene Staaten: Oesterreich, Deutsch-
land und die Schweiz beim Auftauchen unserer Spielbankfrage
Einwendung gegen die Niederlassung einer Spielbank im Für-
stenthum Liechtenstein erhoben und dadurch die Concesstonsver-
Weigerung von Seite unsers Landesfürsten herbeigeführt.
Wir behalten uns übrigens vor in einer spätern Nummer
Genaueres über Entstehung, Verlauf und Ende dieser Ange
legenheit zu bringen.
über einig, daß der Baron bei seinen übrigeu glänzenden Ei-
genschaften ein Knicker sei, viel zu ängstlich, viel zu engherzig,
um sich auch nur dem geringsten Verlust auszusetzen. Darauf,
baß das Betragen des Barons jedem Verdachte des GeizeS ganz
entschieden widersprach, wurde nicht geachtet, und wie es denn
nun zu geschehen pflegt, daß die Mehrsten recht darauf erpicht
sind, dem Ruhm irgend eines hochbegabten Mannes ein bedenk-
liches Aber hinzufügen zu können, und bieg Aber irgendwo auf
zufinden wissen, sollte es auch in ihrer eigenen Einbildung ruhen,
so war man mit jener Deutung von Siegfrieds Widerwillen ge-
gen das Spiel gar höchlich zufrieden.
Siegfried erfuhr sehr bald, was man von ihm behauptete,
und da er, hochherzig und liberal, wie er war, nichts mehr haßte,
verabscheute, als Knickerei, so beschloß er, um die Verläumder
zu schlagen, so sehr ihn auch das Spiel aneckeln mochte, sich mit
ein Paar hundert Louisdor und auch wohl mehr loszukaufen von
dem schlimmen Verdacht. — Er fand sich bei der Bank ein, mit
dem festen Vorsatz, die bedeutende Summe, die er eingesteckt, zu
verlieren; aber auch im Spiel wurde ihm das Glück, das ihm
in Allem, was er unternahm, zur Seite stand, nicht untreu. Jede
Karte, die er wählte, gewann. Die cabbalistischen Berechnungen