und ausbilden könnten. Churrätien gehörte zu dem Theile,
welcher Pipin zufiel. Kar! starb den 23. Januar 814 zu
Aachen, wo er in dem von ihm erbauten Dome beigesetzt wurde.
Baduz, den 7. Oktober. Letzten Sonntag feierte Vaduz
ein sehr schönes and sehr seltenes Fest: Die feierliche Ein-
weihung unserer neuen gothischen Pfarrkirche. Bereits 250
Jahre sind es, daß die Altäre der alten Kirche konsekrirt wur-
den. Die hohe Feier hat nicht nur diesen Charakter großer
Seltenheit betreffs der Zeit, sondern wird besonders außer-
ordentlich durch den monumentalen Bau der Kirche selbst. Es
wird wohl wenige derartige „Dorfkirchen" auf dem weiten
Erdenrund geben, insbesondere nicht in Dörfern, die nicht mehr
Einwohner zählen, als Vaduz. Die reine gothische Durchführ-
ung der Kirche selbst, wie auch die reiche innere Ausstattung
wird Jedem in's Auge fallen. Der feierliche Moment der Ein
weihung mußte daher aus diesen Gründen doppelt mächtig ein-
wirken zur Hebung der freudigen Feststimmung. Der Himmel
schien auch guter Laune zu sein und bezeugte seine Freude an
dem hohen Feste mit klarem Sonnenschein aus heitern blauen
Lüften Nur gegen Abend trieb ein mutwilliger Windzug
etwas Wolken zusammen, um naturgemäß manchen der nach
Hause wandelnden Festbesucher etwas abzukühlen.
Die Einweihungsfeierlichkeiten begännen um 8 Uhr und
dauerten mit Einschluß einer passenden Anrede des hochw.
Weihbischofs Willi von Chur und des feierlichen Pontifikal-
Hochamtes bis gegen 1 Uhr.
Die imposante Gestalt des Weihbischofs und sein würdigeö,
passendes Auftreten machte einen günstigen Eindruck. Beim
Hochamte waren zur Verherrlichung , der Feier der gemischte
Chor, der Vaduzer Männergesangverein und die Vaduzer Blech-
musik thatig. Die Akustik der Kirche erwies ftch bei dieser
Gelegenheit als eine vortreffliche. Schade, daß die neue Orgel,
deren Erstellung durch die Wiener Weltausstellung sehr ver-
zögert wurde, noch nicht da war. Das entlehnte Harmonium
von Schellenberg, das die Stelle einer Orgel vertreten sollte,
scheint vornehmlich nur für Choralgesänge zu passen und war
selbes zudem noch in etwas defektem Zustande.
Es sind übrigens die Leistungen der drei oben genannten
musikalischen Vereine von Vaduz sehr zu verdanken; insbesondere
ist die Mühewaltung und große Arbeit, die Herr Oberlehrer
Hinger von Vaduz als Direktor der drei Korporationen bei
dieser Gelegenheit hatte, mit Lob und Dank hervorzuheben. Es
gereicht der Gemeinde Vaduz zur Ehre, daß sie, obgleich sie
eine verhältnißmäßig geringe Einwohnerzahl besitzt, in musikali-
scher Beziehung drei Vereine aufzuweisen hat, und es wäre nur
zu wünschen, daß diesen Vereinen auch von Seite des Publi-
kums etwas mehr Anerkennung gezollt würde. Es würde dies
setzten Visitenzeit die Thüre des Krankenzimmers sich öffnete,
fuhr er unwillkürlich von seinem Lager auf, wogegen der ehrliche
Hans seine angeborne Ruhe nicht verlor.
Schon hatte der Offizier die Hoffnung aufgegeben, die inter-
essante Briefstellerin heute noch zu erblicken, als in der Dämme-
rung ein junges Mädchen erschien, in ein dickes, buntes Wollen-
tuch gehüllt, so daß man die Gestalt nicht sogleich erkennen konnte.
Nachdem sie das Tuch abgelegt, zeigte sich ein rundes, von der
Kälte geröthetes Gesicht und zwei noch röthere Hände, an denen
sie sogenannte Pulswärmer von brauner Wolle trug. Mit lauter
Stimme frug sie nach dem Offiziersburschen Hans Grützner, der
ihr schon von Weitem seine rheumatischen Arme entgegenstreckte.
„Louise!" rief er mit freudigem Lachen.
„Hans! Mir rührt der Schlag noch vor Vergnügen das ich
Dir wiedersehe!"
