Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

Liechtensteinische 
Vaduz, Freitag 
Nr, 45. 
den 28. November 1873 
Die liechtensteinische Wochenzeitung erscheint jeden Freitag. Sie kostet für daS Inland ganzjährig 2 fl., halbjährig 1 fl. 10 fr. sammt 
Postversendung und Zustellung in's HauS. Mit Postversendung für Oesterreich ganzjährig 2 fl. so kr., halbjährig 1 fl. 25 kr.; für das 
übrige Ausland ganzjährig 2 fl., halbjährig 1 fl. 10 kr. ohne Postversendung. — Man abonnirt für daS Zn- und Ausland bei der 
Redaktion in Vaduz oder bei den betreffenden Postämtern. — EinrMkungsgebühr für die zgespaltene Zeile S kr. — Briefe und Gelder 
werden franco erbeten an die Redaction in Vaduz. 
Vaterländisches. 
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte. 
15. Die Stände im Mittelalter. 
a. Die nieder» Stände. 
Um die Verhältnisse des Mittelalters, und damit die unse- 
res LantzeS, sich vorstellen zu können, ist eS nothwendig, den, 
Unterschied und die Lage der Stände in damaliger Zeit kennen j 
zu lernen. Wir geben daher im Folgenden eine kurze Schilde- ; 
rung derselben. 
Am niedrigsten standen die Leibeigenen. Sie besaßen 
ktin Grundeigenthum, wohl aber waren sie selbst Eigenthum 
ihrer Herren, welche über ihre Person und ihre Arbeit verfüg- 
ten. Diesen mußten sie entweder unmittelbar dienen, oder sie 
erhielten von ihnen ein Stück Land zum Anbau und ein ge 
ringes Haus zur Wohnung. Im letztern Falle mußten sie 
dem Herrn nicht bloS einen bestimmtem KnS^vsm^Ertrage des ^ 
Gutes entrichten, sondern auch ein unbestimmtes Maaß von 
Frohndiensten leisten. Die Leibeigenen waren größtentheilS Ab- 
kömmlinge unterjochter Völker. Wie sie selbst, so blieben auch 
ihre Kinder in der Leibeigenschaft. Nur durch die von ibren 
Herren vollzogene Freilassung erlangten sie das Recht eineS 
freien Mannes. Der Herr konnte sie auch verkaufen. Daß 
in Wallenstadt ein Marktzoll vom Verkauf der Leibeigenen 
entrichtet werden mußte, zeigt an, daß sie zu Markte gebracht 
und feilgeboten wurden. 
DaS LooS der Leibeigenen war verschieden je nach der Ge 
sinnung ihreS Herrn, in dessen Willkür ihre Behandlung lag. 
UebrigenS schützte sie die Gesetzgebung doch in mancher Hinsicht 
gegen die grausame Behandlung. So bestimmt daS schwäbische 
Landrecht: Wenn ein Eigenmann im Dienste seines Herrn er- 
krankt und der Herr steht ihm nicht bei oder vertreibt ihn auS 
dem Hause, so wird der Eigenmann, sobald er gesund wird, 
zfrei. Ferner: Ein Herr, der seinen eigenen Knecht todtschlägt, 
^oll Gott und der Welt, wenn er ihn unschuldig erschlägt. Er- 
satz geben. Man soll den Herren darum dienen, daß sie unS 
schirmen. Wenn sie qber die Leute nicht , schirmen, so sind diese 
deS Dienstes nicht schuldig. Oesters verschafften sich die Leib- 
eigenen selbst Hilfe, indem sie sich gegen tyrannische Herren 
empörten, ihre Burgen belagerten und sie zu Concessionen 
zwangen. Besonders aber rtöftm sich die Kirche ihrer an Diese 
war es ja, welche zAerst ernstlich pie Lehes geltend machte, daS 
im Herrn und Sklaven die Deiche Menschenwürde, zu. achten 
sei. Sie WrGte darum auch die Leibeigenen mit ihrem Unter- 
richte und ihren.Tröstungen und «suchte ehenso ihre leibliche und 
materielle Lage, zu Andern. Letzteres thaz sie eineStheilS da- 
durch, daß sie den Herren Mne milde Behandlung , nzr Micht 
Wachte, andererseits durch W- 
Kimmungen. So gewährte sie auch den Leibeigenen daS kirch- 
liche Asylrecht und forderte die Freilassung derselben. > 
In unserer Gegend gab eS wenige Eigenleute und vielleicht 
deßhalb, weil Rätien nicht durch Eroberung unter deutsche 
Herrschaft kam. 
Zahlreicher als der Stand der Eigenleute war derjenige 
der Colonen oder Lehenleute. Sie hatten für einen jähr- 
lichen Zins von ihrem geistlichen oder weltlichen Herrn ein 
Stück Land und eine Wohnung erhalten. Ihr Verhältniß zum 
Herrn war durch Gesetz und Übereinkommen geregelt, insbe 
sondere waren die Frohnarbeiten auf eine bestimmte Anzahl von 
Tagen beschränkt. So lange männliche Nachkommen vorhan- 
den waren, ging daS Gut auf diese über, nur mußte beim 
Alpenforstwirthschaft. 
(Fortsetzung) 
Von den strauchartig wachsenden oder doch keine lange Dauer 
habenden Holzarten verdienen für die obern Regionen die Weiß- 
und Alpenerle und die Legföhre die vollste Beachtung. Die 
beiden ersten passen für den frischen und feuchten Boden, die 
letzteren für den trockenen, namentlich im Kalkgebirg. Alle drei 
gehen über die Baumregion hinauf. In den obersten Regionen 
sind selbst die Alpenrosen und Zwergweiden zu begünstigen, weil 
sieden Boden binden und den Waldpflanzen in den ersten Iahren 
einen wirksamen Schutz gewähren. In den mittler» und tieferen Lagen 
verdienen zum Schutz und zur Verbesserung des BodenS die Weißerle, 
der Sanddorn, die Weiden und die Akazie besondere Berücksichtigung, 
weil sie auf ganz magerem Boden gedeihen, denselben befestigen, durch 
ihre Blattabfälle düngen und die Abrutschung in keiner Weise be- 
günstigen. Die Weißerle darf auf allen Bodenarten — auf dem 
feuchten bis nassen Lehmboden wie auf den Schuttablagerungen 
verwendet werden, der Sanddorn paßt vorzugsweise auf die jün- 
geren und] älteren Geschiebsanhäufungen und an die Schutthalden, 
die Weiden aus dem frischen bis feuchten, nicht allzubindigen 
Boden und die Akazie auf trockenen Stellen mit lockerem Boden 
und milden Klima. 
Bei der Begründung der Schutthalden und Schuttkegel sind 
auch die sog. Unkräuter aller Beachtung Werth, weil sie den Boden 
binden und mit ihren. Rückständen verbessern. Tussiiago, Gräser, 
Ginster :c. sind daher nicht nur zu schonen, sondern unter Umständen 
sogar anzubauen. 
Wo auf den ziemlich stark geneigten Weiden die Rasendecke trotz 
befriedigender Bodenverhältnisse dünn ist, muß durch Ausstreuen 
geeigneter Grassämereien auf Verdichtung derselben hingewirkt 
werden, weil nur eine dichte Grasnarbe den Boden gegen Ab- 
schwemmung wirksam zu schützen vermag. 
b. Mit Bezug aus die Vorbereitung des Bodens 
für die Aufforstung. Der Aufforstung muß die Entwässe- 
rung aller nassen Stellen und die Ableitung des Regen- und Schnee- 
Wassers von allen der Abrutschung und Abschwemmung oder der Bit-
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.