militärische Auditorium schien dieser Aufzählung von Feldzügen
und Großthaten mit Aufmerksamkeit zu folgen. Während der
Verlesung der nun folgenden Aktenstücke nahmen die Züge des
Marschalls wieder ihre bekannte eisige Ruhe an, und kein
Zucken einer MuSkel feines Gesichtes verrieth, daß ihn der eine
oder andere in dem Gutachten hervorgehobene Anklagepunkt
irgendwie berühre, oder schmerzlich auf ihn einwirke.
Der Prozeß wird reich sein an politischen Enthüllungen.
Thiers hat alles aufgeboten, die Verweisung Bazaines vor
daS Kriegsgericht zu Verbindern. „Dieser Prozeß" — erklärte
er — „ist ein großes Unglück für das Land, denn der Mar-
schall ist im Stand Enthüllungen zu machen, über die seine
Richter selber staunen werden "
Spanien. Neuerdings werden aus diesem Lande bedeu-
tende Siege der republikanischen Regierungstruppen über die
Karlisten berichtet. Die Regierung eines Castelar scheint die
eines zähen Lincoln zu werden, der mit eiserner Ausdauer sein
Ziel verfolgt und vor keinen Opfern zurückschreckt, wo es sich
darum handelt, die geistlichen und weltlichen Feinde seines Va-
terlandes niederzuschmettern. Auch scheint die spanische Regier-
ung im Auslande Kredit zu genießen, und finanziell überall
ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Karlisten, welche
sich überall, so weit sie kommen, durch Plünderung ernähren,
verlieren dagegen auch daS Vertrauen des Landvolkes je länger
je mehr und erhalten sich nur noch wie die Banditen Italiens
durch Plünderung und Raub.
Rußland. Ueber die große volkswirtschaftliche Kata
strophe, die Heuer in Folge der Mißernte über die meistene G-
genden des fruchtbaren Süden Rußlands hereingebrochen ist,
laufen immer trostlosere Berichte ein. Der ganze'Umfang des
erlittenen Schadens läßt sich auch annähernd nicht bestimmen;
so viel ist jedoch gewiß, daß in vielen Bezirken die HungerSnoth
unausbleiblich ist, wenn nicht baldige und genügende Abhilfe ;
getroffen wird. Wie große Mittel man gegen die Calamität
wird aufwenden müssen, zeigt der Umstand, daß im Gouverne-
ment Samara neun Zehutel der Bevölkerung in einer völlig
hülslosen Lage sich befinden und daß dorr für einzelne Bezirke
bis zu 2 Millionen Rubel als unbedingt nothwendige Unter--
stützungsgelder präliminirt werden. Die bulgarischen Colonisten
ziehen mit Sack und Pack nach dem Kaukasus, um der drohen-
den Gefahr zu entgehen.
Amerika. Die Finanzkrisis in New-Nork scheint sehr tief
in alle Verkehrsverhältnisse der Union einzugreifen und durch
die energischen Maßregeln der Regierung noch nicht gehoben
zu sein, das beweist die beabsichtigte Einberufung des Kon-
ventS. Nach der übereinstimmenden Ansicht der Sachkundigen
hat die Krisis ihren Ursprung der Ueberspekulation in Eisen-
bahnpapieren zu verdanken, ein Beweis, daß nicht im Allge-
meinen jeder Schienenweg dem Lande Wohlfahrt und Gedeihen
bringt. Was die Rückwirkung auf Europa betrifft, so ist man
für England nicht ganz ohne Besorgniß, dagegen habe man
den Arzt rufen, damit er Ihnen einen kalten Umschlag verschreibt."
„Lassen Sie mich Ihnen doch nur noch sagen —"
„Für heute kein Wort mehr, morgen aber sehen wir uns
wieder."
Mit einer anmuthigen Verbeugung und dem freundlichsten,
Glück verheißenden Lächeln verabschiedete sie sich von dem Lieute-
nant, der ihr zärtlich die Hand küßte. Mit ihr zugleich ging
auch die etwas kleinlaut gewordene Louise, welche das Fräulein
begleitete, nachdem sie ihrem Geliebten eine mitgebrachte Erbs-
wurst heimlich zugesteckt.