Sie war es das geträumte Ideal des poetischen Offiziers,
das mit allem Zauber der Schönheit geschmückte Bild seiner
Phantasie stand jetzt in solch „fragwürdiger Gestalt" vor seinen
enttäuschten Blicken, daß er sich kaum zu fassen vermochte. Eine
unbedingt zur Aufmunterung nnd weitern Entwicklung dSS
Vereinslebens bedeutend beitragen.
Nach Schluß der EinweihungSfeierlichkeiten begab sich der
Festzug geführt von den Klängen der Blechmusik zum Löwen,
wo das Festmahl stattfand. Leider konnte der hochw. Weih-
bischof kaum eine Stunde mehr verweilen, da er in Schellen-
berg am Montag ebenfalls die Einweihung einer neuen Ka-
pelle vorzunehmen hatte. Herr Landesverweser v. Hausen gab
dem hohen Würdenträger das Geleite.
Eine Reihe von Toasten brachte Leben und Bewegung in
die Festversammlung Die vortreffliche Aufwartung von Seite
der Wirtschaft und der sich bald eröffnende Reigen „edler"
Flaschen trug zur Hebung der Gemütlichkeit und des Froh
sinns mächtig bei.
Die Toaste wurden gebracht unserem durchlauchtigsten Für-
sten, dessen hoher Geburtstag mit der hohen Feier zusammenfiel;
dem hochw. Weihbischof, dem Herrn Dombaumeister Schmied,
k. k. Oberbaurath und Professor in Wien, als dem Entwerfer
des Kirchenplanes, dem Herrn fürstlichen Architekten Bonko
(Schüler von Schmied) als dem Vollführer und Leiter des
gothischen Prachtbaues, dem Herrn Landesverweser v. Hausen,
der durch sein umsichtiges und energisches Einschreiten manche
Schwierigkeiten beseitigte, und endlich der Gemeinde Vaduz,
die durch ihren Opfersinn und ihre Mitleistungen viel an dem
großen Baue mithalf.
Wir können eS uns nicht versagen, die passenden Schluß-
verse des Toastes, den daS Gemeinderathsmitglied David Boß
in volkstümlicher Versart allen beim Kirchenbau betheiligten
Kräften zugleich brachte, mitzuteilen, da sie in kurzer Weise
Vieles sagen. Sie lauten:
„ES lebe, der es hat erdacht,
Es lebe, der eS hat vollbracht,
Es lebe, der daS Geld gegeben,
Es lebe, der den Plan vollführt,
Und es soll aus unsern Munden allen
Ihnen ein freudig Hoch erschallen."
Aus der Umgebung war zu der großen „Kirchweih" eine
große Menschenmasse hergeströmt. Das Schloß konnte seine
Besucher nicht alle fassen und auch in den Gasthäusern war
alles überfüllt.
Seine Durchlaucht, unser Fürst hatte am 3. Oktober an
Herrn Landesverweser v. Hausen folgendes Telegramm zur
Mitteilung an die Gemeinde Vaduz gesendet:
„Ich beauftrage Sie, der Gemeinde Vaduz meine Freude
über den gelungenen Bau der neuen Kirche und meine auf-
richtigen Wünsche dahin auszurichten, es möge dieses Gottes-
haus als Zufluchtsstätte allen Jenen zum Segen gereichen,
untersetzte Figur, mit gutmüthigen, aber gewöhnlichen Zügen, keck
aufgeworfener Stumpfnase und wasserblauen, nichtssagenden Augen.
Und das sollte die Schreiberin jener geistreichen anmuthigen Briefe
sein? ~
Unmöglich!
Aber konnte nicht der etwas massive Körper nur die schwere
Hülle einer schönen Seele sein, die korpulente Form den feinen
Geist verbergen?
Auch diese Hoffnung mußte der romantische Lieutenant bei
näherer Bekanntschaft schwinden lassen, als er sie im schönsten
Berliner Jargon weiter reden hörte.
„Herrjes!" rief sie die rothen Hände über dem Kopf zu-
sammenschlagend, „wie ich mir freue. Ich globte schonst, daß die
Franzosen Dir todt geschossen haben, weil Du mich so lange
nicht geschrieben hast. Warum hast Du mich nicht auf meinen
letzten Brief geantwortet?"
„Weil, weil," stotterte der ehrliche Hans, „weil der Lieute-
nant das Malheur hatte — "
„Was vor ein Malheur?"