Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

Liechtensteinische 
Vaduz, Freitag 
Nr. 38. 
den 10. Oktober 1873. 
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werden franco. erbeten an die Redaetion in Vaduz. 
Vaterländisches. 
(m) Bilder ans der vaterländischen Geschichte. 
8. Karl der Große und C Hurra tun. 
Karl d. Gr. (768—814) ist der eigentliche Begründer deS 
deutschen Reiches. Vor ihm gab es keine deutsche Nationalität, 
sondern nur verschiedene deutsche Völker, die sich meist gegen- 
feitig tödtlich haßten und bekämpften. Er unterwarf sich alle 
Stämme und vereinigte sie zu einem Reiche. Den Stamm^ 
herzogthümern, welche der Einheit des Reiches widerstrebten, 
machte er ein Ende und führte dafür Grafschaften ein. Die 
Grafen ernannte er selbst. Unter seinen Völkern suchte er Bil- 
dung und Gesittung, vor Allem aber das Christenthum zu ver 
breiten. Durch seine Stiftungen legte er den Gruttd zu vielen 
Städten. Seine zahlreichen Gesetze, die er aus den Landtagen 
und Synodalversammlungen erließ, beweisen, wie ihm die In- 
teressen deS Volkes klar waren und am Herzen lagen. In Rom 
erhielt er im Jahre 800 unter dem Jubel des Mikes die Kai- 
serkrone. Dadurch wurde das Andenken an die Größe des alten 
römischen Reiches wieder aufgefrischt und seine Herrschaft er- 
hielt eine religiöse Weihe. 
Karl wandte seine Aufmerksamkeit auch Churratien zu. 
Dem Bischöfe Konstantius sicherte er durch eine Urkunde die 
Erhaltung der Eigenthümlichkeiten und die unmittelbare Stel- 
lung ChurrätienS zu. Auf seiner Rückkehr von seiner Kaiser- 
krönung in Rom soll er auch in unsere Gegend gekommen sein. 
In Difentis am Grabe deS hl. Plazidus und Sigisbert habe 
er gebetet und dem Kloster viele Gnaden, insbesondere freie 
Abtswahl verliehen. Der Kirche von Chur verlieh er die Ka- 
pelle zu Schlettstadt im Elsaß und schenkte ihr viele Güter 
und den Zoll in der Stadt Chur. Schon vorher besaß die 
Feuilleton. 
Durch die Feldpost. 
Humoreske von Max Ring. 
(Fortsetzung) 
„Ich werde Ihren Brief sogleich besorgen," fügte sie freund- 
lich hinzu. 
„Aber Sie wissen ja noch nicht die Straße und das Haus." 
„Richtig! das hätte ich fast vergessen," erwiederte sie von 
Neuem erröthend." 
„Viktoriastraße 110, in der Beletage." 
„Sie können sich darauf verlassen, daß der Brief richtig ab- 
gegeben werden soll." 
„Sie werden sich doch nicht selbst bemühen? Oder sollten 
Sie vielleicht zufällig die alte Geheimräthin kennen?" 
„Nein, nein!" lachte die junge Dame. „Ich meinte nur, 
daß ich selbst den Brief in den nächsten Kasten legen will, damit 
er sicher ankommt." 
Kirche von Chur durch königliche Vergabungen verschiedene 
Güter und Rechte, theilS als Lehen, theils als Eigenthum. 
Der gelehrte Alcuin, Erzieher der Kinder KarlS, war mit 
Bischof RemediuS befreundet und stand in Briefwechsel mit 
demselben. In einem Brief an den Erzbischof von Salzburg 
nennt er Remedius feinen theuren, treuen Freund. ES find 
noch drei Briefe Alcuins an den Bischof auf UNS gekommen 
und es geht aus denselben hervor, daß das Freundschaftsver- 
hältniß ein inniges war. In einem dieser Briefe empfiehlt 
Alcuin seinem Freunde einen Kaufmann, der durch Rätien nach 
Italien reisen wollte. Aleuin starb 804. Dadurch verlor Bischof 
RemediuS einen einflußreichen Fürsprecher am Hofe. Vielleicht 
beschleunigte dieser Umstand die Aenderung, welche Karl in 
Churratien vornehmen wollte. Durch die Vereinigung der geist- 
llchen und weltlichen Gewalt in einer Hand entstanden mehr- 
fache Uebelstände. Nahm gehörte, daß der Bischof die zwei 
Wichtigsten Funktionen eines weltlichen Vorstands? oder Grafen 
&nr nicht ausüben konnte. Er konnte nämlich weder persönlich 
zu Gericht sitzen, noch den Oberbichl im Kriege führen. Um 
das Jahr 807 ^Wanden Unruhen'in Rätien. Karl schickte 
daher den Bischof Wolfhard von Rheims dahin, um Recht zu 
sprechen. ES ist sehr wahrscheinlich, daß dieser außerordentliche 
königliche Gesandte überhaupt eine Revision der gesammten 
Rechtspflege vornahm. Bald nach dieser Sendung trennte Karl 
in Rätien die weltliche Gewalt von der geistlichen. Die erstere 
übertrug er dem Grafen Hunfrid von Jstrien, dem Sohne 
seines Magister palatii. Ueber die Folgen dieser wichtigen Aen- 
derung, sowie über die Regierung des neuen Grafen und seiner 
Söhne soll später mehrereS erzählt werden. 
Karl theilte schon 806 sein Reich unter seine Söhne, damit 
sie unter seiner Oberaufsicht in der Reichsverwaltung sich üben 
Zugleich entfernte sie sich so eilig, als ob sie nur dazu auf 
der Welt wäre, um die Liebesbriefe des ehrlichen Burschen zu 
besorgen, der ihr dafür äußerst dankbar war. 
„Ein sehr nettes Fräulein," bemerkte er, ihr mit Wohlge- 
fallen nachblickend. „Die könnte mir gefallen, weil sie so obligat 
ist." 
„Obligeant," verbesserte der Lieutenant. „Du hast Dir wohl 
einen Brief von ihr schreiben lassen?" 
„Die Louise mußte doch erfahren, daß wir noch leben und 
hier sind. Na, die wird Augen machen, die Ueberraschung und 
die Freude!" 
„Ich bin wirklich neugierig, sie kennen zu lernen." 
„Das Vergnügen können Sie genießen. Wenn die alte Ge- 
heimrathin nichts dagegen hat, werden wir die Louise morgen 
sehen. 
Diese Nachricht weckte von Neuem die Sehnsucht des Lieute- 
nants nach dem räthselhaften Mädchen, dem er mit der größten 
Spannung entgegensah, so daß er mit Ungeduld ihren angekün- 
digten Besuch erwartete. So oft am nächsten Tage zur festge-
	        

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