Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

Liechtensteinische 

Vaduz, Freitag Ufr, 35t den 19. September 1873. 
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werden franco erbeten an die Redaction in Vaduz. 
Vaterländisches. 
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte. 
5. Rätien unter den Franken bis zur Zeit Karls 
deS Großen. 
Churrätien und damit unser Land hatte wohl mannigfache 
Folgen der Völkerwanderung zu fühlen gehabt, sein Gebiet 
wurde aber nicht der Wohnsitz fremder Stämme. Wohl wechselte 
es seine Herrscher, — nicht aber seine Bewohner, feine Sitten 
und Gesetze, So auch, als es durch Abtretung der fl an tischen 
Herrschaft zufiel Da die Rätier nicht durch Eroberung fränkische 
Umerthanen geworden waren, wurden sie schonend behandelt. 
Recht, Gerichtsverfahren unv Besitzstand blieben unverändert. 
Die frankischen Könige traten nur in die Rechte der früheren 
Herren deS Landes und kamen insbesondere in den Besitz der 
Privatgüter, welche diese besessen hatten. Es lohnt sich wohl 
der Mühe, uns die neuen Herrscher etwas näher anzusehen. 
Die Franken waren ein großer deutscher Stamm, der wahr- 
scheinlich aus der Vereinigung verschiedener germanischer Volker- 
schaften entstanden ist. Sie wohnten im heutigen Belgien und 
Frankreich, sowie am rechten Rheinufer bis zum Main und 
Nekar. Sie waren die Stifter des deutschen Reiches und mehr« 
mals der herrschende Stamm. Späterhin entstanden aus einem 
Theile der Franken die Franzosen, der andere Theil bildete ein 
deutsches Herzogthum. *) 
Zum herrschenden deutschen Stamme wurden die Franken 
unter dem Morowinger Chlodwig (481—511). Er ver- 
*) Die Franken, welche das jetzige Frankreich (Gallien) zu ihren 
Wohnsitzen wählten, vermischten sich mit den bisherigen römisch-gal- 
tischen Provinzialen und wurden durch diese romanisirt 
Feuilleton. 
Durch die Feldpost. 
Humoreske von Max Ring. 
(Fortsetzung) 
Nachdem er in solcher Weise für die nöthige Wärme gesorgt, 
machte er sich bequem, indem er den allen Lehustuhl an das 
lodernde Feuer rückte und den Brief aus der Tasche zog, über 
den er erst einige Mal mit dem Aermel seiner Uniform strich, um 
das zerknitterte Papier zu glätten. Mit Bedächt öffnete er das 
Kouvert, es von allen Seiten betrachtend, und langsam, als ob 
er erst jedes einzelne Wort buchstabiren müsse, las er den Brief, 
der ihn in hohem Grade zn interessiren und zu erfreuen schien, 
wie der Lieutenant an dem lachenden Gesichte zu bemerken glaubte. 
„Du hast gewiß gute Nachrichten von deinen Eltern erhalten?" 
fragte er teilnehmend, 
„Dieses weniger. Mein Alter ist ein großer Oekonomikus 
und spart selbst an der Tinte." 
einigte nicht nur alle fränkischen Stämme zu einer Monarchie, 
sondern dehnte seine Herrschaft bis tief in das eigentliche Deutsch- 
land aus. Nach seinem Tode theilten seine Söhne das Reich 
und legten dadurch den Grund zu mannigfaltigen Zwistigkeiten. 
Dennoch wußten sie die Frankenherrschaft immer weiter auS- 
zUdehnen und machten sich, wie wir sahen, insbesondere die 
Verlegenheit der Ostgothen zu Nutzen, um Ränen an sich zu 
bringen. Unter den spätem Königen ist für uns besonders 
Dagobert wichtig (622—638). Er bereiste sein Reich und 
besuchte auch Rätien. Bei dieser Gelegenheit wurden die Grenzen 
des SprengelS von Konstanz gegen Churrätien bestimmt. Im 
Rheinthale war die Grenze bei Montlingen und zwar trennte 
der Hügel Hirschensprung (zwischen Rüthi und Oberriet) die 
beiden Sprengel. Von da ging die Grenze über die GebirgS- 
rücken, welche das Rheinthal, das Thal des Wallensens und 
der Linth vom Toggenburg trennen. 
, . Dagobert war sehr freigebig g^gen. Kirchen und Klöster. 
In unserer Gegend wurde von ihm insbesondere die uralte 
Kirche St. Peter in Rankweil mit Schenkungen ausgestattet, 
weshalb noch heutzutage für ihn daselbst ein Zahrtag gehalten 
wird. 
Ueber Rärien regierte etwa 2^ Jahrhunderte lang das 
Geschlecht der Viktoriden Man nennt dieses Geschlecht so, 
weil der älteste bekannte Stammvater desselben Viktor hieß. 
Ob die Viktoriden ein einheimisches oder fränkisches Geschlecht 
waren, ist unbekannt. Eher dürften sie fränkischen Stammes 
gewesen sein. Wie früher die Ostgothen den dritten Theil 
der liegenden Güter für sich beanspruchten, so werden die Franken 
ohne Zweifel auch in dieser Beziehung deren Erben geworden 
sein. Die Viktoriden waren im damals schönsten und frucht- 
barsten Theile Rätiens, im Domlefchg reich begütert. ES läß 
„Daun wird der Brief wohl von deinem Schatz sein?" 
„Das stimmt! — die Louise hat mir geschrieben und das 
ordentlich acht ganze Seiten voll." 
„Du bist wirklich beneidenswerth," versetzte der Lieutenant, 
halb im Ernst, halb im Scherz, mit einem Anstrich leichter Ironie. 
„Alles was wahr ist. Die Louise ist ein nettes Mädchen 
und sehr gebildet, ich möchte sagen zu gebildet für Unsereinen." 
„Nun, der Fehler läßt sich leicht ertragen." 
„Je nachdem," entgegnete der Bursche nachdenklich. „An 
und für sich ist Bildung eine schöne Sache, aber unter Umständen 
kann sie auch eklich werden." 
„Du machst mich wirklich neugierig," erwiederte der Lieutenant, 
den in Ermangelung jeder besseren Unterhaltung das Gespräch mit 
seinem Diener zerstreute und belustigte. 
„Sehen Sie, Herr Lieutenant!" fuhr dieser fort, „jedes Ding 
hat zwei Seiten und die Bildung auch. Wenn mir die Louise 
einen gebildeten Brief schreibt, so ist das ganz gut und freut mich 
sehr, aber wenn ich darauf antworten soll, so ist mir das sehr 
unangenehm und genirt mich, weil man sich doch als Manns-
	        

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