berufene Congreß von Rechtsgelehrten und Publizisten, welcher
eine Codifizirung des Völkerrechts und die Gründung eines in-
ternationalen Schiedsgerichtes anstrebt, soll auf der Grundlage
des folgenden Entwurfs in Berathung treten: Art. 1. Jede ge-
trennte und unabhängige Regierung soll das Recht haben, eine
gleiche Anzahl von Vertretern an einen solchen Gerichtshof zu
schicken. Art. 2. Der Gerichtshof wird in Gemäßheit eines
Codex veS internationalen Rechtes alle Zwistigkeiten ausgleichen,
welche sich von Zeit zu Zeit zwischen den einzelnen, vertretenen
Regierungen ergeben. Art. 3. Die Jurisdiktion des Gerichts^
Hofes hat sich auf alle vertretenen Regierungen zu erstrecken,
seine Befugniß zur Einmischung soll sich jedoch auf die äußeren
Beziehungen einer jeden Regierung beschränken, nicht aber auch
die inneren Angelegenheiten einer Nation zum Gegenstande
nehmen. Art. 4. Wenn eine der vertretenen Regierungen sich
weigert, sich an die Entscheidung des Gerichtshofes zu binden
oder ihr in einem gegebenen Zeiträume Folge zu leisten, so soll
dieselbe für völkerrechtlich geächtet etklärt werden und die anderen
Regierungen sollen daraufhin den diplomatischen Verkehr mit
der betreffenden Nation abbrechen, bis der Entscheidung des
Gerichts Folge geleistet worden ist.
Frankreich. Aus Mangel an anderen politischen Neuig-
keiten steht gegenwärtig in allen Zeitungen die Frohsdorfer Zu-
sammenkunft des Grafen Chambord mit dem Grafen von Paris
obenan. So viel ist gewiß, daß eine Vereinigung der alten
Königsfamilien Orleans und Bourbon durch diese Zusammen-
fünft ihrer dermaligen Hauptrepräsentantcn stattgefunden hat,
Orleans (Graf von Paris) ist gegen Bourbon (Gras Cham-
bord) zurückgetreten und hat sich mit dem Thronfolgerecht be-
gnügt, das ihm wohl sicher bleibt, da Chambord kinderlos ist
und schwerlich mehr heiraten wird. Es fungiren somit nur noch
die Bourbons und Bonaparte's als Thronansprecher. Für die
Bonaparte's ist die Fusion der Orleans und Bourbon ein un-
günstiges Ereigm'ß. Würde Orleans mit konkurrirt haben, so
wäre gegenüber dem geseilten alten Königthum das 'Empire,
das Kaiserreich schließlich wieder obenaufgekommen. Jetzt, da
daß Königthum einig ist, hat der junge Napoleon viel un-
günstigere Chancen. Orleans hat den Klugen gespielt, ohne
Einigung wäre es so wie so nicht dran gekommen, daher be-
gnügt es sich mit dem Tröste, in der Zukunft, nach dem Ab-
leben ChambordS, falls dieser seine Kandidatur durchsetzt, an
die Spitze zu kommen. Unter solchen Umständen lebt und
schwebt gegenwärtig noch die junge französische Republik. Wie
lange wird es wohl noch dauern, bis ein großer monarchischer
Coup dem wetterwendischen unglücklichen Volke wieder einmal
Abwechslung bringt?
Der Napoleonstag, 15. August, verlief in Paris ruhig,
ohne jede bonapartistische Manifestation. In Chiselhurst da-
seine treue Anhänglichkeit an das Handwerk rühmte, gestaltete sich
auf furchtbare Weise immer deutlicher und deutlicher. Er wußte
es nun, daß er untergehen werde in Schmach bei einem Hand-
werk, das seinem von der Kunst ganz erfüllten Gemüth von
Grund aus widerstrebte. Neinhold, Rosa's Gemälde kam ihm
nicht aus dem Sinn. Aber seine Kunst erschien wieder in voller
Glorie. Ost wenn das zerrissene Gefühl seines erbärmlichen
Treibens ihn während der Arbeit übermannen wollte, rannte er,
Krankheit vorschützend, fort und hin nach St. Sebald. Da be-
trachtete er stundenlang Peter Fischer's wundervolles Monument,
und rief dann wie verzückt: „o Gott im Himmel, solch .ein We.rk
zu denken — auszuführen, gibt es denn auf Erden herrlicheres
noch?" Und wenn er nun zurückkehren mußte zu seinen Dauben
und Bändern, und daran dachte, daß nur so Nosa zu erwerben,
dann war eS, als griffen glühende Krallen hinein in sein bluten-
des Herz und er müsse trostlos vergehen in der ungeheuren Qual.
