Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

Liechtensteinische 
Vaduz, Freitag 
Nr. S. 
den 21. Februar 1873. 
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Vaterländisches. 
Die Landtagsperiode von ¥3. 
(Fortsetzung auf Zeitungs-Nro. 2.) 
Bezüglich des Gesetzentwurfes über das Sanitätswesen er- 
wähnt der vorgelegte Kommissionsbericht, daß einzelne Abge. 
ordnete sich gegen Beibehaltung der Landesphysikatsstelle aus- 
gesprochen hätten, weil bei der Kleinheit unserer Verhältnisse 
die Funktionen eines Landesphysikus von den Privatärzten von 
Fall zu Fall ausgeführt werden könnten; die entsprechende Be- 
zahlung würde dann auch von Fall zu>Fall erfolgen, und da- 
durch dem Lande der Gehalt eines Landesphysikus erspart blei- 
den. Andere Abgeordnete dagegen hatten im Interesse des 
Sanitätswesens für Beibehaltung dieser Stelle das Wort er- 
griffen. Da die Kommission über diese Vorfrage nicht schlüssig 
geworden sei, habe sie sich nicht weiter in die Berathung des 
Gesetzentwurfes eingelassen, sondern den Beschluß gefaßt, fol- 
genden Antrag beim Landtage einzubringen: 
Der Landtag wolle vorläufig eine Erklärung darüber ab- 
geben, ob künftig die beiden Stellen des Landesphysikus unv 
Landesthierarztes beibehalten werben sollen. 
Bei namentlicher Abstimmung über diesen Antrag ergaben 
sich 5 Stimmen für und 6 Stimmen gegen Beibehaltung der 
erwähnten Stellen; 3 Abgeordnete haben sich der Abstimmung 
enthalten. 
In Folge dieses Beschlusses erhielt die Gesetzgebungskom- 
Mission den Auftrag, einen neuen Gesetzentwurf über das Sani- 
tätswesen vorzubereiten, beziehungsweise den frühern umzu- 
ändern. 
Am Schlüsse dieser Sitzung kamen noch zwei Anträge deS 
fürstlichen Regierungskommissärs zur Abstimmung und An- 
nähme. Der erste Antrag bestimmt denjenigen Abgeordneten, 
welche in die Kommission zur Berathung von Regierungsvor- 
lqgen gewählt werden und deren Wohnort über eine Stunde 
von Vaduz entfernt ist, für die Kommissionssitzungen, denen sie 
beiwohnen, eine Fahrtentschädigung in der Höhe des Tag- 
geldes. 
Der zweite Antrag schlägt vor, zur Berathung der Vor- 
lagen über die Rheinschutzbauten eine eigene Kommission von 
7 Mitgliedern zu wählen. 
In diese Kommission sind gewählt worden: 
Kind, Maixer, Oehri, Rheinberger, Ferdinand Walser, 
Josef Walser, Wanger. 
In der 3. Sitzung vom 31. Juli beschäftigte sich der 
Landtag zunächst mit dem neuen Gesetzentwurfe über daS 
Sanitätswesen. Die Gesetzkommission hatte über diesen Ent 
wurf folgenden Bericht vorgelegt. 
Meine Herren! 
In der Sitzung vom !9. v. M. hat sich der Landtag mit 
6 — 5 Stimmen für die Aufhebung des Landesphysikats und 
der Landesthierarzt-Stelle ausgesprochen. In Folge dessen mußte 
der von der fürstl. Regierung vorgelegte Gesetzentwurf, welcher 
auf Beibehaltung der beiden genannten Stellen gegründet war, 
umgearbeitet werden. Der zwischen der Gesetzkommission und 
der fürstl. Regierung vereinbarte Entwurf liegt Ihnen nun als 
neuer Entwurf zur Berathung und Beschlußfassung vor. 
Der § 1 des neuen Entwurfs bestimmt in Uebereinstimmung 
mit dem frühern Entwürfe das Oberaufstchtsrecht der Regie- 
rung über das ganze Medizinalwesen. 
Feuilleton. 
Spieler-Glück. 
Eine Erzählung von E. T. A. Hoffmann. 
(Fortsetzung.) 
„Die Dame," begann der Alte, und in dem nächsten Ab- 
zug. hgtte die Dame verloren! — Der Alte prallte zurück und 
lehnte sich an die Wand, reguugs« und bewegungslos, der starren 
Bildsäule ähnlich. Niemand kümmerte sich weiter um ihn. 
Das Spiel war geendet, die Spieler verloren sich, der Che-- 
valier packte mit seinen Croupiers das gewonnene Gold in die 
Casette; da wankte wie ein Gespenst der alte Vertua ans dem 
Winkel hervor, auf den Chevalier zu, und sprach mit hohler, 
dumpfer Stimme: „Noch ein Wort, Chevalier, ein einziges Wort!" 
„Nun, was gibt's?" erwiderte der Chevalier, indem er den 
Schlüssel abzog von der Casette und dann den Alten bedächtlich 
maß von Kopf bis zu Fuß.. 
„Mein ganzes Vermögen," fuhr der Alte fort, „verlor ich 
an Euere Bank, Chevalier, nichts, nichts blieb mir übrig, ich 
weiß nicht, wo ich morgen mein Haupt hinlegen, wovon ich mel- 
nen Hunger stillen soll. Zu Euch, Chevalier, nehme ich meine 
Zuflucht. Borgt mir von der Summe, die Ihr von mir ge- 
wonnen, den zehnten Theil, damit ich mein Geschäft wieder be- 
ginne und mich emporschwinge aus der tiefsten Noch." 
„Wo denkt Ihr hin," erwiderte der Chevalier, „wo denkt 
Ihr hin, Signor Vertua, wißt Ihr nicht, daß ein Bankier nie- 
mals Geld wegborgen darf von seinem Gewinnst? Das läuft 
gegen die alte Regel, von der ich nicht abweiche." 
„Ihr habt Recht," sprach Vertua weiter, „Ihr habt Recht, 
Chevalier, meine Forderung war unsinnig — übertrieben! — 
den zehnten Theil! — nein! den zwanzigsten Theil borgt mir!" 
— „Ich sage Euch ja," antwortete der Chevalier verdrießlich, 
„daß'ich von meinem Gewinnst durchaus nichts verborge!" 
„Es ist "wahr," sprach Vertua, indem sein Antlitz immer mehr 
erbleichte, immer stierer und starrer sein Blick wurde, „es ist wahr, 
Ihr dürft nichts verborgen — ich that es ja auch sonst nicht! 
— Aber dem Bettler gebt ein Almosen — gebt ihm von dem 
Reichthum, den Euch heute das blinde Glück zuwarf, hundert 
Louisd'ör." 
'„Nun in Wahrheit," fuhr der Chevalier zornig auf, „Ihr
	        

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