Volltext: Liechtenstein - 10 Jahre im EWR

nann ten Grundrechte «auf einen innerstaatlichen Unterverfassungs - rang» herabgestuft werden, weil die (formelle) Verfassung «inskünftig der neue Massstab ist, an dem die völkerrechtlichen Grundrechte gemes - sen werden».68Der Verfassungsgeber hat dabei offensichtlich das in Öster reich vorherr schen de (andere) formelle Verfassungsverständnis zum Vorbild genom men, das im Verfassungsrecht lediglich eine spezi fi - sche Rechtssatzform erblickt, die immer dann erforderlich ist, wenn eine gewünschte Rege lung mit bereits bestehendem Verfassungsrecht nicht vereinbar ist. Dem nach wäre eine EWR-Norm, die mit bestehendem Ver fassungsrecht nicht im Einklang steht, im Rang eines Verfassungsge - set zes vorzu neh men.69Da nach dem geänderten Art. 104 Abs. 2 LV auch Staatsverträge auf ihre Verfassungsmässigkeit überprüft werden können, hat nach den Wor ten des Staatsgerichtshofes «der Verfassungsgeber den Staatsverträ gen zwangsläufig nur Unterverfassungsrang eingeräumt».70 Es fragt sich allerdings, ob Staatsverträge, wenn sie als «materielles Ver fassungs recht» qualifiziert werden und bisweilen verfassungs än dern - den Charakter haben oder der (formellen) Verfassung vorgehen, in der Stufenordnung unterhalb des formellen Verfassungsrechts anzusiedeln sind. Sie müssten unter diesen Umständen in der Normenhierarchie zu- mindest auf gleicher Stufe stehen wie formelles Verfassungsrecht,71denn die liechtensteinische Verfassung ist der österreichischen These der Geschlossenheit des Rechtsquellensystems nicht gefolgt, wie dies in der Praxis des Staatsgerichtshofes zum Vorschein kommt.72Das rechtsposi - ti visti sche österreichische Verfassungsmodell lässt sich auf die liechten - 124Herbert 
Wille zur Abänderung der Verfassung des Fürstentums Liechtenstein gemäss der am 2. August 2002 bei der Regierung angemeldeten «Volksinitiative» des Landesfürsten und Erbprinzen mit den Regeln und Standards des Europarates und der EMRK, S. 21. 68Stefan Becker, Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Mass - gabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein (FN 4), S. 642 unter Hinweis auf Batliner/Kley/Wille, Memorandum (FN 67), S. 21. 69So Günther Winkler, Die Prüfung von Staatsverträgen durch den Staatsgerichtshof II (FN 42), S. 171, 172 und 178; zur Problematik siehe Andreas Kley, Kommentar, in: Jus&News 3/1999, S. 256 ff. 70StGH 2004/45, Urteil vom 29. November 2004, nicht veröffentlicht, S. 11. Siehe aber zur verfassungsrechtlichen Konsequenz bzw. rangmässigen Einstufung von ver fassungsändernden Staatsverträgen vorne S. 121 f. 71Vgl. für die Schweiz Kurt Eichenberger, Verfassung des Kantons Aargau, Text aus - gabe mit Kommentar (FN 63), S. 15 ff. Rz. 34 ff. (47). 72Vgl. dazu Andreas Kley, Kommentar (FN 69), S. 256 ff.
	        

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