Volltext: Liechtenstein - 10 Jahre im EWR

fas sungsrechts gegenüber dem EWRA abgeleitet werden» könne.54Der Staatsgerichtshof spricht bisweilen auch vom EWR-Recht als einem «übergeordneten Recht» bzw. von der «Supre matie des EWR-Rechts über das inländische Gesetzesrecht».55 Ist das EWR-Recht verfassungsgerichtlicher Prüfungsmassstab, so befindet es sich auf einer höheren Rangstufe als ein innerstaatliches Gesetz und unter Umständen auch als das (formelle) Verfassungsrecht, dem das EWR-Recht vorgehen kann.56 Die Frage, ob das EWR-Abkommen mit seiner Vorrangregel mög- licherweise zu einer Systemänderung im Bereich der Normen hierar chie geführt hat, kann offen bleiben, da sie sich in der Praxis nicht stellt. Eine Verfassungswidrigkeit eines völkerrechtlichen Vertrages wird kaum vor- kommen, da «Staatsverträge in der Regel innerhalb der Rahmenbe din - gungen der Verfassung» abgeschlossen werden, so dass «materielle Ein - griffe in den Wesenskern der Verfassung (Österreich) oder in den Ver - fassungskern (Deutschland)» praktisch nicht auftreten.57Dies trifft je- denfalls auf den Zollvertrag mit der Schweiz wie auch auf die Euro - päische Menschenrechtskonvention und das EWR-Abkommen zu. Der 121 
Das EWR-Abkommen und das Verfassungs- und Verwaltungsrecht 54VBI 1997/17, Entscheidung vom 17. September 1997, LES 4/1998, S. 207 (210); auch abgedruckt, in: AVR Bd. 36 (1998), S. 213 ff. 55StGH 1998/9, Urteil vom 3. September 1998, LES 3/1999, S. 178 (183) unter Hinweis auf StGH 1996/34, Urteil vom 24. April 1997, LES 2/1998, S. 74 und StGH 2003/16, Urteil vom 3. Mai 2004, nicht veröffentlicht, S. 8; vgl. auch Thomas Bruha/ Markus Büchel, Staats- und völkerrechtliche Grundfragen einer EWR-Mit glied - schaft Liechtensteins (FN 23), S. 5. 56Dies trifft jedenfalls auf den Zollvertrag zu. Er erklärt in Art. 27 ff. (28) das schwei - ze rische Bundesgericht zur Letztinstanz bei Widerhandlungen gegen die in Liech - ten stein anwendbare schweizerische Bundesgesetzgebung. Sie stellt eine Abwei - chung der von der (formellen) Verfassung in Art. 95 ff. festgelegten Gerichtzu stän - dig keit dar. Im Übrigen ist auch nicht einzusehen, aus welchem Grund ein ver fas - sungsändernder Staatsvertrag nicht mit der (formellen) Verfassung zumindest auf gleicher Stufe stehen sollte. Nach Günther Winkler, Die Prüfung von Staats ver trä - gen durch den Staatsgerichtshof I (FN 48), S. 162 stehen «verbindlich gewordene Staatsverträge, die materiell Verfassungsrecht betreffen», wie der Zollvertrag mit der Schweiz, die Europäische Menschenrechtskonvention und das EWR-Abkommen, «mate riell über den Gesetzen, formell und inhaltlich aber unter der Landesverfas - sung». Sie dürfen nicht im Widerspruch zur Verfassung stehen, «mag ihnen der Land tag auch zugestimmt haben». Zum Rangverhältnis zwischen EWR- und dem Lan desrecht siehe Stefan Becker, Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Lan des - recht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechten - stein (FN 4), S. 290 f. Er fasst hier die Lehrmeinungen zusammen. 57Vgl. Günther Winkler, Die Prüfung von Staatsverträgen durch den Staatsgerichtshof II (FN 42), S. 172. Er verneint dies für den Zollvertrag.
	        

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