Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

was ihnen auch gelang. Der ostgothische König Wittges trat 
nämlich Churrätien nebst anderen Besitzungen dießseitS der 
Alpen an die Franken ab (536). 
Bäduz, 19. Äug. Der Sommer nahet dem Herbste. Die 
tropischen Tage, wie sie dieser Sommer brachHMsind vorüber 
und Mancher wird wohl froh sein, aus deWBereiche der 
HundStage heraus zu kommen. Mancher wird auch denken: 
Schade, schade, daß dieser warme Sonnenschein nicht mehr 
Trauben zur Reise bringen konnte und wird wohl auch in 
wehmutsvoller Entsagung sich die wein- und mostleere Zukunft 
ausmalen. DaS Obst wird enorm hohe Preise erhalten. In 
der Schweiz wurde nach Zeitungsberichten Tafelobst der Zentner 
(wohlverstanden, nicht der Doppelzentner) mit 27 Franken be- 
zahlt und seien bereits schon Kaufverträge abgeschlossen wor- 
den, wonach der Zentner Mostobst, reifes und unreifes durch- 
einander, aus 12 Franken zu stehen komme. Die Mosttrinker 
werden daher dieses Jahr wohl besser und billiger Bier trin 
ken, als so kostspieliges Obst kaufen. Der Mangel an Ge- 
tränke wird dieses Jahr in vielen Gegenden zu einer großen 
Kalamität. Insbesondere ist dieser Uebelstand doppell zu be- 
dauern, als durch solche Verhältnisse der Konsum des sogen, 
künstlichen Branntweins (vulgo JuvenschnapseÜ) ein viel größerer 
und daher auch für den sittlichen Haushalt ein viel Gefahr 
drohender wird. Es wäre diesen Mißverhältnissen zum Theil 
Abhülfe zu leisten, wenn das in Deutschland sehr bekannte 
sogen. Weißbier von den benachbarten Brauereien gemacht würde, 
da auf diese Weise gerade der arbeitenden Bevölkerung ein ver- 
hältnißmäßig sehr billiges und doch gesundes Getränke geboten 
würde. Das gewöhnliche Bier ist für manchen Arbeiter im 
Allgemeinen zu theuer, ^ind da er bei anstrengender Beschäsli- 
gung doch etwas Gedanke hqhen muß, so ist'er sozusagen 
allein auf den importlrten Branntwein angewiesen, der im 
Ganzen genommen mehr schadet als nützt. Zum Glücke stehen 
übrigens die Fetdfrüchte sehr schön, und ist somit iür den 
Hutt^er genuMo voll unserm Herrgott gesorgt. Der Durst 
läßt sich im Nothfalle auch mit Wasser stillen, daS wir immer 
haben; für den Hunger muß aber Jahr für Jabr das Noih- 
wendige aus der Erde kommen, und wenn dieses fehlt, sind 
wir übler bestellt 
Politische Rundschau. 
Deutschland. Reichskanzler Bismark hat Varzin verlassen 
und tritt nun wieder an die Spitze der Geschäfte. In erster 
Linie gedenkt er sich hauptsächlich mit der Regelung des Ver- 
hältnisses zwischen Preußen und dem Reiche zu befassen. — 
Der deutsche Kronprinz hat eine BesuchSreise in Schweden 
Friedrich zu seinem Gram bemerkte, mit rothverweinten- Augen 
Sie hat um ihn geweint, sie liebt ihn doch wohl, so sprach es 
in seinem Innern und vermochte nicht den Blick auszuheben Zu der, 
die er so unaussprechlich liebte. 
Das große Faß war fertig geworden, und nun erst wurde 
Meister Martin, als er das wohlgelungene Stück Arbeit betrach- 
tete, wieder lustig und guter Dinge. „Ja, mein Sohn," sprach 
er, indem er Friedrich auf die Schulter klopfte, „ja, mein Sohn, 
es bleibt dabei, gelingt es Dir Rosas Gunst zu erwerben, nnd 
fertigst Du ein tüchtiges Meisterstück, so wirst Du mein Eidam 
Und zur edeln Zunft der Meistersänger kannst Du dann auch 
treten und Dir große Ehre gewinnen." 
Meister Martins Arbeit häufte sich nun über alle Maßen, so 
daß er zwei Gesellen annehmen mußte, tüchtige Arbeiter, aber 
rohe Bursche, ganz entartet auf langer Wanderschaft. Statt manches 
anmuthig lustigen Gesprächs hörte man jetzt in Meister Martins 
Werkstatt genieine Späße statt der lieblichsten Gesänge Reinholds 
und Friedrichs, häßliche Zottenlieder. Rosa vermied die Werk, 
statt, so daß Fnedrich sie nur selten und flüchtig sah. Wenn er 
und Norwegen gemacht und ist dort sehr freundlich empfangen 
worden. Wie schon der neue König Oskar die Borurtheile 
seines Vorgängers gegen Deutschland nicht theilt, so soll auch 
in der Anschauung der Bevölkerung ein Umschwung zu Gunsten 
deS stammverwandten deutschen Reiches eingetreten sein. 
