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theile noch steigern zu müssen und. der Gang der Dinge be-
rechtigt zu solchen Schilderungen vollständig. „Ein Mann,"
sagt Chevalier, „der sich einer Clique (Sippschaft) nicht unter
wirft, der keine rothe, blaue oder weiße Kokarde trägt, der nicht
alle Könige todtschlagen oder alle Rothen zusammenschießen,
alle Vernunftgläubigen stranguliren (erdrosseln) will, ein solcher
Mann steht, moralisch genommen, gewiß über seinen leiden-
schaftlich gehässigen, im Parteiwesen verrannten Zeitgenossen.
Aber für solch' einen Mann wäre im heutigen Frankreich kein
Platz, er könnte es hier nicht aushalten. Da er keiner Gruppe
angehörte, würde er von allen geschmäht werden. Herr A.
würde ihm sagen, er sei nicht orleanistisch genug; Herr B.:
er ist nicht französisch, nicht klassisch genug; Herr C: nicht
hinlänglich imperialistisch (kaiserlich). Ein vorurtheilsloser Denker,
ein nicht im System verrannter Mann, ein Schriftsteller, dem
alles auf die Wahrheil ankommt, der hat jetzt keine andere
Aussicht, als unbeachtet in irgend einem Winkel der Provinz
am Hungertuche zu nagen. Die Grundursache von diesem
Mangel an Toleranz (Duldsamkeit) von Franzosen gegen Fran
zosen , an Milde, Nachsicht und Wohlwollen zwischen allen
Klassen und Parteien liegt nicht etwa in den materiellen Ten-
denzen (Streben, Richtung) unserer Zeit, sondern in unseren
alten Gehässigkeiten und Fehden. Wir haben unsere zum Despo-
tismuS (Willkürherrschaft) neigenden und doch dabei sklavischen
Gewohnheiten, die wir von unseren Vorfahren ererbt, nicht
abgelegt und per Geist der Herrschsucht ist uns geblieben."
Eine so aufrichtige französische Stimme verdient gewiß alle
Beachtung und Ächtung.
Spanien. Castelar will, um einen langen Krieg zu ver-
meiden, die äußersten Anstrengungen machen, 150,000 Mann
einberufen und bewaffnen, sowie 500,000 Mann Miliz, um
den Kriegsschauplatz militärisch zu besetzen. Man glaubt mit
diesen Maßregeln werde er den Krieg diesen Winter zu been-
digen vermögen. Trotz der angeblichen Siege im Norden be-
schranken sich die Karlisten auf unbedeutende Scharmützel und
haben keinen wichtigen Platz inne.
Schweiz. Aus Bern meldet ein Telegramm: Die Ab-
schaffung ver Adelsnamen ist angenommen, auf Antrag Carte-
retS, ebenso der Schulartikel. Der Bund ist befugt, Hochschule
und andere Unterrichtsanstalten zu errichten., der Volksschul-
Unterricht ist obligatorisch, unentgeltlich, darf keinen Ordens-
angehörigen übertragen werden, der Bund erlaßt Vorschriften
über die Minimalforderung.
Die Vereinigten Schweizerbahnen haben der Regierung von
Graubünden einen Antrag vorgelegt über den Bau einer Ei-
senbahn Chur-ThusiS. Der Kanton hätte das Kapital auf
bestimmte Zeit zu 2% vorzuschießen.
Asten. AuS Teherans 5 Aug., bringt die Jndep. Belge
einen Bericht über die trostlosen Zustände, welche in Persien
überhand genommen, während der König der Könige, dessen
Banner die Sonne ist, in Europa sich feiern ließ und mit
allerlei Kurzweil sich beschäftigte. „Die innere Lage Persiens
ist auf's Aeußerste gespannt; eS ist Zeit, daß Se. Majestät
von seiner Reise zurückkehrt, um ein wenig Ordnung in die
StaatSgeschäfte zu bringen. Man bedenke, daß nicht nur der
Schah in Europa ist, sondern daß auch seine ganze Regierung
ihn dahin begleitet hat; die Staatsmänner stnd selten in
Persten, und die Last der Geschäfte ist zu schwer für die weni-
gen Regierenden, welche zurückgeblieben sind. Niemals hatte
das Räuberunwesen solche Verhältnisse im Lande angenommen,
und eS ist sehr zu fürchten, daß man nur schwer eS ausrotten
wird, nachdem es heute so fest eingewurzelt ist.
Verschiedenes.
* Ein Rentier in Berlin, der weder Frau noch Kind hat,
hing sich an seinem Geldschrank auf, in welchem sich 20,000
Thaler in Papieren befanden. Die Ursache glaubt man darin
zu finden, daß er sich daS Sinken der Papiere zu sehr zu
Herfen genommen hat.
* Amerikanisches. Die Zeitungen, welche im Staate
Nevada erscheinen, beklagen sich, daß die Gesetzgeber des Staates
während den Sitzungen allzu oft und allzu stark betrunken
seien.
* Das Städtchen Saucelli in Kalifornien erhielt im Januar
eine Wasserleitung. Der dort erscheinende „Herald", Gegner
aller Nüchternheit, bemerkte bei der Eröffnung des AquäducteS:
„Wasser ist eine klare Flüssigkeit, die man ehemals zu trinken
pflegte."
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler.
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Kornpreise vom Fruchtmarkt in Bregenz vom 12. Sept.
1 Der halbe Metzen
j
beste
i
mittlere
geringe
fl.
kr.
fl.
kr.
ff.
kr.
! Korn
4
10
4
—
3
90
|. Roggen ....
3
—
2
90
2
80
I Gerste
2
90
2
80
2
70
I Türken ....
2
80
2
70
2
60
! Hafer
1
60
1
50
1
40
Thermometerstand nach Reannmr in Vaduz.
Monat
Morgens
7 Uhr
Mittags
12 Uhr
Abends
6 Uhr
Witterung.
Sept.
n
»
H
tt
1t
11
10+9
11. + 81/ 2
12. +10
13. +12%
14. +14
15. + 7%
16. + 7
Am 14. und
+ 16%
+14V 2
+ 16
+17
+20
+i7y 2
+ 13
+ 12
+141/2
+ &A
+16
+ 16
+12
+ 10
15. in den Höhen Schnee.
halb hell.
hell.
hell.
hell.
halbh.Föhnst. ARg.
halbhell. Ncht.Reg
fast ganz trüb.
Telegrafischer Kursbericht von Wien.
17. Septemb. 100 fl. Silber 107.50
20-Frankenstücke 8.93
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.