Vaduz, Freitag
Nr. 32.
den 29. August 1873.
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Belehrung über die Maul - und Klauenseuche.
Das Austreten dieser Seuche auf einigen Alpen im liech-
tensteimschen Gebiete veranlaßt uns, eine Belehrung, die daö #
eidgenössische Departement deS Innern am 4. Hornung l. 3 /
für das Schweizervolk herausgab, auch unseren Lesern zur
Kenntniß zu bringen, da sie jedenfalls bei dem jetzigen Zeit-
punkte von großem Interesse sein dürfte. Wir geben selbe dem
Wortlaute nach.
Die Maul- und Klauenseuche tritt vorzugsweise bei Rind
vieh, Schafen, Ziegen und Schweinen auf; sie kann aber auf
alle wiederkäuenden Thiere übertragen werben, während eine
Ansteckung bei Pferden, Hunden tc. nur in seltenen Ausnahms-
fällen beobachtet wird.
Ueber die ursprüngliche Entstehung der Seuche ist nichts
Sicheres bekannt. Sie kam schon vor Jahrhunderten in un-
serem Lande vor. Nach allen Erfahrungen erhält und ver-
breitet sie sich durch Ansteckung. Sie entwickelt einen sehr wirk-
samen, schwer zerstörbaren und leicht zu verbreitenden Ansteck-
ungsstofj.
Bis jetzt ist kein Mittel bekannt, welches die Empfänglich,
keit der Thiere für diese Krankheit vernichten würde. Die Er-
fahrung beweist unzweifelhaft, daß alle bisher zu diesem Zwecke
empfohlenen Mittel im Stiche lassen; und wenn in neuester
Zeit solche durch eindringliche Empfehlungen zu häufiger An-
wendung führten, so find gerade die dabei gemachten Erfahr-
ungen geeignet, den Beweis der Nutzlosigkeit dieser Vorbauungs-
kuren zu leisten. Auch das Bestehen der Krankheit schützt die
Thiere nur für kurze Zeit vor neuen Ansteckungen. Dieselben
können schon nach 6 Wochen zum zweiten und dritten Male
befallen werden
Die Krankheit sitzt in der ganzen Säftemasse der Thiere,
Und tritt durch einen Ausschlag in Erscheinung, der in Blasen
besteht, die sich durch Abhebung der Oberhaut mittelst waffen-
gett Ergießungen unter dieselbe bilden. Der Ausschlag erscheint
gewöhnlich auf der Schleimhaut deS MauleS (Maulseuche); m
den Klauenspalten und am Saum der Klauen (Klauenseuche);
er kann aber an jeder Hautstelle auftreten und wird im Fer
nern bei unserem ziemlich dickhäutigen Vieh am häufigsten am
Euter und den Zitzen wahrgenommen.
Im Blaseninbalt ist der AnsteckungSstoff konzentrirt ent
halten, und alle Gegenstände, welche mit demselben verunreinigt
werden, können die Ansteckung vermitteln. Dieselbe erfolgt sehr
oft durch mit AusschlagSprodukten verunreinigten Maulschleim
und die Feuchtigkeiten der Klauen.
Die Krankheit entsteht 2 bis 8 Tage nach der Ansteckung.
Die Thiere fiebern im Anfang. Die Futteraufnahme ist im
Verhältniß der Entwicklung des Ausschlages im Maule er-
schwert. Den Thiers spinnt zahKr.Spttchel jmtbm Waule.
Die Zunge wird manchmal in großen Partien von der Ober-
haut entblößt. Die Ausnahme von Rauhfutter ist fast un-
möglich.
Je nach dem Grade deS Ausschlages an den Füßen sind
diese entzündet. Das Stehen wird erschwert, die Thiede hinken.
Die Ortsbewegung wird namentlich schweren Thieren zur Plage.
Auf der Weide leidet das Vieh am meisten, weil es sich
dort der kranken Lippen und Zunge zum Erfassen und Abreißen
des Rauhfutters bedienen muß, und der Gebrauch der Füße
ebenfalls unvermeidlich ist für die Aneignung der Nahrung.
Der Euterausschlag erschwert daS Melken, und Verunrei-
nigung der Milch mit dem AusschlagSprodukt kann dieselbe an-
steckungsfähig machen, wenn sie vor dem Genuß nicht gekocht
wird.
Feuilleton.
Meister Martin, der Küfner, und seine Gesellen.
Novelle von E. T. A. Ho ff mann.
(Fortsetzung.)
So geschah es, daß Friedrich, dessen todtbleiches Gesicht das
Vorgeben wie er von einer zehrenden Krankheit befallen, glaub
lich machte, beinahe gar nicht in der Werkstatt arbeitete, und
Monate vergingen, ohne daß er sein Meisterstück, das große
zweisudrige Faß, nur im mindesten förderte. Meister Martin
setzte ihm hart zu, daß er doch wenigstens soviel, als seine Kräfte
erlauben wollten, arbeiten möge, und Friedrich war freilich ge-
zwungen an den verhaßten Haublock zn gehen und das Lenkbeil
zur Hand zu nehmen. Indem er arbeitete trat Meister Martin
hinzu, und betrachtete die bearbeiteten Stäbe, da wurde er ganz
roth im Gesicht und rief: „Was ist das? — Friedrich, welche
Arbeit! hat die Stäbe ein Geselle gelenkt, der Meister werden
will, oder ein einfältiger Lehrbursche, der vor drei Tagen in die
Werkstatt hineingekrochen? Friedrich, besinne Dich, welch' ein
Teufel ist in Dich gefahren uno hudelt Dich? — mein schönes
Eichenholz, das Meisterstück! ei Du ungeschickter, unbesonnener
Bursche!" Ueberwältigt von allen Oualen der Hölle, die in ihm
brannten, konnte Friedrich nicht länger an sich halten, er warf
das Lenkbeil weit von sich und rief: „Meister! es ist nun alles
aus — nein, und wenn es mir das Leben kostet, wenn ich ver-
gehen soll in namenlosem Elend — ich kann nicht mehr — nicht
mehr arbeiten im schnöden Handwerk, da es mich hinzieht zu
meiner herrlichen Kunst, mit unwiderstehlicher Gewalt. Ach, ich
liebe Eure Rosa unaussprechlich, wie aus Erden es sonst keiner
vermag — nur um ihretwillen habe ich ja hier die gehässige
Arbeit getrieben; ich habe sie nun verloren, ich weiß es, ich
werde bald dem Gram um sie erliegen, aber es ist nicht anders,
ich kehre zurück zu meiner herrlichen Kunst, zu meinem alten
würdigen Meister Johannes Holzschuer, den ich schändlich verlassen."
Meister Martins Augen funkelten, wie flammende Kerzen. Kaum
der Worte mächtig vor Wuty, stotterte er: „Was? auch du? —
Lug und Trug? — mich hintergangen — schnödes Handwerk?