Die „Kieler Ztg." behauptet, seit die Herzogtümer von 
Dänemark losgelöst und mit Preußen vereinigt worden, hatten 
sie in ihrem Fortschritt einen Zeitraum von 50 Jahren über 
sprungen. Die Wahlen werden das Emverständniß der Be- 
völkerung mit ihrer neuen Stellung beweisen^ 
„Arbeit ist das beste Mittel gegen politische Leidenschaft." 
Diesen Rath, den Thiers einmal den Südamerikanern ertheilte, 
scheint BiSmark in Elsaß-Lotbringen in Anwendung zu bringen. 
Eisenbahnen, Kanäle, Straßen werben gebaut, allerorten öf- 
fentliche Anstalten errichtet, Schulen und Industrie gehoben. 
— In Magdeburg ist die Trichinenkrankheit ausgebrochen. 
Soweit bis''jetzt bekannt, sind etwa 20—30 Personen in der 
alten Neustadt mehr oder weniger schwer betroffen Die Krank-- 
heit ist wie gewöhnlich durch den Genuß rohen Schweinefleisches, 
das von einem dort wohnenden Fleischer bezogen wurde, her- 
beigeführt worden. 
Oesterreich. Das Publikum hat von der Ausstellung in 
Wien schon manches zu lesen bekommen Neu ist aber vielleicht 
manchem noch, daß dieser Tage auS Aulaß der Weltausstellung 
ein Blindenkongreß stattgefunden hat Die Ausstellung ist doch 
gewiß etwas für das Auge; die Anwendung des. Tastsinnes 
ist sogar ausdrücklich untersagt, indem Niemand die Gegenstände 
berühren darf; für das Gebor sind auch höchstens die Jnstru- 
mente und Orgeln da, welche letzteren hinundwieder geschlagen 
oder, wenn dieser Ausdruck veraltet ist, gespielt werden. Gleich 
viel! Die Blinden sind nun einmal gekommen, aus der alten 
und neuen Welt, blinde Blindenlehrer, auS Oesterreich, Deutsch 
land, England, Belgien, Italien, Spanien, Schweden, Däne- 
mark, Rußland uyd Amerika. Auch der Präsident, Hr Frankl, 
litti nicht mpnt'ocr z" s-in nss kie Anderen, war blind. Er 
konnte es daher nicht machen, wie einmal ein neugebackener 
Hr. Landammann in einer kleinen europäischen Hauptstadt, 
welcher, als er gewählt worden war, seine Rede von einem zu 
Hause in den Hut gesteckten Papier ablas, sondern er mußte 
sie auswendig wissen. Er sagte in derselben, nicht Ludwig der 
Fromme von Frankreich habe die erste Blindenanstalt gegründet, 
sondern ein deutscher Fürst, der Herzog Wels VI,, selbst blind, 
sei es gewesen, der eine solche im Jahr 1t 78 in's Leben rief. 
— In Wien sind in der mit dem 2. August ablausenden 
Woche 93 Todesfälle an Cholera vorgekommen, eine Steigung 
gegen die Vorwoche um 20 Die Wiener Blätter verhehlen 
nicht, daß die Cholera an Ausdehnung gewonnen hat. 
Belgien. Der nach Brüssel für den Oktober d I. ein- 
dann in trüber Sehnsucht sie anschaute, wenn er seufzte: „ach, 
liebe Rosa, wenn ich doch nur wieder mit Euch reden könnte, 
wenn Ihr wieder so freundlich wäret, als zur Zeit, da Neinhold 
noch bei uns war," da schlug sie verschämt die Augen nieder und 
lispelte: „habt Ihr mir denn etwas zu sagen, lieber Friedrich!" 
— Starr, keines Wortes mächtig, stand Friedrich dann da uud 
der schöne Augenblick war schnell entfloh'n wie ein Blitz, der auf- 
leuchtet im Abendroth und verschwindet als man ihn kaum ge- 
wahrt. — . 
Meister Martin bestand nun darauf, daß Friedrich sein Meister- 
stück beginnen sollte. Er hatte selbst das schönste und reinste 
Eichenholz, ohne die mindesten Adern und Streifen, das schon 
über fünf Jahre im Holzvorrath gelegen, ausgesucht, und niemand 
sollte Friedrich bei der Arbeit zur Hand gehen, als der alte 
Valentin. War indessen dem armen Friedrich durch die Schuld 
der rohen Gesellen das Handwerk immer mehr verleidet worden, 
schnürte es ihm jetzt die Kehle zu, wenn er daran dachte, daß 
nun das Meisterstück auf immer über sein Leben entscheiden solle. 
Jene seltsame Angst, die in ihm aufstieg, als Meister Martin
	        

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