Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

Liechtensteinische 
Vaduz, Freitag 
Nr. 39. 
den 17. Oktober 1873. 
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werden franco erbeten an die Redaction in Vaduz. 
Vaterländisches. 
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte. 
9. Die karo lin gi schen Kaiser. 
Auf Karl den Großen folgte nach dessen Tode 814 sein 
Sohn Ludwig der Fromme. Das Reich umfaßte damals das 
heutige Deutschland, Frankreich und Italien. Ludwig war 
wohl unterrichtet und von frommer, gutherziger Gesinnung, 
aber es fehlte ihm die nöthige Kraft und Energie, um ein so 
großes Reich zu regieren. Die Theilung deö Reiches unter 
seine Söhne brachte ihm viel Verdruß ein und führte sogar zu 
Kriegen mit den Letztern Er wurde ihr Gefangener und trotz 
der Vermittlungsversuche deS PapsteS, der persönlich herbeigeeilt 
war, mußte er sich zu schimpflicher Verdemüthigung verstehen 
(833). Gegen die Kirche von Chur zeigte sich Ludwig sehr 
freigebig. Er nahm dieselbe mit allen ihren Gütern und Leu- 
ten in seinen unmittelbaren Schutz, befreite sie von der Ge- 
richtsbarkeit der Gaugrafen, sowie von allen Abgaben, Diensten 
und Leistungen (831). So legte er den Grund zu der poli« 
tisch selbständigen Stellung, welche das Bisthum Chur bis auf 
die neueste Zeit einnahm. DaS Original der betreffenden Ur- 
künde befindet sich noch im bischöfl. Archive in Chur. Ludwig 
starb im I 840. Rätien hatte er früher seinem Sohne Karl 
zugetheilt, später riß es Lothar an sich. Letzterer machte der 
Kirche von Chur mehrere Schenkungen, darunter auch Güter 
zu Grabs und Wangs. Nachdem die Söhne Ludwigs sich 
gegenseitig längere Zeit bekriegt hatten, verstanden sie sich im 
Vertrag zu Verdun zu einer gütlichen Theilung (843). Deutsch- 
land und damit Rätien fiel Ludwig dem Deutschen zu. Dieser 
theilte sein Reich wieder unter seine Söhne. Karl der Dicke 
erhielt'Alemannien und ChurMien. Da die übrigen Söhne 
frühzeitig starben, kam Karl iydHWesitz deS ganzen Reiches, 
wie es sein Vater besessen haüe Später erhielt er so-, 
gar auch die übrigen Theile von! Reiche Karls d. Gr. Karl 
der Dicke hielt sich öfters in Rätien auf. Er schenkte seinem 
Kanzler Luitward, Bischof von Vercelli, dgS Kloster Tuberix, 
die Leute zu Rankweil, zu NüziderS und zii ^FlumS im Sar 
ganserland. Später vertauschte er im Namen 'seines Kanzlers 
alle diese Besitzungen mit dem Bischof von Chur gegen dessen 
Güter und Rechte im Elsaß (881). DaS Kloster Tuberix, 
von dem die bezüglichen Urkunden reden, lag sehr wahrschein- 
lich bei dem Weiler DuverS in der Gemeinde GÄfis. Bei 
Duvers finden sich noch alte Mauerreste, die diesem Kloster 
angehört zu haben scheinen Tuberix soll mit dem Kloster St. 
Gallen in Verbindung gestanden sein. Es verschwand schon 
früh. Auf daS Ansuchen deS hl. Eusebius, eines schottländi- 
schen Einsiedlers auf ViktorSberg bei Rankweil , schenkte Karl 
beA* ViktorSberg. lammt Weinbergen und Gütern zu RötiS und 
Rankwei! dem Kloster St. Gallen. Dieses übernahm die Ver- 
pflichtung, in Viktorsberg ein Kloster von Mönchen aus Schott- 
land zu unterhalten. 
Karl gerieth mit seinen Unterthanen in Streit, nur die 
Schwaben und Rätier blieben ihm anhänglich. Im I. 887 
wurde er des Reiches entsetzt. Er starb 888 und wurde im 
Kloster Reichenau beigesetzt. Es wurde nun Arnulf, ein Enkel 
Ludwigs des Deutschen, zum Könige gewählt, der auch die 
Kaiserkrone erwarb. Ihm folgte 899 sein unmündiger Sohn 
Ludwig das Kind, der schon starb, bevor er die Regierung 
selbst übernehmen konnte. Mit ihm erlischt der karolingische 
Stamm. 
feuülelon. 
Durch die Feldpost. 
Humoreske von Max Ring. 
(Schluß.) 
„Aber das Fräulein hat es mich strenge verboten." 
„Welches Fräulein?" fragte der Bursche. 
„Du kennst sie doch nicht und icb Hab' ihr versprechen müssen, 
reinen Mund zu halten." 
„Ich übernehme jede Verantwortung," versetzte der Offizier 
immer dringender, „und gebe Ihnen mein Wort, daß es nicht 
Ihr Schaden sein soll, wenn Sie mir die Wahrheit sagen." 
„Der Herr Lieutenant verschafft mir die Civil-Versorgung 
und dann können wir aus der Stelle heirathen," ergänzte der 
Bursche. 
„Und mein Hochzeitsgefchenk soll dabei nicht fehlen." 
Einer solchen Versuchung vermochte die gute Louise nicht 
zu widerstehen, da ihr ohnehin das Geheimniß das Herz ab 
drückte und sie froh war, es an den rechten Mann zu bringen, 
der noch dazu ein Lieutenant und der Herr ihres Geliebten war. 
„Also das Fräulein?" fragte der Offizier voll Spannung. 
„Ist eine Bruderstochter von meiner alten Geheimräthin," 
entgegnete das Mädchen. 
„Davon Hab' ich ja nichts gewußt," unterbrach sie Hans 
Grützner. „Wie kommt denn das?" 
„Weil das Fräulein erst seit dem Tode ihres Vaters aus 
Dresden nach Berlin zu ihrer Tante gekommen ist.* 
„Und ihr Name?" 
Statt zu antworten, starrte das Mädchen mit weit geöffneten 
Augen nach der Thür, als ob ihr ein Gespenst erschienen wäre. 
„Herrjes!" schrie sie erschrocken, „da ist sie ja selbst/' 
„Wer denn?" fragte der Bursche. 
„Unser Fräulein?" 
„Bertha v. Linken!" rief der erstaunte Lieutenant, der jetzt 
erst seine Pflegerin erblickte. 
Mit schalkhaftem Lächeln trat die junge Dame dem über- 
raschten Offizier entgegen, der seine Bewegung nicht zu bemeistern
	        

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