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Freitag
Nr. 43.
den 14. November 1873
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte.
13. DaS obere und niedere Rätien.
Bisher haben wir stets von Churrätien als einem Ganzen
gesprochen und unter demselben die ganze Grafschaft Rätien
verstanden, wie sie die Viktoriden im Besitze gehabt hatten.
Die Ausdehnung dieses gesummten RätienS entspricht genau
der Ausdehnung, welche das BiSthum Ehur bis zur Reforma-
tionSzeit hatte. Von jetzt an müssen wir ein oberes und nie-
dereS Rätien unterscheiden. Die Grenze zwischen diesen beiden
LandeStheilen bildete die Landquart. DaS obere Rätien er-
streckte sich über den grWern Theil des jetzigen KantonS Grau-
bünden. Niederrätien dednte sich im Südwesten bis an den
Wallensee aus, im Norden big GötziS und an den Hirschen-
sprung, im Nordosten W an den Arlberg. Zwei wichtige
Pässe hiM das Lanp pm Wallensee und an den Klausen bei
GötziS. Sie bildeten insbesondere- zur Zeit der VötkerMMr-'
ung eine wichtige Vormauer gegen die eindringenden germani
schen Bölkerstämme. Ein dritter Paß führte über WildhüuA
von Rätim in das Toggenburg. Das niedere Rätien theilte
sich in die AmGüfschaften „Im Boden" (in planis) und die
deS DrusuSthaleS. Zur Erstern gehörte die Gegend von der
Landquart bjS zum Wallensee und die Herrschaft Werdender^
zur Letztem Mser Land und der rätische Theil Vorarlbergs»
Wie beide Rätien ursprünglich ein Ganzes bildeten, so hat-
ten auch beide eine gleichartige, nämlich räto-romanische Bevöl
kerung. Während aber Oberrätien bis auf die heutige Zeit
größtentheilS romanisch blieb, vermischte sich unser LandeStheil
frühzeitig M^Hemschen Elementen, die bereits zur Zeit der
HHwßSußßde» Kaiser überwiegend wurden, ein Prozeß, wel-
chett wir später schildern werden. Schon unter den Grafen
aus dem Geschlechte HunfriedS soll eine gewisse Unterscheidung
zwischen dem ober« und niedern Rätien gemacht worden sein.
DaS Letztere soll immer unter der unmittelbaren Verwaltung
der, zu Herzogen von Alemannien gewordenen, Grafen gestand
den haben, während dem Erstern zeitweise untergeordnete Gra
fen' vorgesetzt worden seien. Gewiß ist, daß mit dem Tode
des Herzogs Otto 973 in beiden Theilen die Grafschaft erle
digt wurde. Zuerst fiel die Verwaltung des Ganzen den Bi-
schüfen von Chur zu. Zu Anfang des elften Jahrh. wurden
Versuche gemacht, wieder eigene Grafen einzusetzen. Im obem
Rätien gelang dies nur vorübergehend. Nach dem Tode deS
Grafen Otto (Mitte deS 17. Jahrh.) ist dort für lange Zeit
von einer besonderen Grafschaft keine Rede mehr. Der bi-
schMche Einfluß hatte eine solche unmöglich gemacht. In
RiÄerräiien faßten die Grafen wieder festen Boden. Sie
stammten von den alten Grafen von Bregenz ab. Ihr Stamm»
valer MÄch war aus Atalie^ Eingewandert, Durch die Hei-
rath seiner Schwester Hedwig kam sein Geschlecht in verwandt-
schaftliche Verhältnisse zum sächsischen Kaiserhause und zu den
Herzogen aus dem Geschlechte HunfriedS. Ulrichs Sohn Uzzo
wurde Graf von Bregenz. Die Nachkommen desselben treffen
wir als Grafen von Niederrätien. Als solche werden genannt :
Marquard, der Sohn Uzzo'S, Ebephard (1040—1067), Ulrich,
aus der ältern Linie, Stifter deS Klosters Mehrerau (f 1097)
und Rudolf (Ii 10—1140). Mit dem Letztern erlosch der
männliche Stamm Hier Grafen. Ihre Nachfolger werden
wir in der Geschichte der Grafen von Montfort kennen lernen.
Badnz, den 12. November. (Marktbericht.) Bei
schwachem Besuche von Käufern und Verkäufern sind unsere
AUpenforstwirthschaft.
(Fortsetzung)
Nichts ist mehr geeignet, die Aufforstungsarbeiten in Mißkredit
zu bringen, als das Mißlingen von Kulturen, die mit unverhält-
nißmäßig großem Kostenaufwand ausgeführt wurden. Wollen
wir das Forstkulturwesen populär machen , so müssen wir mit
den Kulturen da beginnen, wo die Aussicht auf einen befriedigen-
den Erfolg sicher ist und darauf gerechnet werden kann, daß die
aufgewendeten Kosten durch den. einstigen Ertrag gedeckt werden.
Sobald sich die Grundeigenthümer vom Nutzen der Kulturen
überzeugt haben, werden sie auch Hand zur Ausführung schwierigerer
Arbeiten bieten und sich durch das erste Mißlingen derselben nicht
von der Wiederholung und Fortsetzung derselben abschrecken lassen.
Der Nachthell, der aus einer Umgehung der größten Schwierig-
leiten beim Beginn der Aufforstungen erwächst, wird in der Regel
nur ein scheinbarer sein, weil aus der einen Seite auch die Auf-
forstung der weniger gefährlichen Stellen durch Verzögerung des
Wasserabflusses günstig auf die Erhaltung der Bauten in den
Wildbächen wirkt und auf der anderen Seite die Waldanlagen
auf den Rutschflächen und Geröllhalden — auch wenn sie an-
schlagen — viel Zeit brauchen, um wirksam zu werden.
In der obern Region oder im Alpengebiet sind die Auffor-
stungen in der Regel auf die steilen, dem Rindvieh schwer zugäng
lichen Halden, aus die nächste Umgebung der größern und kleinem
Bäche und auf die trockenen, einen geringen Weideertrag gebenden
Köpfe und Rücken zu beschränken, die ebener», fruchtbareren Stellen
dürfen unbedenklich als Weiden benützt werden. An den steilen
dem Verrutschen ausg^Wen Nachgehangen muß unter Umständen
der Anbau von Legföhren und Sträuchern auch über die eigent-
liche Baumregion hinaus" fortgesetzt werden. Daß man, trotz der
Rücksichten auf die Beschaffenheit des BddenS und auf die Wahr-
scheinlichkeit des Gelingens der Kulturen, darauf Bedacht zu
nehmen habe, die aufzuforstenden Flächen unter sich in einen an-
gemessenen Zusammenhang zu bringen und der Weide gegenüber
zweckmäßig zu begrenzen, versteht sich von selbst. Alle dickfäl
ligen Arbeiten müssen nach einem bestimmten Plane vollzogen