Volltext: Liechtenstein - 10 Jahre im EWR

kon flikte zu einem schonenden Ausgleich zu bringen. Eine solche ob - jek tiv-rechtliche Abwägungspflicht, man könnte auch von einem Opti - mie rungsgebot oder von der Herstellung «praktischer Konkordanz» sprechen, ist im nationalen Verfassungsrecht etwas völlig Normales und die notwendige rechtliche Reaktion auf die Kollision verfassungs recht - lich geschützter Rechtsgüter.49Diese Grundsätze lassen sich auf das ge - mein schaftliche Verfassungsrecht ohne weiteres übertragen, auch wenn dieses nicht in einer förmlichen Verfassungsurkunde kodifiziert ist. Die Kriterien, nach denen dieser Ausgleich zwischen Vertiefung und Erweiterung zu erfolgen hat, bilden die geschriebenen Beitritts vor - aus setzungen gemäss Art. 49 Abs. 1 EU und die vom Europäischen Rat im Juni 1993 beschlossenen Kopenhagener Kriterien50, welche letztlich die Wahrung der Homogenität der Mitgliedsstaaten im funktional föde - ra tiven System der Gemeinschaft und damit die Vertiefung gewähr leis - ten sollen.51Es besteht für die Union und die Mitgliedstaaten eine objek - tive, wenn auch gerichtlich kaum überprüfbare52Pflicht, jedem euro - päischen Staat die Mitgliedschaft einzuräumen, wenn dies ohne Gefähr - dung des Ziels der Vertiefung der Union erfolgen kann. Angesichts des Umfangs und der Komplexität der hierbei vorzunehmenden Feststel lun - gen, Prüfungen und Bewertungen ist das Ergebnis der Abwägungen und der Auflösung der Kollision rechtlich nicht determinierbar. Jedoch darf euro päischen Nichtmitgliedstaaten nicht von vornherein jegliche Bei - tritts perspektive versagt werden,53ebenso wenig wie die Gemeinschaft 174Thomas 
Bruha / Katrin Alsen Europa braucht verschiedene Geschwindigkeiten, EA 1994, S. 527 (531); eine Prio ri - tätsentscheidung zugunsten der Erweiterung fordert auch Georg Brunner, Die Euro - päische Union zwischen Vertiefung und Erweiterung, in: Jürgen F. Baur/Christian Watrin (Hrsg.), Recht und Wirtschaft der Europäischen Union, 1998, S. 179 (179 f.). 49M.w.N. Christian Calliess, Politische Ziele und Prinzipien im Verfassungsrecht der Europäischen Union, Göttinger Online-Beiträge zum Europarecht Nr. 7, 26. April 2004, S. 11–13, 15, 27–31; Karl-Peter Sommermann, Staatsziele und Staats zielbe - stim mungen, 1997, S. 411 ff. 50Europäischer Rat von Kopenhagen vom 21./22. Juni 1993, Schlussfolgerungen des Vorsitzes, SN 180/1/93, Text in: Bull. EG 6-1993, S. 13; dazu ausführlich und m.w.N. z.B. Thomas Bruha/ Oliver Vogt, Rechtliche Grundfragen der EU-Erwei - te rung, VRÜ 30 (1997), S. 477 (484 ff.); Zeh (FN 45), S. 21 ff. 51Dorau (FN. 46), S. 749 f.; Christoph Vedder, in: Grabitz/Hilf (FN 45), Art. 49 EU Rn. 3 f.; Zeh (FN 45), S. 19 f., 47; dies. (FN 46), S. 83. 52Ausführlich zur Frage der Justiziabilität der Erweiterungsvoraussetzungen Bruha/ Vogt (FN 50), S. 490–492; Zeh (FN 45), S. 42 ff., 77 ff.; dies. (FN 46), S. 87 f., 92 f. 53Iris Kempe/Wim van Meurs, Prospects and Risks of EU Enlargement, CAP-work - ing paper, November 2002, S. 4; Zeh (FN 45), S. 47, 74.
	        

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