Trotzdem der verwundete Offizier eine unruhige Nacht hatte,
machte seine Genesung so schnelle Fortschritte, daß er schon nach
vierzehn Tagen sein Bett verlassen konnte, was er wohl Haupt-
sächlich der liebevollen Sorgfalt seiner ausgezeichneten Pflegerin zu
verdanken hatte. Ihre bloße Gegenwart reichte hin, alle Schmerzen
zu mildern und ihn gesund zu machen. Es war daher gewiß
keinen Grund, die amerikanischen Ereignisse für Deutschland,
Oesterreich und die Schweiz mit pessimistischen Blicken zu be-
trachten. Die Agenten Amerika'S, meint daS Blatt, hätten in
diesen Ländern wenig Absatz mit ihren Eisenbahnobligationen
erzielt und auch der Waarenhandel werde schwerlich stark be-
troffen sein.
Verschiedenes.
* Die schweizer, landwirthschaftliche Ausstellung in Wein-
feld en. Am Tage der Preisverteilung für das Vieh waren
in Weinfelden ca. 15000 Menschen versammelt. Die Aus-
stellungsräume für das Vieh beherbergten nicht weniger als
885 gekrönte Häupter. Die Rindviehstämme zerfallen in zwei
große Abtheilungen:
J) die Fleckvieh-Rasse,
2) die Braunvieh Rasse
Erstgenannte Abtbeilung begreift in sich den großen Berner
Falbscheck- und den Freiburger Schwarzscheckschlag, den etwaS
leichtern Frutigerschlag und die kleineren Gebirgsfchläge von
Ormonds und Wallis.
Die zweite Abtherlung umfaßt den großen Schwyzerschlag,
die mittler« Schläge von Unterwalden und theilweise der öst-
lichen Kantone, und den kleinen GebirgSschlag.
Das Fleckvieh ist ganz von bedeutender Größe. ES gehört
mit zu den schwersten europäischen Rassen. Der Gesammtein-
druck auf den Beschauer ist ein imponirender. Die kolossalen,
gestreckten, tief hinunter gewachsenen Thiere zeigen ein wohl-
thuendes Ebenmaß in ihren regelmäßigen und schönen Körper-
formen. Körperschönheit und Nutzbarkeit ist von großer Dauer.
Als Hauptbeftrebung der gegenwärtigen Züchter der Fleck-
vieh-Rasse ist die Einheit in der Farbe leicht zu erkennen, und
zwar geht man darauf aus, Falbscheckev und „Falbblöschen"
oder „Falbblassen" (falbe Thiere mit weißem Kopf) zu ziehen.
Neben dieser Aufgabe haben sich aber die Züchter der noch viel
schwereren unterzogen, und zwar nach dem Resultate der Aus-
stellung zu schließen, mit glücklichem Erfolge, diejenigen Fehler
fast ganz zu beseitigen, die man früher der in Rede stehenden
Rasse immer und mit Recht gemacht hat: die Grobknochigkeit,
den zu hohen Schwanzansatz, die grobe Haut und die „Lassen-
Leerheit" oder schlecht entwickelte Wampe. Dabei wird aber
kein Rassen-Vorzug vernachlässigt.
Die Schwarzschecken scheinen immer mehr zu verschwinden,
ausgenommen den-Kanton Freiburg, wo sie übrigens auch
sehr stark in der Abnahme begriffen sind.
Das Braunvieh ist einfarbig, vom hellen Grau bis in'S
Schwarzbraun übergehend. Hier ist die Farbe ein noch weit
wichtigerer Züchtungsgrundsatz als bei der Fleckrace. Der ita-
lienische Händler sucht mit skrupulösem Kennerblick Thiere von
nur in der Ordnung und Christenpflicht, daß sie soviel als möglich
und schicklich in seiner Nähe weilte
Natürlich galt sein erster Ausgang der Frau Geheimräthin
v. Schmerling, mit der er eine lange und sehr ernsthafte Unter-
redung hatte, worauf die alte, höchst gutmüthige Dame ihre Nichte
rief und an dieselbe einige sehr verfängliche Fragen richtete, welche
diese erröthend zur allseitigen Zufriedenheit beantwortete.
Eine Woche darauf las man in den Zeitungen: „Als Ber-
lobte empfehlen sich Alfred v. Hartleben, Bertha v. Linken."
„Das haben wir gut gemacht," sagte Hans Grützner zu seiner
Louise am Verlobungstage.
„Wir!" versetzte sie schnippisch. „Du meinst wohl mir."
„Und die Feldpost! Sie soll leben und das Brautpaar
daneben!"