In den Träumen kam oft Neinhold, und brachte ihm seltsame
Zeichnungen zu künstlerischer Bildnerarbeit, in der Rosaus Gestalt
auf wunderbare Weise bald als Blume bald als Engel mit Flüge-
gegen wurde der Hauptgedenktag deS BonapartismuS durch eine
Parteiversammlung gefeiert. Der kaiserliche Prinz Napoleon
erklärte den bonapartistischen Notabilitäten beim Empfange, daß
er den Grundsätzen der nationalen Souveränetät getreu bleiben
werde. Die Devise seiner Dynastie sei: Alles für das Volk
und durch das Volk.
Italien. Der „Economista d'Jtalia" meldet, daß Italien
und Deutschland am 8. August zwei Erklärungen unterzeichnet
hätten, 1) für gegenseitige Zulassung der kommerziellen, finan-
ziellen und industriellen Gesellschaften beider Länder; 2) für
Abschaffung der Pässe zwischen beiden Staaten und gegenseitige
unentgeltliche Behandlung armer Kranker. Italien, Deutschland
und die Schweiz haben einen Vertrag unterzeichnet, wonach
der Transport auf dem Schweizergebiet von Individuen gere-
gelt wird, deren Auslieferung gemäß Vertrag zwischen Deutsch-
land und Italien gestattet ist. Ein fernerer Vertrag wurde
unterzeichnet zwischen Italien und Oesterreich hinsichtlich der
Telegraphentaxen.
Asien. Der „Morning Post" geht von ihrem Korrespon-
denten in Teheran vom 5. Juli ein interessantes Schreiben zu.
Die Perser schienen von den Einzelheiten des gastfreundlichen
Empfanges, der ihrem Schah in europäischen Hauptstädten ge-
worden, eben so unterrichtet wie erbaut zu sein. Doch sieht
sich dieser Empfang mit persischen Augen ganz anders an, als
mit europäischen. Die Engländer schmeicheln sich, daß ste dem
Schah möglich große Ehre angethan haben, oder auch schämen
sich darüber. Nach persischen Begriffen aber sind sie allein die
Geehrten. „Der Schahin-Schah hat der englischen Königin
Angesicht weiß gemacht" (hoffentlich doch nur vor Freude) „da-
durch, daß er ihr die Ehre seiner Anwesenheit bei einer Heer-
schau in Windsor anthat. Der Schahin-Schah hat mit großer
Herablassung den Prinzen von Wales dadurch geehrt, daß er
den shäm (das Abendmahl) in Marlboroughouse einnahm."
So melden persische Berichterstatter. Der englische Korxespon-
dent befürchtet, Nassr-ed-Din möchte dieses übertriebene Selbst-
gefühl theilen und sich am Schluß seiner Reise einbilden, er
sei der mächtige Monarch, vor dem ganz Europa anbetungs-
voll zu Kreuze gekrochen sei. Ganz so blind dürfte der Schah
am Ende doch nicht sein.
Verschiedenes.
Luftschifffahrt. In Amerika denkt man ernstlich an die Errich-
tung einer regelmäßigen Luftschifffahrt nach Europa. Die Luft-
schiffer Wise und Donaldson sollen in Folge ihrer Untersuchungen
die Ueberzeugung erlangt haben, daß in gewisser Höhe ein regel-
mäßiger Luftstrom von Westen nach Osten geht, der von der
Umdrehung der Erde herrübre. Diesen wollen sie zur Fahrt
nach Europa benutzen und hoffen, dieselbe in zwei Tagen zu
lein verflochten war. Aber es fehlte was daran und er schaute,
daß Reinhold in Rosas Gestaltung daö Herz vergessen, welches
er nun hinzeichnete. Dann war es, als rührten sich alle Blumen
und Blätter des Werks singend und süße Düfte aushauchend und
die edlen Metalle zeigten ihm in dunkelndem Spiegel Rosa's
Bildniß; als strecke er die Arme sehnsüchtig aus nach der Ge-
liebten, als verschwände das Bildniß wie im düstern Nebel,
und sie selbst, die holde Rosa, drückte ihn voll seligen Verlangens
an die liebende Brust. — Tödtender und tödtender wurde fem
Znstand bei der heillosen Böttcherarbeit, da suchte er Trost und
Hülfe bei seinem alten Meister Johannes "Holzschuer. Der er-
laubte, daß Friedrich in seiner Werkstatt ein Werklein beginnen
durfte, das er gedacht, und wozu er seit langer Zeit den Lohn
des Meister Martin erspart hatte, um das dazu nöthige Silber und
Gold anschaffen zu können.
(Fortsetzung folgt.)