Liechtensteinische
Amtsblatt des FürstenttMms.
Vaduz, Freitag
Probe-Nummer.
den 24. Jänner 1873.
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Unter den jetzigen politischen und VerkehrsverhMnissen
ist es wahrhaftig ein Armuthszeugniß für die Bethätigung
des öffentlichen Lebens in einem konstitutionellen Lande,
wenn selbes nicht einmal ein Preßorgan befitzt. Die Aus-
nahmsstellung unseres kleinen Ländchens.in Bezug auf
geographische Größe und auf Geschichte entschuldigt zwar
Vieles, da natürlicher Weise ein so kleines Staatsleben
in manchen Beziehungen weniger leisten kann, als ein
größerer Staatsorganismus. Das entschuldigt jedoch un-
sere Ausnahmsstellung im Staatsleben nicht, daß wir auch
in Betreff der wichtigsten Bildungsmittel einer Nation
eine Ausnahmsrichtung einhalten. Die Presse gehört aber
sicherlich zu einem der wichtigsten Bedürfnisse unserer Bil
dungsverhältnisse. zDie Presse ist, richtig behandelt, einer-
seits ein überaus wichtiges politisches Erziehungsmittel des
Volkes und der öffentlichen Meinung, andererseits durch
die Zustimmung und Widersprüche, die sie weckt, für die
Regierung ein Fingerzeig der sich bildenden oder gebilde-
ten Ansichten und Stimmung. f
Die Schulen haben bei uns einen großen Aufschwung
erhalten; wir sind in dieser Beziehung manchen vorge-
schritten«! Staaten ebenbürtig, manchen sogar voraus; aber
das Mittel des Austausches der öffentlichen Meinung, die
Presse, die fehlt uns und die muß geschaffen werden, wenn
anders unser kleines Staatsleben nicht zu einem völligen
Maschinenleben heruntersinken soll. Es muß warmes Le
ben entstehen, und das kann nur dann geschehen, wenn
die Theilnahme- und das uneigennützige Interesse der Be
völkerung an öffentlichen Angelegenheiten durch das offene
Wort der Presse wachgerufen wird.
Unsere gegenwärtigen Verhältnisse geben uns den spre»
chendsten Beweis, wie nothwendig für uns ein öffentliches
Organ ist. Jeder kennt ja den Wirrwarr von Ansichten,
.der in Folge der neuesten Ereignisse bei einem großen
Theile unserer Bevölkerung Platz gegriffen hat. Und eS
war und ist nicht anders möglich, so lange nur die münd
liche Überlieferung anf privatem Wege die Quelle unserer
Erfahrungen war. Bis ein neues Staatsereigniß, insbe»
sonders wenn die Bevölkerung aufgeregt ist, einige Ge-
meinden passiert hat, ist das Bild des wahren Sachver-
Haltes meist ein unwahres geworden. Je nach der leiden-
schaftlichen Erregung flickt der eine hinzu, der andere thut
weg u. s. w. Daß durch einen sochen Wirrwarr von An-
sichten, insbesondere bei sehr wichtigen Tagesftagen, weit«
tragende üble Folgen für das innere Staatsleben entstehen
können, ist offenbar. Das Vertrauen muß schwinden und
ein Zusammengehen mit vereinter Kraft ist unter solchen
Umständen sehr erschwert, l Sehen wir endlich auf die
Feuilleton.
Spieler - Gl« «.
Eine Erzählung von E. T. A. Hoffmann.
Mehr als jemals war im Sommer 18 . . Pyrmont besucht.
Von Tage zu Tage mehrte sich der Zufluß vornehmer, reicher
Fremden und machte den Wetteifer der Speculanten jeder Art
rege. So kam es denn auch, daß die Unternehmer der Faro-
bank dafür sorgten, ihr gleißendes Gold in größern Massen auf-
Zuhausen als sonst, damit die Lockspeise sich bewähre auch bei
dem edelsten Wilde, das sie, gute, geübte Jäger, anzukörnen ge-
dachten.
Wer weiß es nicht, daß, zumal zur Badezeit, an den Bade-
örtern, wo jeder, aus seinem gewöhnlichen Verhältnisse getreten,
sich mit Bedacht hingibt freier Muße, sinnzerstreuendem Vergnügen,
der anziehende Zauber des Spiels unwiderstehlich wird. Man
sieht Personen, die sonst keine Karte anrühren, an der Bank als
die eifrigsten Spieler, und überdem will es auch, wenigstens in
der vornehmeren Welt, der gute Ton, daß man jeden Abend bei
der Bank sich einfinde und einiges Geld verspiele.
Von diesem unwiderstehlichen Zauber, von dieser Regel des
guten Tones schien allein ein junger deutscher Baron, wir wollen
ihn Siegfried nennen, keine Notiz zu nehmen. Eilte Alles an
den Spieltisch, wurde ihm jedes Mittel, jede Aussicht, sich geist-
reich zu unterhalten, wie er es liebte, abgeschnitten, so zog er es
vor, entweder auf einsamen Spaziergängen sich dem Spiel seiner
Phantasie zu überlassen, oder auf dem Zimmer dieses oder jenes
Buch zur Hand zu nehmen, ja wohl sich selbst im Dichten —
Schriftstellern zu versuchen.
Siegfried war jung, unabhängig, reich, von edler Gestalt,
anmuthigem Wesen, und so konnte es nicht fehlen, daß man ihn
hochschätzte, liebte, daß sein Glück bei den Weibern entschieden
war. Aber auch in Allem, was er nur beginnen, unternehmen
mochte, schien ein besonderer Glücksstern über ihm zu walten.
Man sprach von allerlei abenteuerlichen Liebeshändeln, die sich
ihm aufgedrungen, und die, so verderblich sie allem Anschein nach
jedem Andern gewesen. sein würde«, sich auf eine unglaubliche
Weise leicht und glücklich auflösten. Vorzüglich pflegten aber
die alten Herren aus des Barons Bekanntschaft — wurde von
von ihm, von seinem Glück gesprochen, einer Geschichte« von